Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
frei?«
Vielleicht ist Peggy doch keine so schlechte Schauspielerin, sie lässt sich nämlich nicht anmerken, dass irgendetwas nicht in Ordnung sein könnte. »Ich muss gleich noch mal rein, um mir die Haare zu föhnen.«
»Kein Problem. Ich brauche nicht lang.« Für einen Moment kämpfen wir ein stummes Blickduell aus. Wird sie die Sache mit der verrammelten Tür zuerst ansprechen oder wartet sie darauf, dass ich es tue? Schließlich lächelt Peggy verknifen und verschwindet in ihrem Zimmer.
Aha. Sie hat sich also entschieden, den Vorfall gar nicht zu erwähnen.
Aber das muss sie auch nicht. Sie hat ihren Standpunkt mehr als deutlich gemacht und ich werde bestimmt nicht von mir aus davon anfangen.
Als ich aus dem Bad komme, wartet Peggy schon mit ihrem Föhn in der Hand vor der Tür. »Verzeihung«, murmle ich, als ich mich an ihr vorbeischiebe. Sie geht wortlos ins Bad und schließt die Tür.
Während das Tosen des Föhns die ganze Wohnung erfüllt, nutze ich die Gelegenheit, kurz zu L’il ins Zimmer zu schlüpfen, die wie ein zierliches Porzellanpüppchen im Bett liegt.
»Sie föhnt sich gerade die Haare«, berichte ich.
»Ist nicht zu überhören. Du solltest dich reinschleichen, sie mitsamt dem Föhn in die Badewanne schubsen und schnell die Dusche anstellen.«
Ich kichere, dann erstarre ich. Der Föhn ist verstummt. Ich springe auf, laufe in mein Zimmer, setze mich an den Schreibtisch und tue so, als würde ich arbeiten. Ein paar Minuten später steht Peggy hinter mir. Wirklich reizend, wie sie immer auf ihre Privatsphäre pocht, selbst aber ständig, ohne anzuklopfen, bei uns reinplatzt.
Sie nuckelt mal wieder an einer Dose Cola Light. Das Zeug scheint so eine Art Muttermilch für sie zu sein und sogar das Frühstück zu ersetzen.
»Ich habe heute Nachmittag ein Vorsprechen und muss meinen Text noch lernen.« Sie wirft einen missbilligenden Blick auf meine Schreibmaschine. »Hofentlich hast du nicht vor, die ganze Zeit auf dem Ding da herumzuklappern. Du solltest dir dringend eine elektrische Schreibmaschine zulegen.«
»Würde ich ja gern, aber im Moment übersteigt das meine finanziellen Möglichkeiten«, antworte ich.
»Tja, schade für dich, aber nicht mein Problem«, erwidert sie lächelnd und die Süße in ihrer Stimme ist genauso künstlich wie die in ihrer verdammten Cola Light.
»Wenn’s an empfindlichen Stellen wieder mal juckt und brennt«, hallt es dumpf aus Peggys Zimmer. Pause. »Wenn’s an empfindlichen Stellen wieder mal juckt und brennt. Nein, verflucht noch mal! Wenn’s an empfindlichen Stellen wieder mal juckt und brennt …« Es ist nicht zu überhören. Peggy hat ein Vorsprechen für einen Werbespot für Hämorrhoidensalbe.
»Also, wenn du mich fragst, ich finde, dass sie die perfekte Botschafterin für dieses Produkt ist«, kichert L’il, während sie sich in einem Handspiegel betrachtet und ihre Wangen mit Rouge betupft.
»Hast du was vor?«, zische ich erschrocken. Sie will mich doch hofentlich nicht mit Peggy und ihren juckenden, empfindlichen Stellen alleine lassen?
»Ich bin verabredet«, sagt sie geheimnisvoll.
»Mit wem?«, frage ich panisch. »Kann ich mit?«
L’il wirkt auf einmal verlegen. »Das geht leider nicht. Ich muss …«
»Was?«
»… mich mit jemandem trefen.«
»Aber mit wem?«
»Mit einer Freundin meiner Mutter. Sie ist sehr alt und liegt im Krankenhaus und darf eigentlich gar keinen Besuch bekommen. «
»Und warum darfst du sie dann besuchen?«
L’il errötet und verschanzt sich hinter dem Spiegel, als wolle sie sich gegen weitere Fragen abschirmen. »Ich gehöre praktisch zur Familie«, sagte sie und tuscht sich die Wimpern. »Was hast du denn heute vor?«
»Weiß ich noch nicht«, murmle ich niedergeschlagen. Plötzlich fällt mir ein, dass sie mich noch gar nicht nach gestern Abend gefragt hat. »Willst du überhaupt nicht wissen, wie mein Date mit Bernard gelaufen ist?«
»Oh, Süße, entschuldige. Doch, natürlich. Los, erzähl, wie war’s?«
»Aufregend, schön – und auch ein bisschen seltsam. Stell dir vor, er wohnt in einem komplett leer geräumten Apartment, weil seine Exfrau nach der Scheidung sämtliche Möbel mitgenommen hat. Aber wir waren nur kurz bei ihm, danach hat er mich nämlich ins La Grenouille zum Essen eingeladen.«
»Klingt toll«, ist alles, was L’il dazu sagt. Irgendwie ist sie mit den Gedanken heute ganz woanders. Steckt ihr vielleicht noch die unruhige Nacht in den Knochen?
Ich bin mir
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