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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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seinem Nachtlager, trank in der Küche einen Schluck Wasser und machte sich bereit für den 10-Meilen-Lauf, den er wie in einem Traum jeden Morgen auf immer wieder wechselnden Routen unternahm.  
    Reine Vorsichtsmaßnahme.
    Er erwachte diesmal bereits aus seiner Trance, als er unten auf der Straße realisierte, dass er sich nicht in der gewohnten Umgebung von Kimuras Haus befand.  
    Egal! Einfach laufen.  
    Die gefrorenen Überreste des Schnees knirschten unter seinen Turnschuhen. Er drehte eine Runde in Richtung Docks, konzentrierte seine Gedanken voll und ganz auf die Umgebung und die Gerüche in der Luft. Seetang. Schnee. Ölfeuer. Alte Holzplanken. Diesel. Nach einer Weile schaute er auf die Uhr, änderte den Kurs für die restlichen 28 Minuten in die Richtung, aus welcher er gekommen war.  
    Er kehrte in seine Wohnung zurück, setzte sein morgendliches Training eine weitere Stunde mit Nahkampfübungen fort, duschte und trank eine Tasse Tee. Er wärmte ein paar tiefgefrorene Dumplings auf, aß sie und machte sich bereit für die Zusammenkunft.  
    In einen seiner dunklen Maßanzüge gekleidet und in den schwarzen Wollmantel gehüllt, den Kragen hochgeklappt, stellte er sich unten an die Straße. Einen Augenblick später tauchte der Fahrer mit der schwarzen Limousine an der Ecke auf.  
    Er muss irgendwo gewartet haben, und nicht mal ich hab eihn gesehen. Er erscheint jedes Mal just in dem Moment, wo ich auf die Straße trete.  
    Der schwarze Mercedes hielt neben ihm. Takeda stieg hinten ein. Er wusste wohin die Fahrt ging. Der Besuch im Tempel bei den Gräbern der vorangegangenen Oberhäupter und anderer hochdekorierter verstorbener Mitglieder des kai gehörte vor jeder wichtigen Zusammenkunft des Rates zur Tradition. Die Fahrt zur Kultstätte dauerte eine halbe Stunde, der Wagen kam zu einem Halt.  
    Takeda stieg aus und trat durch das reich verzierte Tor. Als er die Treppe zum Tempel hinaufschritt, fiel sein Blick auf den weitläufigen Garten, der wie von weißem Puder verziert unter dem Schnee dalag. Takeda gelangte zum Tempel, lauschte den Worten des Mönches, während er ein gesegnetes Rauchopfer entzündete. Takeda schaute nach oben an die Grabsäule der Väter. Der Obelisk, der den Oberhäuptern des kai gewidmet war, trug zahlreiche eingekerbte Namen in Kanji auf sich, welche mit Gold ausgefärbt waren. Takedas Augen weiteten sich mit einem Schlag. Links neben seinem Vater, Takashi Kimura, war sein eigener Name angebracht worden. Die Schriftzeichen waren jedoch nicht mit goldener, sondern mit roter Farbe ausgemalt. Dass der Name eines Mitgliedes des kai bereits zu Lebzeiten auf einer Grabtafel erschien, war in hohen Kreisen der Yakuza nichts Außergewöhnliches. Aber Takeda hätte nie zu hoffen gewagt, dass sein Name jemals auf der Tafel der dahingeschiedenen Oyabunerscheinen würde. Dies stellte eine grosse Ehre dar.  
    Der Mönch beendete sein Gebet und schwieg. Es war Zeit, zu gehen.
    Takeda verließ den Tempel und stieg wieder hinab zur Limousine. Ein Mann mittleren Alters, den Takeda nicht kannte, hockte auf dem Rücksitz. Der Unbekannte verband ihm die Augen mit einem schwarzen Band. Das Fahrzeug setzte sich wieder in Bewegung, die Fahrt dauerte fast eine Stunde. Niemand sprach ein Wort.  
    Der Wagen hielt und der Motor verstummte. Takeda wurde durch Straßenlärm und kühle Morgenluft in einen Hinterhof geführt, wo es nach Abfall und Fischresten stank.  
    Links um die Ecke, über den Hof, rechts um die Ecke. Zehn Schritte geradeaus, fünf Treppenstufen runter. Eine Tür. Eine weitere Treppe hinunter, nach links, zehn Stufen hinunter. Eine weitere Tür. Hinter mir verschlossen. Angenehme Raumtemperatur. Duft nach Suppe und Tabak. Stille.
    Das Augenband wurde ihm abgenommen. Er sah zuerst einmal gar nichts. Als sich seine Augen an das schummrige Licht, das von weit oben an der Decke hängenden traditionellen Lampen kam, gewöhnt hatten, bemerkte er, dass er alleine war. Vor ihm erstreckte sich ein dunkler Gang mit Marmorboden, der rund zehn Schritte weiter vorn in einen offeneren, reich verzierten Raum mündete. Jemand bog vorne um die Ecke.  

    5

    «Der Tiger von Saitama!» Der Mann, der lächelnd auf ihn zusteuerte, war Haruto Nakamura, einer der verbleibenden elf Ratsweisen, die nun über die Geschicke des kai zu bestimmen hatten. Der ermordete Takashi Kimura war soetwas wie der CEO und gleichzeitig Mitglied des Rates gewesen, der eine beratende und stellvertretende Gewalt ausübte.

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