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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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beobachtet hatte, hatte nie jemand eine Waffe auf Dealey gerichtet, geschweige denn eine Schrotladung an seinem Kopf vorbeigefeuert. Louis Piejack war nicht nur rachsüchtig, sondern auch übergeschnappt, eine nicht eben viel versprechende Kombination.
    »Ich kann nicht besonders gut schwimmen«, warnte Dealey Piejack, als sie in das Flachboot stiegen.
    »Ihr Pech.«
    Dealeys Hörvermögen war zurückgekehrt, daher war nichts Unklares an Piejacks Antwort.
    »Wieso warten wir nicht, bis Honey zurückkommt?«, schlug der Detektiv vor. »Was soll ich denn für sexy Fotos machen, wenn sie in einem Kajak paddelt?«
    »Halten Sie Ihre fette Fresse«, knurrte Piejack.
    Dealey positionierte die beiden großen Kamerakoffer auf seinem Schoß, um seine lebenswichtigen Organe vor einem weiteren Schuss zu schützen, sei er nun absichtlich oder versehentlich abgefeuert worden. Während das kleine Boot flussabwärts fuhr, verlegte er sich auf die Strategie, sich zum Schein mit Piejack anzufreunden, damit der Mann in seiner Wachsamkeit nachließ.
    »Was genau ist denn mit diesen Steinkrabben passiert?«, erkundigte sich Dealey in glaubhaft mitfühlendem Tonfall. Er konnte nicht aufhören, die Fingerspitzen des Mannes anzustarren, die wie schmutzige Kreidestückchen aus dem Mull ragten. Irgendetwas stimmte da nicht.
    »Das waren diese gottverfluchten Kubaner, die Honeys Ex-mann angeheuert hat, der Scheißer. Die haben meine Hand in ’ne volle Reuse gesteckt, und die Scheißkrabben haben sich drüber hergemacht«, berichtete Piejack. »Ich weiß, dass er’s war, weil, zuerst mal spricht er echt gut Kubanisch. Und dann ist er eifersüchtig, weil ich auf Honey stehe.«
    »Klingt logisch«, meinte Dealey.
    »Und dann, als sie mich operiert haben, hat irgend so ’n Arzt Scheiße gebaut und mir die Finger total falsch angenäht. Schau ’n Sie mal.«
    Louis Piejack hielt etwas hoch, das wie ein kleiner Finger aussah, der dort saß, wo der Daumen hingehörte. Der Anblick ging Dealey durch und durch, wenngleich er sich nicht sicher war, ob er irgendetwas von der Geschichte des Mannes glaubte. Piejack schien durchaus zur Selbstverstümmelung fähig.
    »Ich hab mir ’n fitten Anwalt besorgt, keine Angst«, fuhr dieser fort. »Wenn Sie in ’nem Jahr wiederkommen, gehört dieses Scheißkrankenhaus mir.«
    »Können Sie sich denn keinen anderen Arzt suchen, der die Finger wieder da annäht, wo sie hingehören?«
    »Könnte ich wohl. Aber ich warte erst mal ’n bisschen und schau, wie’s damit klappt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich mein, vielleicht mag Honey mich ja so lieber.« Piejack versuchte erfolglos, mit dem deplatzierten kleinen Finger zu wackeln. »Versteh’n Sie?«
    Dealey nickte freundlich und dachte: Was für ein Irrer.
    Es war verlockend, Lily Shreave die Verantwortung für seine missliche Lage zuzuschieben, doch Dealey wusste, dass es seine eigene Schuld war. Lily war bloß reich und verschroben; er hätte ohne weiteres nein zu dieser Floridareise sagen können. Habgier, schlichte und simple Habgier, hatte ihn in diesen Schlammassel geraten lassen.
    »Eins muss ich sagen: Die Ärzte ha’m mir echt tolle Schmerzmittel verpasst«, bemerkte Piejack, als sie an ein paar Fischerbooten vorbeituckerten.
    »Ja, was denn?«
    »Vicodin«, antwortete Piejack. »Aber ich hab gleich am ersten Tag das ganze verdammte Glas leer gefressen! Zum Glück kenn ich da ’n Apotheker in Naples – der hat mir hundert Tabletten gegeben, für fünf Pfund Schwertfisch.«
    Wunderbar, dachte Dealey. Der Mann ist nicht nur geisteskrank, er nimmt auch noch zu viel Medikamente. Dazu noch die geladene Schrotflinte, und die Party kann losgehen.
    »Wenn’s Ihnen nicht gut geht, kann ich ja eine Weile steuern«, erbot er sich.
    »Ja, klar.« Piejack hustete einmal und spuckte über Bord.
    Dealey drehte sich auf seinem Platz um, um zu sehen, wo der Verrückte mit ihm hinfuhr. Bald mündete der braune Strom in eine breite, stille Bucht, die von Bäumen gesäumt wurde. Kein Hotel und kein Hochhaus waren zu sehen, was Dealey überraschte. Piejack ließ den Motor aufheulen, und das Boot wurde schneller. Dealey umklammerte seine Kamerakoffer und schauderte im plötzlichen kühlen Fahrtwind.
    »Also, wo zum Teufel sind sie?«, überlegte Piejack. Seine Stimme wurde lauter, um das Jaulen des Motors zu übertönen.
    Vor ihnen sah Dealey Vögel herabstoßen und silberne Fische springen, jedoch keine Kajaks auf dem Wasser.
    »Vielleicht sind sie schon umgekehrt«,

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