SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Schalldämpfern benutzt, die kaum Rückschlüsse auf den Ursprung der Täterschaft zulassen. Die Partikelrückstände von Schalldämpfer-Füllstoff am Tatort lassen jedoch keinen Zweifel daran, dass die Angreifer bestens auf ein verdecktes Vorgehen vorbereitet gewesen waren. Der Plan mit dem Gas ist allerdings gründlich schief gelaufen.
Unter den toten Russen war übrigens auch eine junge Frau, vermutlich von einem Edel-Escort-Service, deren Identität aber nach wie vor nicht geklärt werden konnte. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass sie keinen «Besuch» erwartet haben.
Nun – was sagt uns ein solches Gemetzel unter schwerbewaffneten russischen Bodyguards samt Schutzbefohlenen? Die Täter waren höchstwahrscheinlich als Hotelpersonal getarnt in die Suite gelangt und hatten nach Scheitern des Betäubungsplans A, ohne mit der Wimper zu zucken, auf Plan B kurzen Prozess gewechselt. Mit Ausnahme von militärischen Spezialeinheiten und SWAT-Teams der Polizei dürfte kaum jemand über solch tödlich präzise Tötungsautomatismen verfügen. Von der Ausrüstung gar nicht zu sprechen. Man spaziert nicht einfach in die Luxus-Suite eines hohen russischen Industrietiers mit Mafiakontakten, umgeben von Bluthunden in Schrankform – also in die wahrhaftige Höhle des Löwen – und verlässt den Raum wieder, ohne dass einem ein Haar gekrümmt worden wäre. Sowas haben nur Profis drauf – Profi-Attentäter, Geheimdienste oder Spezialeinheiten.»
Die Runde der Beamten nickte schweigend. Sie staunten nicht schlecht.
Baker fuhr fort. «Des Weiteren haben die Leute von der Schweizer Spurensicherung minime Rückstände von Radioaktivität am Tatort festgestellt, was die Vermutung nahe legt, dass Wolkow für einen Plutonium-Deal in die Schweiz gekommen war. Der Schweizer Nachrichtendienst hatte – leider erst nach dem Attentat – vage Hinweise aufgeschnappt, dass Wolkow zu Lebzeiten auf mehreren Hochzeiten zu tanzen gepflegt hatte. Neben Verbindungen zur russischen Mafia mit Affinität für Rauschgift- und Waffenhandel war ihm auch der eine oder andere Deal mit weit gefährlicheren illegalen Waren nachgesagt worden. Sie erinnern sich an die Plutonium-Affäre in Deutschland 1995, wo der deutsche Nachrichtendienst eindrucksvoll bewiesen hat, wie einfach es ist, an waffenfähiges Plutonium aus Moskau zu kommen? Kinderleicht! Vorausgesetzt, man verfügt über genügend Geduld und ausreichende Geldreserven.»
Der General ergänzte. «Die Gerüchte über Wolkows schiefe Geschäfte haben uns auch ein paar hohe Beamte von der NSA bestätigt. Erstaunlich kooperativ, eigentlich. Aber solange das Zeug nicht in die Nähe der USA gelangt, interessiert es diese Überwachungs-Fanatiker kaum im Detail. Immer muss erst was passieren, bevor die Schnüffler mit den pikanten Details rausrücken.»
Anderson übernahm wieder das Zepter. «Die Sache mit dem Plutonium-Schmuggel ist vorerst eine These, denn leicht erhöhte Strahlenwerte können auch von anderen Ursachen herrühren. Sie waren extrem gering. Stichhaltiger ist da schon die zweite Erkenntnis, die uns bezüglich der Täterschaft erreicht hat. Baker?»
Der zweite Agent fuhr fort, während Anderson einen Schluck Wasser aus seinem Plastikecher trank. «Wir hatten vorgestern ein Meeting drüben im Pentagon mit einigen Kollegen der abseits der Protokolle agierenden sogenannten «Osteuropa-Kerngruppe», die aus je zwei Mitarbeitern verschiedener Behörde zum Austausch von bereichsübergreifenden Informationen zwischen NSA, DEA, CIA und dem Secret Service besteht. Die Treffen waren in der Vergangenheit wenig ergiebig, sie kennen das Problem. Kaum jemand teilt was wirklich Wichtiges mit den anderen Diensten, das Ganze mutet eher wie eine Alibi-Übung an um den Wünschen des neugewählten Präsidenten nach mehr Effizienz über alle Nachrichtendienste hinweg zu entsprechen.»
Anderson übernahm wieder das Votum. «Allerdings verlief diese Sitzung nach dem Tod von Wolkow etwas anders als gewohnt. Agent Miles von der NSA fragte mich im Verlauf des Meetings, ob es zutreffe, dass wir vom DEA seit Längerem ein Auge auf Wolkow geworfen haben. Ich bestätigte. Er wollte außerdem wissen, ob mir der Code Heaven's Gate etwas sage, was damals nicht der Fall war.
Der Begriff war in einem der vertraulichen Dokumente auf Wolkows Laptop gefunden worden nach einer ausführlichen Entschlüsselung der Passwörter. Небо ворота – wie es auf Russisch heißt, und zwar im Zusammenhang
Weitere Kostenlose Bücher