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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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    Die Bezeichnung Tiger von Saitama hatte im Syndikat vor ein paar Jahren die Runde gemacht nach Takedas tapferem Kampf gegen ein paar chinesische Triadengangster. Diese hatten auf offener Straße ein Attentat auf eines der Ratsmitglieder der Gonagawa verübt. Der Kampf hatte nicht lange gedauert. Takeda erschoss fünf Chinesen, erledigte zwei weitere mit seinen Hamidashi-Kurzklingen. Dem Letzten brach er von Hand das Genick. Er hatte damit dem Ratsmitglied Saito, mit dem er damals ausnahmsweise unterwegs war, das Leben gerettet.  
    Mit drei Kugeln im Bauch. Habe ich erst bemerkt, als ich zusammengebrochen bin wegen des Blutverlustes. Und dann kamen die Schmerzen. Merkwürdiger Tag! Wie heute.  
    Das Anhängsel Saitama kam von dem Stadtteil her, wo er im Waisenhaus aufgewachsen war.  
    «Haruto-San! Gut dich zu sehen!», sagte Takeda, als er sich verbeugt hatte ohne den Blick von Harutos Gesicht abzuwenden.
    «Wohl wahr! Komm, die anderen warten schon!»
    Takeda folgte Haruto in den Raum, wo sich die Ratsmitglieder offensichtlich bereits seit einigen Stunden beraten hatten, wenn nicht die ganze Nacht. Es roch nach Tee, abgestandener Luft, Tabakrauch und scharfer Miso-Suppe. Er blieb in der Nähe des Ganges stehen. Es war das erste Mal, dass Takeda an der eigentlichen Versammlung teilnehmen würde. Bisher hatte er jeweils in einem Zimmer ohne Fenster oben im Haus auf die Rückkehr seines Meisters, das erneute Verbinden der Augen und die Fahrt zurück zum Herrenhaus Kimura gewartet.  
    Der Kellerraum war rund zehn Meter lang und vier Meter breit. Er mutete schon fast tempelartig an mit seiner ehrwürdigen Ausstrahlung.  
    Vielleicht ist das auch nur so, weil ich weiß, was hier geschieht.  
    Die Wände waren mit typischen Holzrahmen ausgekleidet, welche quadratische Reispapierflächen umspannten. Stellenweise bestanden die Wandverkleidungen aus horizontal verlegten, länglichen Holzlatten.  
    Takedas Blick wanderte den Holzreihen entlang, die bis nach ganz oben verliefen. Der Raum war über drei Meter hoch, die Decke von einer breiten, nach oben abgestuften Fläche eingefasst wie von einem weißen Bilderrahmen. Der mittlere Teil des Plafonds bestand aus dunkelbraunen Holzplanken und lag im Dunkeln. Drei voluminöse in Reispapier-Cocoons gehüllte Lampen hingen tief im Raum, nur knapp über den Köpfen der Sitzenden, und verbreiteten ein warmes, oranges Licht. In der Mitte am Boden stand ein langer breiter schwarzer Tisch auf mehreren Tatami-Matten. Rund um die Tafel, die kaum kniehoch war, lagen Sitzkissen mit Rückenstützen verteilt. Fünf Kissen auf beiden Längsseiten und je eines am Kopfende.  
    Die Ratsmitglieder waren verstummt und verharrten andächtig im dumpfen Licht. Die Spannung im Raum war beinahe greifbar. Zwei Kissen waren frei. Eines zur Rechten des Ratsoberhauptes oben am Tisch, eines leicht versetzt auf der anderen Seite, Harutos Platz.  
    Takeda trat zur Ecke des Tisches gegenüberliegenden Ende vom Ratsoberhaupt. Er blickte in die Gesichter sitzenden Männer – eines nach dem anderen. Jeder quittierte seinen bestimmten Blick mit stiller Mine und einem Nicken, gefolgt von einer angedeuteten Verbeugung. Ohne ihn aus den Augen zu lassen.  
    Der Ratsvorsitzende streckte seinen rechten Arm aus und deutete mit offener Hand auf den Sitzplatz zu seiner Rechten, ohne ein Wort zu sagen. Er nickte noch einmal.  
    Takeda verspürte ein wachsendes Unbehagen. Er gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Er wunderte sich, welchen Beschluss der Rat in seiner Gerichtsbarkeit wohl getroffen hatte. Nicht umsonst galt die Weisheit unter den Yakuza: «Lieber einen Finger verlieren, als den Kopf. Und lieber den Kopf verlieren, als das Gesicht.»  
    Da ihn keine Schuld am Tod seines Meisters traf, war ein Yubitsume 13 unwahrscheinlich. Drei der elf anwesenden Ratsherren waren in der Vergangenheit in Ungnade gefallen. Ihnen allen fehlten die Kuppe oder gar zwei Glieder des kleinen Fingers der schwachen Hand.  
    Eine bleibende Ermahnung.
    Takeda hielt es für unwahrscheinlich, dass er die traditionelle Strafe der Yakuza erfahren würde, aber grundsätzlich war alles möglich. Von einer Ächtung und Ausschluss aus dem Syndikat über Yubitsume hin zu einer Hinrichtung oder Buße in Form eines Auftrages lag alles im Bereich des Möglichen.  
    Takeda schritt um den Tisch herum und setzte sich auf den angewiesenen Platz. Vor ihm lag ein zu einem Bündel zusammengefaltetes Papier. Ähnlich groß wie

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