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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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mir, ihn nicht anzusehen. Immer wieder rief ich mir in Erinnerung, dass das, was Van seiner Frau angetan hatte, unverzeihlich und falsch war, auch wenn er es für mich getan hatte. Er war ein kaltblütiger Mörder, und er hatte es verdient, eingesperrt zu werden.
    Die erste Stunde oder so schlug ich mich tapfer. Der Staatsanwalt stellte seine Fragen, und ich antwortete prompt und aufrichtig. Doch als die Zeit verstrich, verschwamm alles ineinander, und meine Stimme begann tonlos und fremd zu klingen, als sage eine Fremde meine Aussage her. Bald wanderte mein Blick zum Tisch der Verteidigung hinüber … und zu Van. Seine aufreizende Sonnenbräune war im Gefängnis verblasst, und sie hatten ihn in einen schlecht passenden, billigen blauen Anzug gesteckt. Nur indem er die Arme beugte, hätte er die Nähte sprengen können.
    Ich erwartete, in seinen Augen Hass oder zumindest Enttäuschung zu sehen, doch ich irrte mich. Van sah mich genauso an wie damals, an jenem Abend in seinem Truck vor der Elks Lodge, als er meine Lify-Pulitzer-Bluse aufgeknöpft hatte. Je mehr ich mich bemühte, diese Augenblicke aus meinem Kopf zu vertreiben, desto lebhafter und erregender wurden sie.
    Dann beging ich einen dummen Fehler. Ich sah seine Hände an, diese unbeschreiblich starken, erfahrenen Hände. Seine Fingernägel waren für den Prozess sauber geschrubbt worden, die Narben jedoch waren noch immer zu sehen -jene geheimnisvollen blassen Zeichen auf seinen Fingerknöcheln. Sie würden sich niemals abwaschen lassen, und ebenso wenig meine Erinnerungen daran, auf welche wundervolle Art und Weise diese Hände mich während unserer vielen gemeinsamen Nächte berührt hatten. Als ich aufblickte, sah ich Van Bonneville versonnen lächeln, und ich wusste, dass er dasselbe dachte. Meine Augen füllten sich mit Tränen, so rasch, dass ich mich an den Richter wandte und ihn bat, die Verhandlung zu unterbrechen …
     
    Boyd Shreave riss die Seite aus Eugenie Fondas Memoiren und wischte sich mit verächtlichem Schwung den Hintern damit ab.
    Hätte er den Mut aufgebracht, Genie zur Rede zu stellen, so hätte sie ihm bereitwillig erzählt, dass die Bestseller-Schilderung ihrer Affäre mit dem berüchtigten Gattinnenmörder geradezu lächerlich aufgebauscht worden war, um den Verkauf anzukurbeln, und dass Van Bonneville eine ungeschickte und absolut vernachlässigenswerte Darbietung abgeliefert hatte, als sie zum ersten und einzigen Mal Sex gehabt hatten. Ahnungslos wie immer, glaubte Shreave jeden einzelnen lüsternen Satz in dem Buch – und litt darunter.
    »Boyd!« Das war Honeys Schrei.
    »Ich bin noch nicht fertig!«
    »Boyd, schnell!«
    »Herrgott noch mal, lassen Sie mich in Ruhe.«
    »Bitte! Ich brauche Sie!« Dann schrie sie auf.
    Unbeholfen schlurfte er aus dem Gebüsch und wurde augenblicklich von dem Gestank nach toten Fischen beinahe niedergestreckt. Unter dem Flammenbaum stand Honey, einen Strick fest um den Hals geschlungen, möglicherweise derselbe, den sie bei ihm benutzt hatte. Er wollte gerade eine beißende Bemerkung machen, als er eine Bewegung hinter ihr bemerkte.
    Es war ein Mann. Das Ende des Stricks war um seinen Brustkorb gebunden und mit einem stabilen Knoten befestigt. Eine Hand war in einen schmutzigen Verband gehüllt, die andere hielt den Ast eines Jiñocoabobaumes.
    »Kann ich dir helfen, Sackgesicht?«, fragte der Neuankömmling.
    Es war dieselbe Stimme, die Shreave mitten in der Nacht aus den Schatten angezischt hatte.
    »Boyd, um Himmels willen«, drängte Honey. »Tun Sie doch was!«
    Shreave blinzelte.
    Der Fremde schielte ihn an. »Schätzchen, wer ist denn dieser Schlappschwanz?«
    Gedemütigt blickte Shreave auf das herunter, was nach einem durch kalte Furcht bedingten Schrumpfprozess noch von ihm übrig war. Er war zu versteinert, um seine Hose hochzuziehen.
    »Boyd, er hat keine Pistole, nicht mal ein Messer. Alles, was er hat, ist ein dämlicher Stock!« Honey zuckte zusammen, als der Mann den Strick verdrehte.
    Sie hatte Recht. Es gab keinen vernünftigen Grund für einen jungen, körperlich gesunden Mann, tatenlos dazustehen und sie von einem taumelnden, besabberten Irren davonschleppen zu lassen. Ganz offensichtlich befand sich der Mann in sehr schlechter Verfassung. Sein aufgedunsenes Gesicht hatte eine grünliche Tönung, seine eingesunkenen Augen waren blutunterlaufen, und er hielt sich seltsam steif, als hätte er starke Schmerzen. Um sein krankhaftes Aussehen noch zu unterstreichen, nagte er wie

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