SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
war nie um einen Spruch verlegen.
Die nächste Kreuzung kam in Sicht, dieses Mal ging es nach links weiter. Nabadoon zielte mit seinem Revolver in die Kurve hinein und über die Arme von Suleyman hinweg. Ein Polizeiwagen mit Blaulicht kam in Sicht, welcher auf der Innenseite der Kurve einen Überholversuch startete. Nabadoon zielte, drückte ab und traf die Motorhaube.
Mit einem Zischen und explosionsartig aufsteigendem Rauch drehte der getroffene Wagen ab.
Der Truck befand sich jetzt auf dem N2-Highway, der ein paar Kilometer weiter voraus in einer Schlaufe um den Flughafen herumführte. Einige Taxis und ein paar wenige Personenwagen waren auf der Autostraße unterwegs.
Suleyman drückte das Gaspedal voll durch; der Laster bretterte auf der Überholspur an allen anderen Fahrzeugen vorbei.
Bald schon kamen die hohen Flutlichter des Flughafens in Sicht. Das Gelände war flach und trocken.
«Da vorn bei dem Schild fährst du rechts vom Highway weg über den Schotter und rüber zum Flughafen! Und gib Gas!»
Suleyman tat wie geheißen; der Laster bewegte sich nach rechts weg und ab von der Straße. Das Rumpeln und Zittern wurde halsbrecherisch. Hinter dem Truck bildete sich eine riesige Staubwolke von aufgewirbeltem Dreck. Der Koloss bretterte über das Buschland wie ein gigantischer Pflug über einen trockenen Acker.
Sehr gut! Nabadoon blickte voraus. Eine Nebenstraße und ein Maschendrahtzaun kamen in Sicht, dahinter lag die Landebahn des Flughafens. Ein schmaler Weg führte zu einem breiten Doppeltor aus Metall und Zaun, in der Mitte zusammengehalten aus einer schweren Stahlkette samt Schloss.
«Da direkt drauf zu halten, Suleyman! Wir nehmen die Abkürzung.»
Der Zaun flog ihnen entgegen. Die vier Afrikaner in der Führerkabine des Lastwagens duckten sich hinter die Konsole und drückten sich schützend die Arme ins Gesicht.
Der Knall des auffliegenden Zauntores war kaum hörbar. Der Lärm des brüllenden Motors und der knarrenden Eisenkonstruktion des Lasters übertönte alles.
Nabadoon richtete sich als Erster wieder auf und blickte nach links. Da war kein Rückspiegel mehr. Er schaute nach rechts. Der Spiegel auf der Seite war zwar verbogen, aber noch halbwegs brauchbar. Was er sah, erfüllte ihn mit Freude. Die Polizeiwagen mit Blaulicht stoppten beim durchbrochenen Zugang zum Flugfeld.
Eine Bewegung im Rückspiegel irritierte ihn allerdings. Mit der Ladung stimmte etwas nicht. Nabadoons bisher verdeckte Sicht wurde wieder frei.
Mist! Der Container ist offen!
Er sah genauer hin; seine Freude sank rapide. Die hin und her schwenkenden Flügeltüren des Containers öffneten und schlossen sich im Drei-Sekunden-Takt. Hinter dem Laster purzelten die Kisten wie kleine braune Ziegen über das Flugfeld.
«Wir verlieren unsere Fracht! Kein Wunder, dass wir immer schneller werden!» Nabadoon schrie seine beiden Gefährten durch den Lärm an, während Suleyman mit weit aufgerissenen Augen den Laster geradeaus zu lenken versuchte.
«Egal, Boss! Hauptsache, wir kommen hier lebend raus. Ein Teil der Fracht wird sicher drinbleiben! Machen wir, dass wir hier wegkommen!» Arif machte einen überraschend abgeklärten Eindruck.
In diesem Moment fuhr der Laster in eine leichte Senke und den Somalis sackte der Magen in die Eingeweide. Bloß um im nächsten Moment wieder in die entgegengesetzte Richtung gedrückt zu werden, als der Laster die andere Seite des Abhanges wieder hinaufbretterte. Die Erschütterungen wurden schwächer, die Fahrt ruhiger.
«Wir haben das Rollfeld erreicht. Hoffen wir, dass gerade keine Landung ansteht.» Kalil lachte und stieß Arif in die Seite.
«Eine Landung nicht. Aber schaut mal da drüben!» Nabadoons Gesicht erstarrte. Arif folgte seinem Blick und wurde blass.
«Da … da …»
Nabadoon fasste sich wieder. «Genau! Wir müssen vorher durchkommen, koste es was es wolle! Wir können hier nicht anhalten, sonst sind wir geliefert.»
Zu ihrer Rechten, ungefähr einen halben Kilometer entfernt, tauchte ein heller Jet mit zwei grossen Triebwerken unter jedem Flügel auf. Er hatte gerade angefangen, zu rollen. Die Startbahn des Jets kreuzte die Nebenpiste, auf welcher der Lastwagen daherraste. Das Dröhnen der Triebwerke übertönte sogar aus dieser Distanz den Lärm des überforderten Lastwagenmotors.
«Komm schon, Suleyman! Du musst alles aus der Kiste rausholen. Wir müssen alle Segel setzen, sonst reicht’s nicht.» Nabadoon roch seine Chance.
Von
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