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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Eugenie, »eine Schale französische Zwiebelsuppe.«
    »Sie sind ’ne Heldin«, sagte Gillian. »Genau darüber will ich mit dir reden.«
     
    Im Wipfel seines Baumes ging Boyd Shreave im Geiste die Höhepunkte seiner Telemarketing-Karriere durch:
    Troy Marchtower, 73 Jahre alt, der die letzten seiner 401 Riesen in 65 Hektar aufgegebene Sojafelder in der Nähe von Gulfport in Mississippi gesteckt hatte, in der Erwartung (dank Shreaves Verkaufsvortrag), dass das Gelände mit hochpreisigen Villen in Küstenlage bebaut werden würde. Hurrikan Katrina machte Gulfport kurz darauf dem Erdboden gleich, und Marchtowers Grundbesitz lag unter zwei Metern toxischem Schlamm begraben, eine unerquickliche Entwicklung, die für Shreave nicht absehbar gewesen war (und die ohnehin unter die »Höhere Gewalt« -Klausel fiel, die den Verkäufer vertraglich von Schadensersatzverpflichtungen entband).
    Mr. und Mrs. Clement Derr, denen Shreave eine Zusatzkrankenversicherung verkauft hatte, die pro Woche satte 137 Dollar 20 kostete. Bedauerlich für die Derrs war, dass die Versicherung nur Behandlungen gegen Cholera, Ebola, Chikungunya-Fieber, Trypanosomiasis und sechs weitere Tropenkrankheiten abdeckte, von denen ein Ehepaar Mitte achtzig in Skowhegan, Maine, wahrscheinlich nicht befallen werden würde.
    Mrs. Rosa Antoinette Shannon, die so empört gewesen war zu erfahren, dass Hillary Clinton heimlich plante, alle in Privatbesitz befindlichen Feuerwaffen zu konfiszieren, dass sie Boyd Shreave höchst patriotisch die Nummer der Platin American Express Card ihres Mannes aufsagte und einer republikanischen Organisation namens »Amerikaner für uneingeschränkte Notwehr«, die Relentless als Spendenbeschaffer angeheuert hatte, 25000 Dollar überschrieb. Rosas Spende wurde hurtig zurückgegeben, als sich herausstellte, dass ihr Ehemann niemand anderes war als Marco »Twinkie« Shannon, der größte Importeur für mexikanisches Heroin an der ganzen Ostküste. Seine unappetitliche Vergangenheit kam in einer persönlichen Korrespondenz aus der Strafanstalt East Jersey State Prison ans Licht, wo er 20 Jahre absaß, weil er zwei Geschäftspartnern auf der Driving Range von Pine Valley die Kniescheiben zertrümmert hatte. In einem handschriftlichen Brief, der der Washington Post zugespielt worden war, schlug Mr. Shannon unter Bedauern – angeblich wegen einer bereits bestehenden Verpflichtung – eine Einladung aus, zusammen mit anderen Spendern das Weiße Haus zu besuchen und sich mit der First Lady und ihrem Scotchterrier fotografieren zu lassen.
    Alle drei Deals waren von Shreaves Vorgesetzten abgeschlossen worden, doch da er derjenige gewesen war, der die gutgläubigen Trottel eingeseift hatte, sprach Shreave sich den gesamten Verdienst und jeglichen Ruhm daran selbst zu. Wenn Relentless ihn nicht wieder einstellen wollte, dann würde es bestimmt irgendein Konkurrenzunternehmen tun.
    Die augenblickliche Herausforderung bestand allerdings darin, von der Insel zu entkommen. Während der Vormittag langsam verstrich, kam sich Shreave immer weniger wie ein »Survivor« und mehr wie Gilligan vor. Es widerstrebte ihm zu versuchen, von dem Flammenbaum herunterzuklettern, zum Teil, weil er seiner Balance nicht traute, und zum Teil, weil er sich in den Ästen sicherer fühlte als auf dem Boden. Zusätzlich zu einem beängstigenden Sortiment an wilden Tieren trieben sich noch mindestens zwei gefährliche Strolche hier herum – dieser stinkende Penner, der Honey Santana gekidnappt hatte, und der unsichtbare Indianer, mit dem Eugenie Fonda angeblich durchgebrannt war. Boyd Shreave verspürte keinerlei Verlangen, es mit einem von beiden zu tun zu bekommen.
    Beinahe ebenso furchterregend war das Kaktus-Dilemma: Direkt unter Shreaves Sitz wucherten Feigenkakteen. Ein unbedachter Schritt, eine Windbö – und er würde aufgespießt wie eine Grille auf einem Stacheldrahtzaun. Beim Anblick der langen hellen Nadeln an den lockenden grünen Pflanzenwülsten erbleichte er und dachte: Nicht schon wieder. Wieder durchlebte er jenen unheilvollen Besuch in Arlington als Vertreter für orthopädische Einlagen, wie die alte Krähe ihm praktisch mit ihrer Sauerstoffflasche ein Bein gestellt und dann gekichert hatte, als er mit dem Schritt voran in ihren eingetopften Zwerg-Saguarokaktus gefallen war. Die Nadelspuren in seinem Schambereich mochten verblasst sein, die grässliche Erinnerung jedoch nicht.
    Shreave schlang die Arme um den Flammenbaum und beschloss, nicht

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