SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Augen auf. Nabadoon gab ihm einen kaum wahrnehmbaren Wink mit einem kurzen Zunicken.
«Aber sicher, Herr Kommandant. Wir werden sofort das Geld aus dem Wagen holen.»
«Warum denn nicht gleich so! Wurde auch bald Zeit.» Waris Hersi Kusow presste die Lippen auf einander, hob das Kinn und machte einen zufriedenen Eindruck. Er war genauso selbstgefällig und feist wie jeder kleinere und größere Diktator der Welt. Herr über sein kleines Reich. Gebieter über Recht und Ordnung.
Das Knattern vom Serienfeuer aus Kalils Kalaschnikow riss den Kommandanten jäh aus seinen Machtfantasien. Der eine Hafenpolizist neben dem zweiten Wagen zuckte wie eine von Elektroschocks getroffene Puppe und sank in sich zusammen. Übersät mit Scherben und Lackteilen des alten Dienstwagens.
Der andere Beamte hechtete zur Seite in die Dunkelheit und verschwand zwischen einem Stapel Container.
Kusow machte einen Satz nach hinten und nestelte an seinem Pistolenhalfter, welcher wie der zu kleine Gurt aus weißem Leder gefertigt war, und versuchte krampfhaft die Verschlussklappe zu öffnen.
Nabadoon war schneller. Er zückte seine 45er-Magnum, welche auf dem Rücken in seinen Gürtel gesteckt hatte, und drückte ab. Einmal. Zweimal.
Kusow wurde aus den Schuhen gehoben und nach hinten geworfen. Der erste Schuss durchschlug seine Brust, der zweite seine linke Schulter.
Innerhalb von wenigen Sekunden lagen die zwei Beamten regungslos am Boden.
Kalil rannte in Richtung der Stelle, wo der dritte Beamte verschwunden war.
Nabadoon winkte Arif und Kalil herbei.
«Stopp! Den finden wir nie in der Dunkelheit. Wir müssen hier weg. Keine Zeit für unsere alte Krücke. Der Motor unserer Schrottmühle kann jederzeit den Geist aufgeben, das können wir jetzt nicht gebrauchen. Wir fahren alle im Laster mit! Los los los!»
Seine beiden Gefährten folgten seiner Aufforderung schneller, als er sprechen konnte.
Kalil schnappte sich den Munitionsgürtel aus dem Pickup, rannte zur Führerkabine des Lasters, riss die Beifahrertür auf und kraxelte hinein. Arif und Nabadoon waren ihm bereits vorausgeeilt. Der Motor des Lasters brummte.
«Drück auf die Tube, Mann! Wir wollen hier nicht warten, bis der ganze Rest dieses faulen Haufens geschleckter Uniformstiefel anrückt!» Nabadoon brüllte dem Fahrer ins Ohr, während er wild mit dem Revolver herumfuchtelte.
8
Suleyman zitterte am ganzen Körper, das Gesicht fahl und von Schreck verzerrt. Trotzdem packte er das Lenkrad mit beiden Händen und trat das Gaspedal durch. Der Schlepper setzte sich mit einem Ruck in Bewegung.
Sie passierten die Containerstraßen, bogen ein paar hundert Meter weiter vorn links ab und umrundeten das Containerlager.
Es lag noch ungefähr ein halber Kilometer Weg zwischen ihnen und dem Nordtor.
Der dritte Bulle hat inzwischen bestimmt Alarm geschlagen. Da können wir uns auf was gefasst machen.
Als der Truck das Nordtor erreichte, sah Nabadoon im Rückspiegel die Reflektion von Blaulicht.
«Los los los! Verdammt, Suleyman, bring uns hier raus! Aber schnell! Da vorne geradeaus, dann in Richtung Stadtgrenze! Und mach ja keinen Scheiß!»
Der Fahrer schwitzte und starrte gebannt auf die Fahrbahn. Er duckte sich hinter das Lenkrad, als würde im nächsten Moment eine Gewehrsalve über die Führerkabine hinabregnen. Der Lastenzug vibrierte und rumpelte wie ein wütender Ochse.
Nabadoon blickte auf den Tacho. Der Sattelschlepper donnerte mit 80 Stundenkilometern durch die verlassenen Straßen von Djibouti. Häuserzeilen und Laternen flitzten wie orange und bläulich grelle Sterne an den Seitenfenstern vorbei. Hinter ihnen war das Geheul von Polizeisirenen zu hören.
Eine Höllenfahrt. Wenn das nur gut geht!
Nabadoon beugte sich nach vorn, um eine bessere Sicht auf den Seitenrückspiegel zu erhaschen. Die blanke Fläche des Spiegels zitterte und bebte im Einklang mit dem ganzen dröhnenden Ungeheuer, in welchem sie dahinrasten. Trotzdem waren die vier weißen Fahrzeuge, welche sie verfolgten und stetig Boden gut machten, deutlich zu erkennen.
«Übernächste Kreuzung scharf nach rechts! Bring uns ja nicht zum Kippen oder ich schwöre, ich reiße die höchstpersönlich die Eier ab, in der Hölle, wenn es sein muss!»
Die Kreuzung ist ein heikles Unterfangen. Werden wir zu langsam, holen uns die Bullen sofort ein. Sind wir zu schnell, endet das hier in einem einzigen gigantischen Chaos.
Nabadoon spähte erneut in den Rückspiegel und
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