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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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Mittwochnachmittag – machte er sich mithilfe der Satellitenkarte auf seinem Mobiltelefon auf den Weg in Richtung Rue Joseph de Maistre 35.  
    Das Tageslicht war fast verschwunden, ein dunkelgrauer Deckel lag über der Stadt. Die Luft war kühl und roch nach altem Asphalt.  
    Der leichte Nieselregen wurde mehr und mehr zu einem trommelnden Frühlingsschauer.  
    Die Abendluft tat seinen Lungen gut, er fühlte sich frei und guten Mutes. Das Diner war hervorragend gewesen und hatte ihm neue Kräfte verliehen.  
    Seine Beine trugen ihn strammen Schrittes durch die nassen Straßen von Paris, auf denen sich bereits erste Wasserlachen gebildet hatten. Die Tropfen prasselten auf den Gehsteig.
    Zwanzig Minuten später entlang der Rue des Martyrs und der Rue des Abesses erreichte Tony sein Ziel. Die Gebäude auf der rechten Straßenseite trugen wie gewöhnlich die geraden Hausnummern. Die Rue Joseph de Maistre senkte sich in diesem Abschnitt leicht in Richtung nächste Kreuzung.  
    Tony kniff die Augen zusammen. Die Lichter der Straßenlaternen, welche bis weit hinunter die Straße säumten, bildeten eine Formation, die ein bisschen an ein fiktives Sternbild erinnerte.  
    Der Regen prallte auf den gespannten schwarzen Kunststoff des Schirmdachs über Tonys Kopf. Die Hosenaufschläge, die Schuhe und die Ärmel seines Mantels waren triefend nass.
    Er schaute nach rechts auf das blaue Schild mit den weißen Serifenziffern an der Hausmauer.  
    Nummer 30 .  
    Im Erdgeschoss des Gebäudes befand sich ein Dekorationsatelier.  
    Er blickte zur anderen Straßenseite hinüber, wo der Gehsteig in Abständen von einem Meter Zwischenraum mit gusseisernen hüfthohen Absperrungen von der Straße abgetrennt war. Dahinter befand sich eine knapp drei Meter hohe Mauer, keine Häuser.  
    Was zum Henker hat denn das schon wieder zu bedeuten?  
    Er drehte sein Telefon in die Richtung des Walls.  
    Oh nein! Bitte, bitte nicht.  
    Die Satellitenkarte auf dem Display zeigte eine grünlich braune Fläche. Sie war mit grauen Rechtecken durchsetzt und erstreckte sich gemäß der Karte hinter der massiven Mauer auf der anderen Straßenseite.  
    Der Friedhof von Montmartre. Carl! Was willst du mir damit sagen? Was ...
    Tony marschierte schnurstracks zur anderen Seite, ohne den Blick von der Satellitenkarte und der Friedhofsmauer abzuwenden. In der linken Hand den Regenschirm, auf den immer noch die Tropfen trommelten, in der rechten Hand sein Smartphone wie einen Kompass.  
    Das Quietschen von Reifen und ein wütendes Geplärre von Hupen ließen Tony wie vom Blitz getroffen zusammenfahren. Seine Füsse froren am Boden fest.  
    Oh Gott!  
    Er stand zwischen den Lichtkegeln zweier Autoscheinwerfer mitten auf dem nassen Asphalt. Das Tremolo der Hupe verstummte, gefolgt von einem zornigen «trou de cul», welches der erboste Autofahrer mit hochrotem Kopf lauthals aus dem heruntergekurbelten Fenster in seine Richtung schrie.  
    Verdammt! Der hätte mich fast erwischt. Du Vollidiot! Bleib wachsam!  
    Tony schimpfte mit sich selber und hob entschuldigend die Hand in Richtung des Citroën, dessen Stoßstange einen Meter vor seinen Knien zu stehen gekommen war.  
    Nachdem sich der heftige Schreck wieder einigermassen aus seinen Gliedern gelöst hatte, trabte er unsicheren Schrittes zum Gehsteig auf der anderen Straßenseite. Der Wagen brauste davon, der Fahrer warf ihm einen letzten bösen Blick zu.  
    Du darfst dich niemals, niemals wieder derart leichtfertig in Gefahr begeben. Tony konnte nicht aufhören, sich zu schelten. Ein derart vollbehämmert dummer Unfall hätte meinen ganzen Bemühungen mit der Suche nach Carl innerhalb von Sekundenbruchteilen ein Ende setzen können. Reiß dich zusammen! Du verdammter hirnverbrannter Möchtegern-Schnüffler!
    Er wandte sich wieder seinem Smartphone, dem Satellitenbild, und der Mauer zu. Sie war oben von Gebüsch gekrönt, das wie eine ausbrechende Naturgewalt, einer Brandung gleich, über das Gemäuer zu wuchern schien. Selbst der obere Teil der Straßenlaterne war vom Grünzeug erklommen worden. In Zeitlupentempo, damit es die Stadtgärtner nicht merken. Tony blickte nach oben. Auf jeden Fall komme ich hier nicht rein.  

    5

    Das Gatter war mit einer schweren Eisenkette verschlossen. Der Gang entlang der Friedhofsmauer war Tony ewig vorgekommen. Die mächtigen schwarzen Umrisse der Baumkronen im Innern des Friedhofes reichten manchenorts fast bis über das wuchernde Efeu auf der Oberkante des

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