SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Oberkörper ein Trümmerfeld aus aufgerissenem Fleisch, Kleiderfetzen und Blut, das auch mannigfaltig an der Wand hinter ihm klebte.
«Kontakt! Feuergefecht! Mann angeschossen, wiederhole, Mann angeschossen. Sofort evakuieren! Wir brauchen einen Notarzt unten beim Haupteingang!» Der Anführer von Team STAHL befahl zwei seiner Männer, den verwundeten Kameraden notdürftig zu versorgen und aus der Gefahrenzone zu bringen. «Verdammt! Was zur Hölle ist da los?! Ich will einen sofortigen Bericht!» Man konnte die Aufregung des Hauptmanns selbst durch den flachen Klang des Funkgerätes deutlich hören.
«Suite gesichert! Kommen Sie her, das müssen Sie sich anschauen!»
3
Eine halbe Stunde später war die Not-Beleuchtung in den Korridoren des Hotels wieder in Betrieb. Das Team von Gebäudetechnik-Spezialisten hatte ganze Arbeit geleistet. Die komplexe Stromschaltzentrale des Gebäudes wie auch das Notstromaggregat waren durch die Angreifer komplett zerstört worden. Plastiksprengstoff. Ein temporäres Überbrückungssystem hatte den Strom fürs Erste zurückgebracht, die Heizung arbeitete wieder.
Die Temperatur stieg langsam auf erträgliche Werte, als Hauptmann Felber das Gebäude durch den Haupteingang betrat. Er machte sich in Begleitung eines Beamten des Schweizer Nachrichtendienstes, der gerade aus Bern eingetroffen war, auf den Weg hinauf zur Suite «Beau Rivage». Einige Forensikspezialisten und Spurensicherungsleute folgten ihnen, andere kamen ihnen entgegen.
Oben bot sich ein Bild der Zerstörung, durch welches sich in weiße Schutzanzüge gekleidete Beamte mit Taschenlampen bewegten. Hie und da flammten Blitzlichter ihrer Kameras auf. Die Forensiker nahmen Proben, sammelten Fundstücke und dokumentierten den Tatort. Wie ein Rudel Archäologen, das nach dem vergrabenen Hund sucht , dachte Felber.
Der kurze Schusswechsel bei der Stürmung hatte lediglich das i-Tüpfelchen auf einen wahren Zimmerkrieg aufgesetzt. Kaum ein Möbelstück stand noch an seinem angestammten Platz, vielerorts fand sich Blut an den Wänden. Der Verputz und der beige Teppichboden waren übersät von Einschusslöchern. Durch ein zerstörtes Balkonfenster tanzten Schneeflocken in die luxuriösen Gemächer. Der Boden war bedeckt von Mörtelstücken, Splittern aller Art, Keramikscherben, dutzenden Hülsen verschiedener Kaliber und zerbrochenem Glas.
In den beiden Schlafzimmern, dem Arbeitszimmer und dem Wohnzimmer der Suite fanden sich insgesamt neun Leichen.
Unter den Toten war eine einzige Frau, ungefähr Ende 20, schlank, hübsches Gesicht. Sie lag auf dem Boden des Schlafzimmers und trug eine lachsfarbene Seidenabendrobe. Ihre halbgeöffneten graublauen Augen waren im Tod erstarrt, ihr langes dunkles Haar lag von kleinen Glasscherben durchsetzt, wie ein Fächer auf dem Boden ausgebreitet. Um ihren Torso herum hatte sich eine Blutlache gebildet.
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Die meisten Opfer waren bald identifiziert. Zwei Geschäftsleute im Alter von 48 und 53 Jahren aus Weißrussland waren darunter, unbewaffnet. Bei einem dritten männlichen Opfer handelte es sich um den 56-jährigen russischen Industriellen Mikhail Wolkow.
«Er besaß erhebliche Anteile an russischen Rohstoffkonzernen. Ihm waren außerdem Verbindungen zur russischen Unterwelt nachgesagt worden, deren effektive Existenz sich aber nie endgültig nachweisen ließ. Die Suite war auf eine seiner Aktiengesellschaften gebucht gewesen. Entsprechende Berichte von kritischen Stimmen in seinem Heimatland waren regelmäßig zurückgezogen oder stillgeschwiegen worden», erklärte der Bundesbeamte dem Einsatzleiter Felber, während sie die zerschossene Suite durchquerten. Anscheinend war der Nachrichtendienst bestens informiert über den Russen. Felber sagte der Name Wolkow nicht viel. Vielleicht hatte er mal etwas über ihn gelesen, hatte aber keine genaue Kenntnis über den Toten.
«Das russische Volk verehrt seine Oligarchen und Superreichen und fürchtet sie zugleich. Es wäre kaum denkbar, deren Taten im Detail zu hinterfragen. Besonders wenn sie über dermaßen gute Verbindungen zur St. Petersburger und Moskauer Polit-Elite verfügten wie Wolkow. Der Wolf , wie ihn manche Journalisten abgeleitet von der Bedeutung seines Nachnamens nannten. Wolkow hat seinem Namen alle Ehre gemacht bis zu seinem unfreiwilligen Ableben», fuhr der Nachrichtendienstler fort.
«Oha! Demnach haben wir es hier ja mit den Überresten eines wahrlich hohen Tieres zu tun.» Der Hauptmann
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