Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
«
L’il hat recht. Außerdem verschafft mir das noch eine kleine Gnadenfrist, bevor ich mich an den Schreibtisch setzen muss. Während ich in meinem Zimmer hungrig das Mu-Shu direkt aus dem Karton in mich hineinschaufle, setzt L’il sich auf meine Liege und leistet mir Gesellschaft.
»Hast du eigentlich nie Angst?«, frage ich mit vollem Mund.
Sie sieht mich erstaunt an. »Wovor?«
»Dass du nicht gut genug sein könntest.«
»Du meinst, als Schriftstellerin?«, fragt L’il.
Ich nicke. »Was ist, wenn ich die Einzige bin, die an mich glaubt? Vielleicht mache ich mir bloß etwas vor …«
»Ach, Carrie.« L’il lächelt mitleidig. »Das Gefühl kennen alle Autoren, glaub mir. Selbstzweifel sind bei Schriftstellern praktisch eine Berufskrankheit. So, und jetzt versuch nicht so viel nachzudenken und fang einfach an. Ich lege mich solange in die Badewanne.«
Sie holt sich ein Handtuch aus ihrem Zimmer und verschwindet im Bad.
Eine halbe Stunde später spanne ich immerhin schon das zweite Blatt Papier in die Schreibmaschine. Es soll eine Kurzgeschichte mit dem Titel »Mein Zuhause« werden, aber jetzt schreibe ich von Hand »Mein neues Zuhause« darüber. Während ich die zweite Seite in Angrifnehme, schweifen meine Gedanken zu Samantha ab und ich male mir aus, wie sie sich in ihrem neuen Zuhause bei Charlie in einem eleganten Negligé auf einem riesigen Doppelbett räkelt und Pralinen nascht. Keine Ahnung, wie ich darauf komme. Aus irgendeinem Grund stelle ich mir vor, dass sie so ihre Wochenenden verbringt.
Ich verdränge den Gedanken und versuche mich wieder mit meinem Text zu befassen, als ich plötzlich mörderische Kopfschmerzen bekomme und mich nicht mehr konzentrieren kann.
»L’il?« Ich klopfe an die Badezimmertür. »Hast du Aspirin oder so was?«
»Nein, tut mir leid«, ruft sie.
»Mist«, murmle ich und will schon in mein Zimmer zurücktrotten, als mir die Idee kommt, im Badezimmerschrank nachzusehen. Vielleicht bewahrt Peggy dort ja ihre Medikamente auf. »Darf ich kurz reinkommen?«, frage ich.
L’il liegt mit geschlossenen Augen unter einem kleinen Schaumberg in der Badewanne. Eilig durchsuche ich das Schränkchen, kann aber keine Schmerztabletten finden. Auf dem Weg zurück in meine Kammer, fällt mein Blick auf Peggys geschlossene Zimmertür.
Kommt nicht infrage, ermahne ich mich.
Zwei Sekunden später drehe ich vorsichtig am Knauf der Tür.
»Was machst du denn da?« L’il springt erschrocken aus der Wanne und greift nach einem Badetuch. An ihren Schultern kleben kleine Schaumbläschen.
Ich lege den Zeigefinger an die Lippen. »Mit Kopfschmerzen kann ich nicht arbeiten und Peggy hat bestimmt irgendwo in ihrem Zimmer Aspirin versteckt.«
»Und was ist, wenn sie merkt, dass welche fehlen?«
»Peggy ist zwar der geizigste Mensch, den ich kenne, aber dass sie so verrückt ist, ihre Tabletten zu zählen, traue ich nicht mal ihr zu. Außerdem …« Ich ziehe die Tür auf und spähe in den Raum. »Bist du nicht auch total neugierig, wie es in ihrem Zimmer aussieht?«
Die Jalousien sind heruntergezogen, sodass meine Augen einen Moment brauchen, bis sie sich an das dämmerige Licht gewöhnt haben. Als es so weit ist, stoße ich einen erschrockenen Schrei aus.
Auf Peggys Bett sitzen Hunderte von Bären. Genauer gesagt Stoffbären – große Bären, kleine Bären, Bären mit Tennisschlägern, Bären mit Kochschürze, Bären mit rosa Fell und Bären mit flauschigen Ohrenwärmern. Einer ist sogar aus Wäscheklammern gebastelt.
»Das ist also ihr großes Geheimnis«, meint L’il enttäuscht. »Teddybären?«
»Ich fasse es nicht«, sage ich kopfschüttelnd. »Welche erwachsene Frau teilt ihr Bett mit einer Armada von Stofftieren? Das ist krank.«
»Vielleicht sammelt sie Teddys«, nimmt L’il sie in Schutz. »Es gibt viele Leute, die alles Mögliche sammeln.«
»Das sind dann aber keine normalen Leute.« Ich nehme den rosa Bären vom Bett und halte ihn L’il vors Gesicht. »Hallo«, piepse ich. »Ich heiße Peggy und würde dir gern die Regeln erklären, die in diesem Haushalt zu beachten sind. Aber vorher muss ich mich noch schnell an meinen empfindlichen Stellen kratzen …« Ich reibe mit der Pfote des Teddys über dessen puscheliges Hinterteil.
»Carrie, nicht!« L’il presst sich die Hand auf den Mund und in der nächsten Sekunde krümmen wir uns auch schon vor Lachen.
»Jetzt brauche ich wirklich dringend eine Schmerztablette«, japse ich, als wir uns wieder einigermaßen
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