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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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alten Gemäuers hinaus.  
    Tony war nach Umrundung des Geländes in die Rue Caulaincourt gelangt und die Treppe zum Eingang in der Rue Rachel hinabgestiegen. Hier stand er nun.  
    Die Pforte. Jetzt will ich aber wissen, wer oder was hier begraben liegt.  
    Tony stand im orangen Licht der einzigen Straßenlaterne, die sich in unmittelbarer Nähe der Barriere befand. Er kam sich vor wie ein Ermittler der Mordkommission. Ohne Partner.  
    Ohne Backup. Und ohne Idee, wie ich über diese eiserne Absperrung gelangen soll.  
    Keine Menschenseele war zu sehen. Der Regen wollte nicht aufhören, in schweren Tropfen vom Himmel zu fallen. Es roch nach Moos, nassem Laub, und nach Tod.
    Ich werde das Gefühl nicht los, dass da drin etwas auf mich lauert, das ich eigentlich gar nicht in meine Nähe lassen will. Verdammter Aberglaube! Wie bin ich überhaupt hierhergekommen? Was mache ich hier? Ich könnte jetzt in meinem bequemen Bürosessel sitzen und auf die Park Avenue runterschauen. Sauwetter!  
    Tony fröstelte leicht; er war sich nicht ganz sicher, ob dies von den feuchten Kleidern, der kaltnassen Luft oder von seinem bevorstehenden Gang auf den Cimetière Monmartre herrührte. Doch seine Neugier war stärker als seine Bedenken. Das bin ich Carl schuldig.  
    Er trotzte dem bedrückenden Gefühl, das ihn befallen hatte. Tony riss sich am Riemen, krempelte seinen Mantelkragen soweit hoch, wie es ging und trat an das Gatter heran. Sein Smartphone nach wie vor in der linken Hand, geschützt vom Dach des schwarzen Schirmes.  
    Der Weg zum Innern des Friedhofes führte über einen kleinen runden, von Parkverbotsschildern und Wohnhäusern in der Rue Rachel umgebenen Vorplatz über das Gatter zwischen zwei Steinblock-Pfeilern. Von da weiter auf einem schmalen Steinpfad unter der Rue Caulaincourt hindurch, welche wie eine Brücke über den Durchgang hinwegführte und deren Flanken mit einem scheußlichen, massiven, türkis gestrichenen Stahlgeflecht versehen waren.
    Tony blickte sich noch einmal um, ehe er die drei Meter hohe Eisenabsperrung hochkletterte. Mit etwas Glück konnte er es vermeiden, beim Überqueren der Stahlspitzen auf der Krönung des Gatters nicht auszurutschen. Um ein Haar hätte er den Tritt auf den glitschigen Metallverstrebungen der massiven Pfortentür verloren.  
    Tony ließ sich auf der anderen Seite auf halber Höhe vom Gatter fallen und landete mit einem Klatschen mitten in einer Wasserlache.
    Er fluchte leise und schlug trabend die Richtung ein, die auf dem Friedhof zur nicht existierenden Hausnummer 35 der Rue Joseph de Maistre verlief. Tony vermutete den gesuchten Ort auf der Innenseite der Friedhofsmauer entlang der Maistre, direkt gegenüber vom Haus mit der Nummer 34 außerhalb des Walles.
    Cimetière Monmartre. Die ewige Ruhestätte vieler ehemaliger Bewohner von Paris kam Tony an manchen Stellen vor wie ein lauschiger Park bei Nacht, an anderen Stellen wie eine Stadt der Toten im Miniaturformat.  
    Stämmige Bäume wechselten sich ab mit dicht aneinandergereihten Gruften und Grabsteinen. An manchen Stellen waren die Pfade, die zwischen ihnen verliefen, kaum schulterbreit. Je näher Tony seinem Ziel kam, desto dichter schien ihm das Wirrwar der Totenbehausungen, Marmorplatten und vom Regen verwaschenen Inschriften. Der Wind frischte auf. Tony fühlte sich alles andere als gut aufgehoben auf dem altehrwürdigen Mahnmal der letzten Ruhe.
    Endlich erreichte er den Bereich, wo er das Grab dieser Julie vermutete, falls sie denn wirklich hier lag. In der Innentasche seines Mantels ruhte sein DuPont-Feuerzeug. Er benutzte es als Lichtquelle, um den Akku des Telefons für seine sichere Rückkehr zur Rue Rodier zu sparen.  
    Brav! Endlich benutzt du deinen Verstand! Jetzt wollen wir mal sehen. Hier muss es irgendwo sein.
    Tony suchte die Grabsteine und Gruften in der Dunkelheit nach einem Hinweis auf die junge Frau ab. Das dunkle Gestein der Gräber fühlte sich kalt an, kälter als die Luft. Tonys Frösteln wurde zu einem leichten Zittern, welches nicht nur auf die Nässe und die eisige Regenluft zurückzuführen war. Hinzu kam eine wachsende Verzweiflung. Es schien fast aussichtslos, in der Schwärze der Nacht ein Grab zu finden, von dem Tony nicht einmal sicher war, dass es existierte; aber er gab nicht auf.  
    Der Regen fiel unablässig vom dunklen Himmel. Fast vergaß Tony die Zeit ob seiner hochkonzentrierten Suche, als ihm das plötzlich aufgellende Krächzen eines Vogels oberhalb von ihm, das

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