Sumpfblüten
feuchten Traum eines Recyclingunternehmers.
Sammy Tigerrail zeigte auf den Galusa-Schalenhügel. »Ihr Lager ist auf der anderen Seite.«
Skinner rannte den Hang hinauf; der Seminole war zwei Schritte hinter ihm. Oben angekommen, deutete Sammy Tigertail auf eine Lichtung 50 Meter entfernt. Sie sahen zwei Zelte, jedoch kein Zeichen von Honey oder dem Texaner.
Skinner war schon halb den Hügel hinunter, als er merkte, dass er allein war; der Seminole hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
»Was ist los?«, rief Skinner.
Sammy Tigertail winkte ihm zurückzukommen, und Skinner joggte wieder hinauf. Es gab keine einfache Möglichkeit, es ihm beizubringen, also sagte der Indianer es geradeheraus: »Er ist nicht tot, Mr. Skinner.«
»Wer ist nicht tot?«
»Der Typ, dem ich eins mit dem Gewehrkolben verpasst habe. Der mit der verbundenen Hand, von dem Sie gesagt haben, er ist hinter Ihrer Frau her. Ich hab Ihnen gesagt, ich hätte ihn getötet, aber das stimmt wohl doch nicht.«
Skinner packte Sammy Tigertail am Arm. »Woher weißt du das?«
»Weil das hier die Stelle ist, wo ich ihn plattgemacht habe. Er ist in die Kakteen da drüben gefallen und jetzt ist er weg.«
»Zeig’s mir.«
Der Indianer ging voran zu der Stelle, wobei er die dornigen Pflanzen sorgfältig mied. Skinner bemerkte etliche zerdrückte Blätter und mehrere abgerissene Stofffäden.
»Vielleicht hat jemand die Leiche weggeschafft«, sagte er leise.
»Nein, Sir, das glaube ich nicht.« Sammy Tigertail zeigte auf eine Furche, wo etwas Großes den Austernschalenhügel hinunter und in den Bierdosenhaufen gerutscht war.
»Wie eine Alligatorschleifspur«, sagte der Indianer. Nistende Alligatoren gruben ähnliche Furchen, indem sie immer wieder zum Wasser und wieder zurück krochen. Diese hier stammte von einem Menschen.
Rasch suchte Skinner die Bierdosenkuhle ab. Er entdeckte eine Reihe unverwechselbarer Spuren, die einen weiteren Hang hinaufführten, Abdrücke von Knien und Ellenbogen.
»Der Scheißkerl krabbelt«, stellte er fest.
Sammy Tigertail hegte gemischte Gefühle. Er war erleichtert, dass er den weißen Mann nicht umgebracht und einen weiteren lästigen Totengeist losgelassen hatte. Gleichzeitig tat es ihm leid, dass der Kerl noch immer herumlief und Ärger machen konnte.
»Wie heißt der Typ noch mal, Mr. Skinner?«
»Piejack.«
»So schwer, wie der verletzt ist, kommt er nicht weit.«
»Braucht er auch nicht. Wie du gesagt hast, es ist eine kleine Insel.« Perry Skinner zog die 45er aus dem Hosenbund und entsicherte sie. »Sammy, ich hab vergessen, mich dafür zu bedanken, dass du meinen Sohn gefunden hast.«
»Er ist ein netter Junge«, meinte der Seminole.
»Es würde ihn kaputtmachen, wenn seiner Mom etwas passiert.«
»Oder Ihnen, Mr. Skinner.«
Mit der Waffe in der Hand verschwand Frys Vater über der Kuppe des Calusahügels. Sammy Tigertail sprintete hinter ihm her, und Staub aus uralten Muscheln und Kriegergebeinen stieg unter seinen Füßen auf.
23. Kapitel
Während der Helikopter in Richtung Norden die Küste hinaufknatterte, schaute Eugenie Fonda stirnrunzelnd aus dem Fenster. Ehen hatte sie noch Silberreiher wie Konfetti über einem Teppich aus Mangroven auseinanderstieben sehen, dann hatte sich die Landschaft abrupt in ein ödes Schachbrett aus Parkplätzen, Wohntürmen und Vororten verwandelt. Eugenie hatte mit einem Aufwallen der Erleichterung beim ersten Anblick der Zivilisation gerechnet, stattdessen jedoch empfand sie Schwermut.
Gillian schäkerte mit einem der Männer von der Küstenwache herum, während sich ein anderer um den Privatdetektiv kümmerte. Bei dem Lärm der Turbinen bekam Eugenie überhaupt nichts mit, was ihr auch recht war. Ihre Gedanken wandten sich dem Jungen mit dem Footballhelm zu, Honeys Sohn. Eugenie versuchte, sich vorzustellen, wie es wohl wäre, in einem Kaff wie Everglades City zu leben, wo es keine Jamba-Juice-Saftbars, keine Olive-Garden-Italiener und keine Blockbuster gab, wo lediglich ein Sumpf für Unterhaltung sorgte, der größer war als Dallas.
Fry schien ein ziemlich normales Kind zu sein, dachte sie. Und auch ein glückliches Kind. Bestimmt würde sein alter Herr ihn bald finden und ihn zum Arzt schaffen.
Außerdem dachte Eugenie über den hochgewachsenen, blauäugigen Seminolen nach. Sie war froh, dass sie nicht versucht hatte, ihn zu verführen, um von der Insel wegzukommen, denn das hätte Gillian verletzt, die ihr ans Herz gewachsen war. Außerdem hatte sie
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