Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
keine Pickel«, erklärte Gillian und deutete auf ihre Wangen. »Das sind Moskitostiche. Ich bin allergisch.«
    »Bitte halt den Mund.«
    »Schau mal, ich bin auch ein Seminole!« Mit neckischem Lächeln warf sie den Schlafsack ab, um ein schlabberiges Sweatshirt zur Schau zu stellen. »Fighting Seminoles FSU« prangte der Name der Sportmannschaften der Florida State University in großen dunkelroten Buchstaben auf der Vorderseite.
    Das war zu viel für Sammy Tigertail. Er ließ das Kanu los, ging zu dem Mädchen und berührte seinen Hals mit der Hand, um sicherzugehen, dass es kein Geist war. Seine Haut war warm, und es roch nach schalem Bier und Marihuana.
    »Schule ist ätzend«, sagte sie.
    »Nicht mein Problem.«
    »Ich studiere Grundschulpädagogik. Was hab ich mir bloß dabei gedacht?«
    »Hörst du eigentlich nie auf zu reden?«, fragte Sammy Tigertail.
    Er schubste das Kanu ins Wasser und watete hinterher, richtete den Bug in die leichten Kabbelwellen. Vorsichtig legte er das Gewehr zwischen die Sitzbänke und schickte sich an hineinzuklettern.
    »Und wo willst du hin?«, erkundigte sich Gillian.
    »Mir eine neue Insel suchen.«
    »Ach ja? Dann brauchst du vielleicht das hier.« Sie hielt das Paddel hoch.
    Sammy Tigertail stöhnte.
    »Ich kannte mal ein Mädchen aus unserer Studentenverbindung, die, die mich dazu überredet hat, auf Grundschullehrer zu studieren«, sagte Gillian. »In ihrem letzten Studienjahr war sie in den Frühjahrs-Semesterferien in Panama City. Und eines Abends hat sie sich total volllaufen lassen, okay? Als da also die Crew von ›Girls Gone Wild‹ in der Bar aufkreuzt, so eine Videotruppe, da springt sie auf einen Stuhl und zeigt ihre Titten. Und sie war so scharf, dass sie sie in dem Video gezeigt haben – ›Girls Gone Wild‹ Nummer sechs. Hast du das mal gesehen?«
    Sammy Tigertail schüttelte den Kopf.
    »Nach dem Studium soll sie also in ’ner sechsten Klasse unten in Delray unterrichten, okay? In der ersten Woche bringt irgend so ein Klugscheißer von Schüler das Video mit und tauscht es heimlich gegen eins über die Schlacht bei Gettysburg aus. Und der kleine Scheißer ist erst elf! Was sagt man dazu?« Gillian war empört. »Na, jedenfalls, da ist also das Mädchen aus unserer Verbindung auf dem Bildschirm, und die ganze Klasse sieht, wie es seine Möpse schüttelt. Kannst du’s raffen, dass sie sie gefeuert haben? Und der Bengel, der das Video vertauscht hat, der brauchte bloß nachzusitzen!«
    »Gib mir das Paddel«, sagte Sammy Tigertail.
    »Ich will deine Geisel sein.«
    »Ich brauche keine Geisel. Ich brauche Ruhe.« Er platschte zurück an den Strand und zog das Kanu hinter sich her.
    Gillian wich zurück. »Und was ist, wenn ich losschreie und alle aufwecke? Hast du genug Kugeln für uns alle, Tonto?«
    Die ist nicht wie Cindy, dachte Sammy Tigertail. Die ist schlimmer.
    »Steig in das Kanu«, befahl er.

7. Kapitel
    Enttäuschung war der Treibstoff, der Della Shreave Renfroe Landrys alternde Kolben in Gang hielt. Enttäuschung durch den Vater, der sich seine Pension von Shell Oil früh hatte auszahlen lassen und jeden Dollar in die kurzlebige Delorean Motor Company investiert hatte. Enttäuschung durch die Mutter, die sich geweigert hatte, ihre geerbten Ohrringe zu verpfänden und Della auf eine Nobelschule zu schicken, die von hochgewachsenen, muskulösen Ölmagnaten-Söhnen favorisiert wurde. Enttäuschung durch die drei aufeinanderfolgenden Ehemänner, die gestorben waren, ohne Della reich und sorgenfrei zurückzulassen. Enttäuschung durch die eine Tochter, die durchgebrannt war, um einer Rockband namens Phish hinterherzufahren und dann einen Strafverteidiger geheiratet hatte, der ein bekannter Demokrat und möglicherweise Jude war. Durch die andere Tochter, die eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht und sich dann, anstatt sich den ersten verfügbaren Neurochirurgen unter den Nagel zu reißen, mit der World Health Organization eingelassen hatte und nach Kalkutta gezogen war.
    Und Enttäuschung – verzehrende und bodenlose Enttäuschung – durch ihren einzigen Sohn, der es nach 35 Jahren nicht geschafft hatte, sich beruflich oder gesellschaftlich hervorzutun und in Delias verhärteten Augen nicht einen Hauch von Ehrgeiz an den Tag legte.
    »Sag bloß nicht, du bist schon wieder rausgeflogen«, sagte sie, als er gegenüber von ihr am Tisch Platz nahm.
    »Um genau zu sein, ich werde befördert«, entgegnete Boyd Shreave und wandte sich dann an den

Weitere Kostenlose Bücher