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SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)

Titel: SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Dives
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Brieftasche.  
    «Alles in Ordnung mit Ihnen? Sie sehen bleich aus.» Der Zorn des alten Franzosen hatte sich in eine Art Barmherzigkeit verwandelt.  
    Ich sehe offenbar noch viel elender aus, als ich mich fühle.
    «Alles bestens, Danke. Hier, fünf Euro, behalten Sie den Rest.» Tony druckste sich um den alten Mann herum, der verdutzt den Kopf schüttelte, und wackelte zurück zum Hoteleingang etwas die Straße runter, wo inzwischen das Taxi eingetroffen war. Die Zeitung unter dem linken Arm, während er mit zittrigen Händen versuchte, die Brieftasche wieder einzustecken. Endlich erreichte er das Taxi, sprang hinein und keuchte «Nach Blanc-Mesnil, bitte.»  
    «Und wohin genau, Monsieur? Le Blanc-Mesnil ist weitläufig, und ehrlich gesagt fahre ich da nicht so gerne hin, wenn ich nicht genau weiß, wo hin. Da muss man ja aufpassen, dass einem nicht die Karre unter dem Arsch weggestohlen wird bei all den afrikanischen und algerischen Kanacken die sich da rumtreiben.» Der altersbedingt glatzköpfige Taxifahrer schien sich nicht unbedingt der Völkerverständigung verschrieben zu haben.  
    «Gibt es in der Gegend irgendwo einen alten Rummelplatz oder Vergnügungspark?», fragte Tony so locker, wie er es gerade hinkriegte.
    «Sie wollen zum alten champ de foires ? Sind Sie ganz sicher? Das ist nicht gerade eine Touristenattraktion, wissen Sie.»
    «Egal, bringen Sie mich einfach da hin, ich zahl auch 20 % extra!»
    Tony holte mit zittrigen Händen einen 50-Euro-Schein hervor und drückte ihn dem Fahrer in die Hand.  
    «Hier, als Anzahlung.»
    «Comme vous voulez.»
    Der Fahrer trat aufs Gaspedal und das Taxi brauste davon.

    10

    Graue Wolken waren am Himmel aufgezogen, es sah aber noch nicht nach Regen aus.  
    Tony stand vor einem heruntergekommenen, halb verrosteten Eisenbogen, auf dem in geschwungenen Lettern «Grande amusement – garantis!» stand.  
    Hinter dem Eingang erstreckte sich eine zertrampelte Wiese. Das Gras war bräunlich, es gab viele erdige Flecken und zahlreiche Papp-Becher, die neben etlichen Zigarettenkippen verstreut auf dem Platz rumlagen. Neben weggeworfenen Burger-Verpackungen und anderem Müll.  
    Einige Kinder spielten auf dem angrenzenden Spielplatz, ein paar Gruppen jugendliche Möchtegern-Gangster lungerten bei der alten Auto-Scooter-Anlage rum.  
    Weiter hinten waren einige Schießbuden und ein Würstchenstand zu sehen. Ein altes Riesenrad, das den Namen nicht mehr wirklich verdiente, stand still da im kühlen Frühlingswind, offensichtlich außer Betrieb.  
    Der alte Rummelplatz lag mitten im Vorortquartier, rundherum reckten sich potthässliche graue und beige Wohntürme in die Höhe mit mickrigen Fenstern und lächerlich kleinen Balkonen.  
    Tony schaute sich missbilligend um.  
    Wie ein gigantischer Kleiderschrank mit hunderten von halb herausgezogenen Minischubladen, vollgestopft mit Sozialhilfebezügern und schreienden Kindern. Was mache ich hier eigentlich?
    In diesem Moment ging ihm durch den Kopf, dass er so ziemlich alles dabei hatte, was man normalerweise bei einem Spaziergang durch ein banlieu dieser Art mit Vorteil zu Hause lässt. Acht Kreditkarten, mehrere hundert Dollar und Euros in Bar, EC-Karte, Führerschein. Er kam sich vor wie der letzte Amateur.  
    Ein nächtlicher Spaziergang zum Friedhof, schon fühle ich mich wie ein abgebrühter Ermittler. Tz … Ich hätte ein paar Thriller mehr schauen sollen, statt ständig zu arbeiten. Was würde Jason Bourne jetzt tun?
    Tony fasste sich ein Herz und marschierte los. Nicht zu schnell, nicht zu langsam. Er hatte nicht die geringste Lust, den weithosigen Nachwuchsganoven in die Quere zu kommen. Nachdem er die Kapuze seines Pullovers über den Kopf gezogen hatte fühlte er sich schon viel besser. Gut getarnt ist halb gewonnen.  
    Nach einem Rundgang auf dem spärlich besuchten Rummelplatz fand er das antike kleine Karussell. Die Pferde, Kutschen, Autos und sonstigen Sitzplätze waren aus Holz und bis auf die Grundierung abgegriffen. Manche gar bis in die Fasern.  
    Tony beobachtete die Szenerie aus seiner Kapuzenhöhle. Rechts hinten stand ein kleines Häuschen, wo es Tickets zu kaufen gab. Ein älterer Herr saß darin und döste.  
    Auf dem Karussell, in der Mitte neben der breiten Drehachse, welche den Ringplattform mit den Figuren antrieb, stand ein weiterer Mann. Mitte dreißig, breite Schultern, athletische Figur, Fünftagebart, ölverschmierte Arbeitskleidung. Er beugte sich mit einem

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