Sumpfblüten
Angeregt durch ihre missliche Lage, war das Thema sexuelle Belästigung.
An die Redaktion:
Vor kurzem haue ich eine Auseinandersetzung mit meinem Arbeitgeber, Mr. Louis Piejack, der mich am Arbeitsplatz begrapscht hatte. Ich hatte mich zur Wehr gesetzt, um mich zu verteidigen, und danach sofort gekündigt.
Rückblickend hätte ich den Vorfall den Behörden melden und einen Anwalt einschalten sollen, um Mr. Piejack von weiteren Vergehen abzuhalten. Unglücklicherweise hat er seine unerwünschten Annährungsversuche fortgesetzt und hält mich gegenwärtig unter Androhung von Waffengewalt auf einer verlassenen Insel in den westlichen Everglades fest.
Die Lehre, die aus meinen Erfahrungen gezogen werden kann, ist, dass Frauen sich aggressiv gegen mentale und körperliche Einschüchterungen am Arbeitsplatz zur Wehr setzen müssen – nicht nur mit einem Krabbenhammer, sondern auch mit der ganzen Macht des Gesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Honey Santana
Das war ein verdammt guter Brief, fand sie; knapp und unaufgeregt, so, wie die Zeitungen es gern hatten. Hätte sie Papier und Stift gehabt, so hätte sie ihn niedergeschrieben.
»Bist du bereit, Engelchen?«, fragte Piejack benommen. Die Schmerztabletten taten ihr magisches Werk.
»Wofür, Louis?«
»Für eine Fahrt mit meinem Boot.«
Er lag platt neben ihr und besudelte einen ansonsten prachtvollen Morgen. So lange hatte er sich nicht gerührt, dass die Feuerameisen still in ihr feuchtes Versteck im Innern seines Verbandes zurückgekehrt waren. In einer Tasche hatte Piejack noch eine Wasserflasche gefunden, hatte aber vergeblich versucht, sie zu öffnen. Teilnahmslos sah er zu, wie Honey die ganze Flasche austrank. Sie war froh, den Strick los zu sein, war sich jedoch der abgesägten Schrotflinte nur allzu bewusst, die sich Piejack aufrecht zwischen die Beine geklemmt hatte.
»Schau mal, ich brauch gar keine Hände.« Er ruckte mit den Hüften, damit sich der Lauf bewegte.
»Bewundernswert«, meinte Honey.
»Wenn du glaubst, das hier ist ein Monster, dann warte mal, bis du den alten John Henry zu sehen kriegst.«
»So haben Sie Ihren Schwanz genannt?«, Honey lachte. »Tut mir leid, Louis, aber das ist echt dürftig.«
Er hob den Kopf. »Weißt du was Besseres? Ich nenn ihn, wie du willst.«
»Okay«, sagte Honey. »Wie wär’s mit Charlemagne?«
Piejack schnaubte. »Klingt wie ’ne Tussi.«
»Das war ein König, Louis.«
»König von was?«
Jetzt, wo Piejack halb bedröhnt war, hatte Honey beschlossen, sich die kurze Schrotflinte zu schnappen.
»Er war König der Franken«, erklärte sie.
»Wieso nennst du meinen Pimmel dann nicht einfach Frank? Das kann man leichter sagen.«
»Weil Charlemagne sich besser anhört«, erwiderte Honey. »Schärfer.«
Piejack lächelte. »Da stehst du drauf, wie?«
Er pumpte zweimal mit den Hüften, so dass die Flinte wackelte. Die Waffe war klein genug, dass Honey sie handhaben könnte.
»Er war Herrscher über Westeuropa, Louis. Kaiser der Römer«, sagte sie. »Wie wär’s mit noch einer Tablette?«
Mit seiner unverletzten Hand hob Piejack den Strick auf. Seine Augenlider wurden schwer, und sein Kopf begann zu schwanken. »Charlie Main«, murmelte er. »Is’ ja gar nicht so schwer.«
»Wollen Sie jetzt das letzte Vicodin oder nicht?«
»Klar. Die Flasche ist in meiner Hosentasche«, erwiderte er. »Aber zuerst musst du da unten noch was anderes für mich erledigen. Verstehst du, ich hab da so ’n ganz besonderes Jucken, und ich kann nicht kratzen, weil meine Finger versaut sind.«
»Kommt nicht in Frage«, wehrte Honey ab.
»’s sind Charlie Mains Jungs.«
»Ja, das hab ich mir gedacht.«
»Ach, komm schon. Da ist so ’n komischer Ausschlag dran«, bat er.
Honey rutschte näher, und sein Gestank ließ sie fast würgen. »Seien Sie ein braver Junge und nehmen Sie schön Ihre Medizin. Hier, ich helfe Ihnen mit dem Fläschchen.«
Sie beugte sich über ihn, als wolle sie in seine Tasche greifen, und packte dann die abgesägte Schrotflinte mit beiden Händen. Sie riss daran, doch der Lauf rührte sich nicht – Piejack hatte die Oberschenkel um den Kolben geklemmt. Honey war schockiert über seine Kraft und seine schnellen Reflexe.
Er fluchte und rollte sich nach rechts, wobei er sie quer über seinen Oberkörper zerrte. Die Mündung der Schrotflinte bohrte sich hart in den Boden, so dass beide die Waffe nicht mehr richtig fassen konnten. Als Honey sich überschlug, hörte sie einen
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