Sumpfblüten
so die demütigende Möglichkeit umschifft, dass der Indianer sich vielleicht geweigert hätte, Sex mit ihr zu haben. Eugenie war solche Zurückweisungen nicht gewohnt, weil sie den Umgang mit Männern nicht gewohnt war, die Charakter besaßen.
Beweisstück A war Boyd Shreave.
Auf der Reueskala hatte Eugenie Fonda inzwischen den »Was hab ich mir bloß dabei gedacht?« -Bereich hinter sich gelassen und bewegte sich auf »Welcher Boyd?« zu. Ihr Affärchen war ein müßiger Fehltritt gewesen, den sie sich selbst eingebrockt hatte, und sie hegte keinen Groll gegen ihn. Tatsächlich hätte es sie fertiggemacht, wenn er von einem Panter angefallen, von einer Korallenotter vergiftet oder auf andere Art draußen in der Pampa gekillt worden wäre.
Doch Eugenie bezweifelte, dass ihrem Boyd ein derart farbenfrohes Schicksal beschieden sein würde. Sie sah ihn eher bei Honey und ihrem Ex darum betteln, ihn zum Festland zurückzubringen, und dann in dem vergeblichen Bemühen, eine Scheidung abzuwenden, nach Fort Worth zurückhasten. Es war leicht, ihn sich wie vom Donner gerührt vorzustellen, wenn Lily Shreave ihm die anschaulichen Foto- und Videobeweise seiner Untreue präsentierte. Ein liebenswerteres Schlitzohr wäre vielleicht noch einmal davongekommen, Boyd jedoch hatte keine Chance. Eugenie hatte keinen Anlass zu hoffen, dass Single und pleite zu sein seine Persönlichkeit oder seine Aussichten im Leben verbessern würden. Boyd war, was er war, und sie hatte ihn bereits hinter sich gelassen.
Kurz nachdem der Hubschrauber in Fort Myers gelandet war, schaffte eine Ambulanz Lester ins Krankenhaus. Eine Rettungshelferin untersuchte Eugenie und Gillian, während ein Unteroffizier der Küstenwache ihre Aussagen zu Protokoll nahm. Gillian sagte, sie sei Wetterberichterstatterin bei WSUK, einem nicht existenten Fernsehsender in Tallahassee. Eugenie, die ihren richtigen Namen Jean Leigh Hill angab, fühlte sich dazu inspiriert, sich als Gillians Videofilmerin auszugeben. Sie hätten sich auf einem Kajakausflug durch die Ten Thousand Islands verirrt, erklärte sie. Um die Story aufzupeppen, erzählte Gillian, sie hätten sich mit Lester angefreundet, welcher beim Nacktbaden von einem Wilderer angeschossen worden war, der ihn für eine Seekuh gehalten hatte. Der mit einer Skimaske vermummte Schütze, fügte sie hinzu, sei in einem silberblauen Rennboot namens »Wet Dream« geflohen.
Der junge Offizier hegte offenbar keinerlei Zweifel an der Geschichte. Er meinte, »Wet Dream« sei der häufigste Bootsname in Florida, gefolgt von »Reel Love« und »Vitamin Sea«. Außerdem sagte er, dass Lester in Wirklichkeit Theodore Dealey hieße und an einer seltenen, unaussprechlichen Krankheit leide. Der Unteroffizier sprach Gillian seine Hochachtung dafür aus, dass sie in den Dismal Key Pass gehechtet war, um Mr. Dealey zu helfen, der sonst ertrunken wäre. Dann erkundigte er sich, ob die beiden Frauen außer dem schießwütigen Wilderer noch jemanden auf der Insel gesehen hätten, und beide antworteten – um den flüchtigen Seminolen zu schützen – mit nein.
Der Beamte sagte, dass sie jederzeit gehen könnten, und erbot sich, ein Taxi zu rufen. Gillian ergriff den Koffer mit Dealeys Videoausrüstung, Gillian nahm den mit der Nikon.
Draußen wurde es allmählich warm, also warteten sie auf dem Parkplatz und ließen sich von der Sonne bescheinen. Gillian gähnte und fragte: »Und, was machen Sie jetzt – nach Texas zurückfahren?«
»Ich weiß noch nicht. Und du?«
»Zurück aufs College, denke ich. Werd mal versuchen, dieses Semester nicht durchzurasseln.«
»Du wirst Tao bestimmt vermissen«, meinte Eugenie.
Gillian lachte. »Er heißt Thlocko. Und, ja, er fehlt mir jetzt schon«, erwiderte sie. »Aber, hey, wenigstens sind wir zu unserer Nummer gekommen. Nur einmal – aber er war echt voll klasse.«
»Toll.« Das war die natürliche Ordnung der Dinge, und Eugenie war nicht im Mindesten eifersüchtig.
»Ich könnt echt ’n ganzes Pferd futtern«, bemerkte Gillian.
»Ich auch.«
»Können Sie mir ein paar Dollar leihen?«
»Alles, was ich habe, ist eine Kreditkarte«, antwortete Eugenie. »Aber du kannst gern mitkommen. Es gibt da sowieso ein paar Sachen, die ich dir sagen muss.«
»Cool. Wo wollen Sie denn hin?«
»Sieht doch aus wie ein schöner Tag für den Strand.«
»Ich bin dabei«, versicherte Gillian. »Und vielleicht eine Runde Verwöhnen im Spa.«
»Oh Mann!«
»Und zum Mittagessen«, verkündete
Weitere Kostenlose Bücher