Summer Sisters
ins Zimmer gestürzt. »Du hast irgendwas gerufen.«
Jo nickte. »Alles okay. Ich hab wohl geträumt.« Aber ihr Herz hämmerte immer noch.
Polly war schon angezogen und hellwach und hielt ein Buch in der Hand.
Jo rieb sich die Augen. »Wie spät ist es denn?«
»Mittag.«
»Echt?«
»Hmmm.«
»Ich wollte gar nicht so lange schlafen.«
»Ist schon okay. Kommst du mit ans Meer?«
»Klar. Ich bin gleich fertig.«
Polly griff nach ihrer Badetasche und ging raus, damit Jo sich ungestört fertig machen konnte. Jos Blick fiel auf den Koffer, und wieder fragte sie sich, wie lange Polly bleiben wollte.
Sie zog einen Bikini an und packte ein paar Sachen ein. Polly saß schon vor der Haustür auf der Veranda und wartete.
Auf dem Weg zum Strand fiel Jo auf, wie blass Polly war und
wie dünn ihre Arme waren. Sie sah wie ein Nachtfalter aus, der nicht für Tageslicht und Sonnenschein gemacht war. Ging Polly eigentlich jemals nach draußen? Hatte sie überhaupt ein eigenes Leben? Dieser Gedanke versetzte Jo einen Stich, aber sie wehrte ihn ab. Sie konnte sich schließlich nicht für immer und ewig für Polly verantwortlich fühlen.
Auf dem breiten Sandstrand legten sie ihre Handtücher nebeneinander, cremten sich ein - mit ihren rotblonden Haaren bekam Jo schnell einen Sonnenbrand und Sommersprossen - und brutzelten in der Sonne, bis es ihnen zu heiß wurde. Dann liefen sie ins Wasser.
Die Wellen waren hoch und türmten sich immer noch höher. Polly und Jo hüpften gleichzeitig in die Höhe und tauchten dann unter der Welle weg. Einmal wurde Polly weggerissen, stand aber lachend und prustend wieder auf. Für einen Nachtfalter war sie ziemlich kräftig. Als die Strömung Jo die Füße wegzog, fasste Polly nach ihrer Hand. Jo ergriff sie, ließ sie aber wieder los - zu viele Schuldgefühle und zu viel Unausgesprochenes lagen zwischen ihnen.
Danach legten sie sich wieder auf die Handtücher und ließen sich von der Sonne trocknen.
»Wie geht’s denn deinem Vater damit?«, fragte Polly irgendwann.
Jo kniff wegen dem grellen Sonnenlicht die Augen zusammen. »Womit?«, fragte sie.
Polly drehte sich auf die Seite und sah Jo einfach nur an.
»Du meinst, mit der Trennung oder was?«, fragte Jo ruppig.
Polly nickte und starrte Jo immer noch mit ihren großen, ernsten Augen an.
Jo fummelte am Träger ihres Bikinis herum und sah weg.
»Für deine Eltern war es sicher nicht leicht, seit Finn gestorben ist, oder?«
In diesem Augenblick sah Jo ein paar von der Surfside -Truppe über den schimmernden Sand auf sie zukommen. Unter den Nachzüglern entdeckte sie Zach - ein Meergott in blauer Surferhose.
»Hey, Goldie!« Megan winkte ihr zu.
Jo setzte sich auf. »Hey!« Sie winkte zurück. Die Sonne ließ die Wasseroberfläche funkeln. »Was geht denn so ab?«
Megan sah fragend in Richtung Polly.
Jo kniff die Augen zusammen und registrierte erst jetzt richtig, was für einen unmöglichen Badeanzug Polly anhatte und wie komisch ihr Sonnenhut aussah. Sie sah Polly mit Megans Augen, und was sie sah, war wenig schmeichelhaft. Sofort fühlte sie sich schuldig, aber am liebsten hätte sie so getan, als würden sie und Polly sich gar nicht kennen.
»Das ist - äh - Polly.«
Megan nickte.
»Hi«, sagte Polly.
»Wir wollen in der Oak Street Volleyball spielen, falls ihr mitkommen wollt.«
»Okay, danke. Vielleicht kommen wir nach«, sagte Jo.
Auf gar keinen Fall würde sie Polly zum Volleyballspiel mit den anderen mitnehmen.
Zach schlenderte langsam hinter der Gruppe her. Er warf ihr einen Blick zu, der jeden Zentimeter von ihr auffraß, der nicht von ihrem lila-weiß gestreiften Bikini bedeckt wurde. Dann zwinkerte er ihr zu.
»Bis heute Abend, Goldie«, rief er, bevor er die anderen einholte.
Während sie aus ihrem Blickfeld verschwanden, wünschte Jo, sie könnte einfach aufstehen und mit ihnen gehen. Keinem von ihnen musste sie irgendwas erklären, keiner von ihnen kannte ihre Eltern, und Finn hatten sie auch nicht gekannt.
»Wer ist denn Goldie?«, fragte Polly, nachdem sie verschwunden waren.
Jo zuckte die Achseln und schaufelte Sand zu einem Häufchen. »So nennen mich meine Freunde hier.«
Als es in dem großen, luftigen Strandhaus mit den riesigen gläsernen Schiebetüren klingelte, ging Polly mit Jo zusammen zur Tür. Sie wusste, dass das Mädchen, das dort stand, zu Jos Clique gehörte, sie kannte ihr fuchsartiges Gesicht, die blassblauen Augen und den Schmollmund gut, aber sie hatte vergessen, wie
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