Summer Sisters
Shorts und Top wieder an. Aber sie kam sich in der kurzen Hose albern vor und spürte, wie sie in dem knappen Top die Schultern hängen ließ.
Vielleicht war es auch die Enttäuschung darüber, dass Dia noch nicht zu Hause war, obwohl sie es versprochen hatte. Sie hörte im Geist immer und immer wieder die Sätze, die Jo in Rehoboth zu Bryn gesagt hatte, auch wenn sie mit aller Macht versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen.
Das mit der Diät klappte zwar ganz gut, aber allmählich fragte sie sich, ob man sich dabei jemals genau so veränderte, wie man sich das vorstellte.
»Ich find deine Socken übrigens super«, plapperte Carly fröhlich, während sie zwei Abende später ihr Zelt aufbauten. »Gibt es die auch einzeln? Ich hatte auch mal solche, aber einen davon hat der Trockner gefressen.«
Ama nickte grimmig.
»Ich kauf mir dauernd neue Socken, du auch?«, schnatterte Carly weiter. »Eine Weile hab ich gar keine mehr angezogen, aber dann haben meine Schuhe echt zu stinken angefangen.« Carly lachte über ihren eigenen Witz, und Ama hämmerte mit aller Kraft auf einen Hering, um ihn in den Boden zu rammen.
»Dann hab ich mir immer die gleichen gekauft, damit es egal war, wenn ich mal wieder einen verloren hab, verstehst du?«
Nein, das verstand Ama nicht. Ihre Mutter wusch alles mit solcher Sorgfalt, dass fast noch nie ein Socken verschwunden war. Aber sie schwieg. Das schien Carly allerdings nicht weiter zu stören, sie bemerkte gar nicht, dass Ama ihr nicht antwortete - und zwar schon seit drei Tagen nicht mehr, genauer: seit der Sache mit Noah.
Als Ama wieder aufsah, war das Zelt fix und fertig aufgebaut. Obwohl sie in einer Tour quasselte, war Carly im Zeltaufbauen ziemlich fit.
»Ich bin am Verhungern«, erklärte sie jetzt und gesellte sich zu der Gruppe, die das Abendessen zubereitete.
Ama wanderte allein umher und betrachtete die Ameisenhaufen rechts und links vom Weg.
Mit Ameisen kannte sie sich mittlerweile ziemlich gut aus, sowohl mit den roten wie mit den schwarzen, und achtete immer sehr darauf, ihr Zelt auf keinen Fall in der Nähe eines Ameisenhügels zu errichten.
Sie wollte nicht zur Kochgruppe gehen, weil sie nicht dabei sein wollte, wenn Carly wieder mit Noah flirtete. In den letzten drei Tagen hatte sie viel zu viel Zeit damit verbracht, sich zwanghaft auszumalen, wie Carly und Noah sich heimlich verdrückten, und gar nicht versucht herauszufinden, ob sie es wirklich taten.
Musste Carly denn alle Jungs haben? Wirklich alle? Konnte sie nicht wenigsten einen einzigen übrig lassen?
Aber selbst wenn sie einen übrig gelassen hätte, was hätte ich denn schon gemacht?, dachte Ama. Hätte ich mit ihm geredet? Hätte ich mich neben ihn gesetzt? Wäre ich auch nur zwei Minuten sitzen geblieben, wenn er sich neben mich gesetzt hätte?
Die Antwort hieß Nein, Nein und noch mal Nein - nichts davon hätte Ama getan. Warum also sollte Carly nicht auch noch Noah abschleppen? Carly hatte für alle was übrig, während keiner was für Ama übrig hatte.
Die Nacht war kalt. Sie lag zitternd in ihrem Schlafsack und dachte abwechselnd über das Abseilen und über Carly und Noah nach. Plötzlich tauchte Carly am Zelteingang auf.
Sofort stellte Ama sich schlafend, damit sie nicht mit ihr reden musste, und wieder tat sie sich damit keinen Gefallen. Wie damals hatte Carly jemanden mitgebracht.
War das etwa Noah?
Ama konnte sich nicht bewegen. Eine Zehntelsekunde lang öffnete sie ein Auge und sah dunkle, glatte Haare. Es war Noah! Sie wartete auf den Klang seiner Stimme, während die beiden in das kleine Zelt krochen, wagte es aber nicht, den Kopf zu drehen.
War er es wirklich? Er sagte nichts. Ama litt Höllenqualen, als sie Carly flüstern und kichern hörte. Und dann hörte sie das unverwechselbare Geräusch von Küssen.
Das war zu viel!
Das hielt sie nicht aus.
In einem Anfall von Wut, Eifersucht und Demütigung wickelte Ama ihren Schlafsack um sich und riss mit zitternden Händen den Reißverschluss am Eingang auf. Sie schnappte sich ihren Rucksack und stürzte aus dem Zelt. Sie versuchte,
im Schlafsack zu laufen, stolperte aber und fiel fast hin, also ließ sie den Rucksack fallen und versuchte ungeschickt sich auf den Beinen zu halten.
»Ups. Wahrscheinlich hat sie doch noch nicht geschlafen«, hörte sie Carly im Zelt sagen.
»Wohl kaum«, sagte der Junge - Noah?
Die beiden flüsterten und lachten - Ama musste unbedingt ganz schnell von hier weg. Sie wollte keine Zeit
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