Sumpfblüten
auf, warf einen Blick auf das Etikett und öffnete es. »Wie viele?«, fragte sie.
»Drei wären nett. Vier wären toll.«
Sie ließ die Vicodintabletten in ihre Handfläche kullern. »Wo wollen Sie sie hinhaben?«
Piejack öffnete seinen Rachen und entrollte eine Zunge, die einer schorfigen braunen Meeresschnecke ähnelte.
»Tun Sie das eklige Ding weg«, wies Honey ihn an. »Weit aufmachen.«
Wie es vorhersehbar gewesen war, schlürfte er nach ihren Fingern, als sie Pillen in seinen Mund fallen ließ. Sie war zu flink für ihn.
Er schluckte die Schmerztabletten ohne Wasser. »Wie viele sind noch übrig?«
»Nur noch eine, Louis.«
»Das ist okay. Mein Kumpel im Drugstore schuldet mir ’ne zweite Ladung.«
»Dann fahren wir also bald nach Hause?«, wollte Honey wissen.
»Ja, Ma’am. Das Boot kann nicht weit sein.«
»Können wir meine Kajaks mitnehmen?«
Da sie ihre teuren Neuerwerbungen nicht zurücklassen wollte, hatte Honey keinerlei Hemmungen, Piejack zu bitten, sie ins Schlepp zu nehmen. Sie fand, das sei das Mindeste, was er tun konnte, nachdem er sie entführt hatte.
»Wüsste nicht, wieso nicht«, erwiderte er und nahm seinen Marsch wieder auf. »Aber vergiss nicht, eine gute Tat verdient ’ne noch bessere. Das heißt, du musst dran glauben, Engelchen.«
Honeys Ansichten über Männer sanken allmählich auf einen Tiefpunkt allerhöchster Abscheu. Der Tag war noch jung, trotzdem war sie bereits von einem seelenlosen Idioten lächerlich gemacht und von einem stinkenden Perversen entführt worden.
»Vielleicht gefällt’s dir ja sogar.« Louis Piejack zwinkerte ihr über die Schulter hinweg zu. »In Sachen Bumsen hat sich noch keine bei mir beschwert.«
Honey konnte es nicht mehr ertragen. »Wissen Sie was? Ich muss mal.«
Piejack blieb stehen. »Na, dann aber schnell«, befahl er.
»Hier – direkt vor Ihnen? Das kann ich nicht, Louis.«
»Okay, ich guck auch nicht hin. Aber das verdammte Seil mach ich nicht ab.«
Sobald er sich umdrehte, tat Honey so, als öffne sie den Reißverschluss ihrer Hose. Nachdem sie eine glaubhafte Hockstellung eingenommen hatte, begann sie den Boden nach etwas abzusuchen, das scharfkantig, schwer oder beides war.
»Ich hör nichts«, brummte Piejack misstrauisch.
»Das ist ganz schön schwer, wenn Sie so dastehen und zuhören«, entgegnete Honey. »Geben Sie mir eine Minute.«
Schließlich fand sie einen knorrigen Korallenklumpen von der Größe einer Grapefruit; das Gewicht war genau richtig. Sie umklammerte es mit der Rechten, erhob sich langsam und zielte auf Louis Piejacks Hinterkopf.
»Du hast gelogen«, sagte er soeben. »Du musst gar nicht pinkeln.«
»Louis, würden Sie bitte den Mund halten, damit ich mich konzentrieren kann?«
»Auf was denn konzentrieren? Das hier ist kein Schachturnier, Engelchen, das is’ nur Freiluftpissen.«
Honey Santana hob den Korallenbrocken, um zuzuschlagen, doch Piejack hatte sich schon halb herumgedreht und schwang den Ast wie einen Mastbaum. Der Schlag traf sie genau auf die linke Gesichtsseite, und sie hörte einen Knochen brechen. Dann zerbarst die Sonne zu einer Million pinkfarbener Regentropfen.
Wie Flamingos, dachte sie, als sie fiel.
Auf dem Heimflug.
Fry war sich sicher gewesen, dass er die Lichtung wiederfinden könnte, wo sein Vater ihm zu warten befohlen hatte, doch die Insel sah im Morgenlicht ganz anders aus. Nach 20 Minuten mäandernden Im-Kreis-Laufens gab er zu, dass er sich verirrt hatte.
»Lass uns mal Pause machen«, schlug Eugenie Fonda vor, deren eigene Navigationskünste mehr für die Großstadt taugten.
Fry setzte den Metallkasten mit der Kamera ab und lehnte sich an eine Mangrove. »Ich fühl mich nicht besonders.«
Als er Eugenie von seinem Skateboardunfall erzählte, meinte diese: »Dein alter Herr hätte dich im Krankenhaus lassen sollen.«
»Wir hatten Angst um Mom.«
»Ich hab sie in Aktion gesehen, Sportsfreund. Die kann auf sich selbst aufpassen.«
»Was haben Sie denn da für ’n glänzendes Ding im Mund?«, wollte Fry wissen.
Eugenie lächelte verlegen. Von einem Jungen in diesem Alter war sie noch nie danach gefragt worden. »’ne Perle«, antwortete sie.
»Ist die echt?«
»Aber hallo.«
»Kann ich mal sehen?«
Sie streckte in sittsamer, sachlicher Manier die Zunge heraus, damit der Kleine nicht auf irgendwelche Gedanken kam. Fry rückte den Footballhelm zurecht, um besser sehen zu können.
»Toll.« Er beugte sich vor. »Hat das wehgetan, als sie das Loch
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