Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
University antreten. Aber bei dem Gedanken, aus New York wegzugehen, schießen mir sofort die Tränen in die Augen. Habe ich wirklich so wenig Vertrauen in meine Fähigkeiten, dass ich mich von dem, was Viktor Greene gesagt hat, entmutigen lasse? Wenn ich doch nur mit irgendjemandem über all das reden könnte. Aber mit wem?
Plötzlich fällt mir das Mädchen ein, das meine Tasche gefunden hat. Ihr traue ich zu, mich und meine Situation verstehen zu können. Sie hasst das Leben genau so sehr wie ich es im Moment hasse.
Wie war noch mal gleich ihr Name? Ach ja, Miranda. Miranda Hobbes.
»H-o-b-b-e-s«, höre ich das Echo ihrer Stimme in meinem Kopf.
Ich rutsche vom Bett, suche das Telefon und wähle die Nummer der Auskunft.
9
»Glaub mir, früher oder später enttäuscht dich jeder Mann. Da können die Leute sagen, was sie wollen.« Miranda hat die aktuelle Ausgabe der Cosmopolitan aus dem Zeitschriftenregal gezogen und betrachtet kopfschüttelnd das Titelblatt . »Wie man Ihn verführt und für immer an sich bindet«, liest sie angewidert vor.
Sie legt die Zeitschrift wieder ins Regal zurück. »Selbst wenn du es schafst, Ihn – warum muss das eigentlich immer mit Großbuchstaben geschrieben werden, so als wäre Er Gott? –, zu verführen und an dich zu binden, garantiere ich dir, dass er sich innerhalb kürzester Zeit als solches Arschloch entpuppen wird, dass du drei Kreuze machst, wenn du ihn wieder los bist.«
»Was ist mit Paul Newman?« Ich zähle vier Dollar ab und reiche sie der Kassiererin. »Der ist bestimmt kein Arschloch. Sonst wäre Joanne Woodward nicht schon so lange mit ihm verheiratet. «
»Erstens weiß niemand, was sich wirklich zwischen zwei Menschen abspielt, und zweitens ist er Schauspieler, das heißt, dass er schon per se an einer narzisstischen Störung leidet.« Sie betrachtet zweifelnd die eingeschweißten Hähnchenkeulen, die ich gekauft habe. »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?«
Ich packe die Hähnchenkeulen, den Reis und die Tomaten in eine Tüte und tue so, als würde ich ihre Befürchtungen nicht im Mindesten teilen, obwohl ich mir in Wirklichkeit selbst nicht so ganz sicher bin, was das Hähnchen angeht. Abgesehen davon, dass dieser Supermarkt eher ein Minimarkt ist, macht er nicht
gerade den saubersten Eindruck. Vielleicht ist das der Grund, warum in New York niemand selbst kocht.
»Aber ist im Prinzip nicht jeder narzisstisch veranlagt – Männer genauso wie Frauen?«, frage ich. »Ich glaube, es liegt in der Natur des Menschen, immer zuerst an sich selbst und seinen eigenen Vorteil zu denken.«
»Und das? Liegt das auch in unserer Natur?«, fragt Miranda, die immer noch vor dem Zeitschriftenregal steht. »Von der Orangen- zur Pfirsichhaut in nur dreißig Tagen!«, liest sie spöttisch vor. »Lippen, die Mann küssen will, oder hier: Was Männer wirklich denken. Ich kann dir sagen, was sie denken«, schnaubt sie. »Nichts.«
Ich lache, weil sie vermutlich recht hat, aber auch, weil ich mich freue, eine neue Freundin gefunden zu haben und den Abend nicht allein verbringen zu müssen.
Es ist mein zweites Wochenende in New York, und was mir vorher niemand gesagt hat: Kaum ist es Freitagabend, leert sich die Stadt schlagartig. Jeder, der die Möglichkeit hat, übers Wochenende ein paar Tage auf dem Land zu verbringen, macht auch Gebrauch davon. Samantha ist mit Charlie in die Hamptons gefahren, wo seine Familie ein Ferienhaus besitzt, und selbst L’il gönnt sich eine kleine Auszeit und ist zum Wandern in den Adirondack Mountains. Ich tröstete mich damit, dass die Woche schon aufregend und anstrengend genug war und ich endlich Zeit haben würde, meine Geschichte weiterzuschreiben.
Anfangs klappte es sogar ganz gut, bis ich nach ein paar Stunden plötzlich anfing, mich einsam zu fühlen. Vielleicht schlägt die Einsamkeit in New York noch ein bisschen heftiger zu als anderswo, weil man irgendwann unweigerlich darüber nachzudenken beginnt, dass draußen vor der Haustür Millionen von
Menschen gerade mit Freunden shoppen gehen, in Restaurants sitzen, durch Museen schlendern oder sich im Kino einen Film ansehen. Es ist ziemlich deprimierend, nicht zu ihnen zu gehören.
Ich versuchte Maggie anzurufen, die den Sommer in South Carolina verbringt, bekam aber nur ihre Schwester ans Telefon, die mir sagte, sie sei gerade am Strand. Walt erreichte ich auch nicht. Er war nach Provincetown gefahren. In meiner Verzweiflung rief ich sogar bei meinem Vater an, aber der
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