Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
kaufen. Einen Moment lang stelle ich mir vor, auch so jemand zu sein, jemand, der keine anderen Sorgen hat als frische Blumen, aber der Gedanke ist einfach zu absurd. Ob Samantha jemanden losschicken wird, um frische Blumen zu besorgen, wenn sie mit Charlie verheiratet ist? Ich nehme an, dass er genau der Typ von Mann ist, der so etwas erwartet. Plötzlich finde ich diese Vorstellung so deprimierend, dass ich versucht bin, mein Vorhaben wieder fallen zu lassen.
Aber Samantha kommt morgen aus L.A. zurück und würde sich bestimmt freuen, mit einem Blumenstrauß empfangen zu werden. Gibt es überhaupt jemanden, der sich nicht freuen
würde? Die Frage ist nur, was für Blumen ich kaufen soll? Rosen vielleicht? Nein, das erscheint mir irgendwie unpassend. Ich gehe in den kleinsten Laden, wo mein Blick sofort auf eine Vase mit wunderschönen Lilien fällt, die allerdings fünf Dollar das Stück kosten sollen. »Wie viel möchten Sie denn ausgeben?«, fragt die junge Floristin.
»Zwei Dollar? Vielleicht drei?«
»Dafür bekommen sie hier höchstens Schleierkraut. Versuchen Sie es doch mal in dem kleinen Supermarkt die Straße runter.«
Dort finde ich einen fertig gebundenen Strauß in künstlichen Rosa-, Lila- und Grüntönen. Schön ist anders.
Da Samantha keine Vase besitzt, stelle ich die Blumen in einem hohen Cocktailglas auf den Nachttisch im Schlafzimmer. Jetzt sieht der Raum schon ein bisschen fröhlicher aus, aber ich schafe es einfach nicht, das Grauen abzuschütteln, das mich schon den ganzen Tag verfolgt. Ich muss die ganze Zeit an L’il denken und daran, dass Viktor Greene ihr Leben zerstört hat.
Während ich so vor mich hingrüble, fällt mein Blick auf das ungemachte Bett. Obwohl darin in letzter Zeit außer dem lustvollen Verzehr von Käsecrackern nicht viel passiert ist, wäre es vielleicht gut, wenn ich die Bettwäsche waschen würde. Wenn es mir nur nicht so davor grausen würde, in den Waschsalon zu gehen. Man hört immer wieder, dass zwischen den Waschmaschinen und Trocknern alle möglichen Verbrechen begangen werden. Dass Kleidungsstücke gestohlen werden, ist dabei noch das Harmloseste, manchmal kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen um die Waschmaschinen und sogar zu Raubüberfällen. Trotzdem ziehe ich pflichtbewusst das Bett ab und
stopfe die schwarzen Laken in einen Kissenbezug, den ich mir über die Schulter schwinge.
In dem grell beleuchteten Waschsalon ist kaum etwas los. Ich ziehe ein Tütchen Waschmittel aus dem Automaten und reiße es auf, was so staubt, dass ich niesen muss. Anschließend stopfe ich die Laken in eine der Maschinen und setze mich darauf, um mein Revier abzustecken.
Warum sind Waschsalons bloß immer so deprimierend?
Liegt es nur daran, dass man vor Fremden buchstäblich seine Schmutzwäsche ausbreitet, wenn man sie hastig in die Maschine steckt und genauso schnell wieder herausholt, in der Hofnung, dass niemand die zerschlissene Unterwäsche bemerkt? Oder empfindet man es als Zeichen der persönlichen Niederlage, weil man es nie so weit gebracht hat, in eine Apartmentanlage mit eigenem Waschkeller zu ziehen?
Vielleicht hatte Wendy doch recht mit dem, was sie über New York gesagt hat. Ganz gleich, wer man glaubt, sein zu können, sobald man dazu gezwungen wird, innezuhalten und sich bewusst zu machen, wo man tatsächlich steht, kann das ziemlich niederschmetternd sein.
Manchmal kann man die Augen einfach nicht vor der Wahrheit verschließen.
Als ich zwei Stunden später die saubere Wäsche die Treppe hochschleppe, sitzt Miranda im Hausflur und schluchzt in eine Ausgabe der New York Post.
Oh nein. Nicht die Nächste. Liegt vielleicht gerade ein kosmisches Tiefdruckgebiet über New York? Ich lasse mein Wäschebündel sinken. »Marty?«
Miranda nickt und späht bekümmert hinter der Zeitung hervor. Neben ihr auf dem Boden steht eine braune Papiertüte, aus
der eine geöfnete Flasche Wodka ragt. »Ich konnte einfach nicht anders«, erklärt sie, als sie meinen Blick bemerkt.
»Bei mir musst du dich nicht entschuldigen«, sage ich und schließe die Tür auf. »Scheißkerl.«
»Ich wusste nicht, wo ich sonst hinsoll.« Sie steht auf und macht tapfer einen Schritt auf mich zu, als ihr erneut die Tränen kommen. »Oh Gott. Es tut so weh, Carrie«, schluchzt sie. »Warum tut es nur so weh?«
»Ich verstehe das nicht. Ich dachte zwischen euch wäre alles super«, sage ich kopfschüttelnd und zünde mir eine Zigarette an, bereit, ihr meine ganze Sachkompetenz
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