Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
stattdessen nicht gleich Lebensmittel hin?«
Capote wirft mir einen vernichtenden Blick zu und zerrt so genervt an den Enden seiner Fliege, dass ich mir schon fast Sorgen mache, er könne sich damit strangulieren. »Was willst du eigentlich hier?«, knurrt er.
Ich lehne mich ins Polster zurück. »Weißt du, wo L’ils Eltern wohnen?«
»Warum?«
Ich verdrehe seufzend die Augen. »Weil ich es wissen muss, um mit ihr Kontakt aufzunehmen. Sie ist nämlich nicht mehr in New York, falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest. «
»Stell dir vor: Ich habe es mitbekommen. Und wenn du dir die Mühe gemacht hättest, heute im Unterricht zu erscheinen, wüsstest du auch, warum sie weg ist.«
Ich setze mich beunruhigt auf. »Was ist denn passiert?«
»Genau weiß ich es auch nicht, aber Viktor hat gesagt, dass sie sich entschlossen hat, den Kurs abzubrechen.«
»Findest du das nicht irgendwie seltsam?«
»Wieso?«
»Weil L’il unbedingt Schriftstellerin werden will. Sie hätte den Kurs doch niemals freiwillig aufgegeben.«
Capote zuckt mit den Achseln. »Vielleicht haben sie irgendwelche familiären Probleme.«
»Interessiert es dich denn gar nicht, was los ist?«
»Hör zu, Carrie«, braust er auf. »Im Moment interessiert mich nur, dass ich nicht zu spät kommen will. Ich muss Rainbow noch abholen und …«
»Sag mir einfach, aus welcher Stadt L’il kommt, und schon bist du mich wieder los«, unterbreche ich ihn.
»Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube, es war Montgomery … oder Macon?«
»Ich dachte, ihr würdet euch kennen«, sage ich vorwurfsvoll, obwohl ich den Verdacht habe, dass mein Unmut in Wirklichkeit etwas damit zu tun haben könnte, dass er sich mit Rainbow trifft. Anscheinend läuft doch etwas zwischen den beiden. Eigentlich sollte es mir egal sein, aber aus irgendeinem Grund ärgert es mich.
Ich stehe auf. »Dann viel Spaß auf eurer Gala«, verabschiede ich mich mit einem kühlen Lächeln.
Plötzlich hasse ich New York. Halt, nein — New York hasse ich nicht. Wie könnte ich? Ich hasse nur ein paar Leute, die hier wohnen.
Unter dem Namen Waters finde ich drei Anschlüsse in Montgomery County und zwei in Macon. Ich fange mit Macon an und bekomme gleich beim ersten Versuch eine Tante von L’il an den Apparat, die so reizend ist, mir ihre Nummer zu geben.
L’il wirkt nicht gerade erfreut, als sie meine Stimme hört, genau genommen klingt sie sogar regelrecht bestürzt, wobei ihre mangelnde Begeisterung möglicherweise auf ihr schlechtes Gewissen zurückzuführen ist, weil sie einfach so sang- und klanglos die Stadt verlassen hat. »Ich wollte dich heute besuchen«, falle ich gleich mit der Tür ins Haus. »Aber das Mädchen, das jetzt in meinem Zimmer wohnt, hat mir gesagt, du wärst wieder zu deinen Eltern gezogen.«
»Ich musste weg.«
»Warum? Wegen Peggy? Du hättest doch bei mir unterkommen können.«
Keine Antwort.
»Du bist doch nicht etwa krank?«, frage ich erschrocken.
Sie seufzt. »Nicht im herkömmlichen Sinne, nein.«
»Sondern?«
»Ich will nicht darüber sprechen«, flüstert sie.
»Aber L’il«, lasse ich nicht locker, »was ist mit dem Kurs? Du kannst das alles doch nicht einfach so aufgeben und aus New York verschwinden.«
Am anderen Ende der Leitung herrscht Schweigen. »New York ist nichts für mich«, antwortet sie schließlich gepresst. Ich höre unterdrücktes Schluchzen, als hätte sie die Hand über die Muschel gelegt. »Tut mir leid, Carrie, aber gerade ist es ganz schlecht. Ich bin gleich verabredet.«
Und plötzlich zähle ich eins und eins zusammen. Warum ist es mir nicht schon viel früher aufgefallen? Dabei ist es doch eigentlich so ofensichtlich gewesen. Ich hätte nur einfach nie gedacht, dass sich irgendjemand zu ihm hingezogen fühlen könnte.
Mir ist schlecht. »Ist es wegen Viktor?«
»Nein!«, heult sie.
»Doch, es ist wegen Viktor. Warum hast du mir denn nichts gesagt? Was ist passiert? Hattet ihr was miteinander?«
»Er hat mir das Herz gebrochen.«
Ich bin fassungslos. Und kann immer noch nicht glauben, dass L’il tatsächlich eine Afäre mit Viktor Greene — und Waldo — gehabt haben soll. Wie kann eine Frau einen Mann mit einem derart lächerlichen Schnauzbart überhaupt küssen? Geschweige denn, sich das Herz von ihm brechen lassen?
»Oh, L’il. Das ist schrecklich«, sage ich mitfühlend. »Aber du darfst dich jetzt auf keinen Fall von ihm aus dem Kurs ekeln lassen. Es gibt viele Studentinnen, die eine Afäre
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