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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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die Augen öffnen und diesem überheblichen Gehabe ein Ende machen. Boyd Shreave würde gedemütigt und bereichert zurückkehren. Davon hatte Honey sich selbst fest überzeugt, und der Gedanke, dass ihre Mission schon auf der Abschussrampe fehlschlagen könnte, weil seine Freundin streikte, war niederschmetternd.
    Dann kamen Boyd und Eugenie aus dem Wohnwagen – er trug einen neuen Hut im Indiana-Jones-Look, sie schmierte sich mürrisch Sonnenschutzcreme ins Dekolleté. Vor Erleichterung wurde Honey fast schwindlig. Wortlos half das Paar ihr, die Kajaks aufs Auto zu wuchten und sie nach einigen Mühen festzuzurren. Shreave legte eine beeindruckende Unfähigkeit an den Tag, Knoten zu knüpfen, doch es machte Honey nichts aus, die Spanngurte neu zu befestigen. Sie war erstaunt, dass Shreave Blasen und Insektenstiche dem dekadenten Ritz-Carlton-Szenario vorzog, und sie fragte sich, ob sie sich in ihm geirrt hatte. Die Zeit würde es zeigen.
    »Das ist aber ’ne Masse Zeugs für einen Tagesausflug«, bemerkte er, als sie die Taschen auf den Rücksitz wuchteten.
    »Allzeit bereit«, erwiderte Honey leichthin.
    »Jetzt hört sie sich schon an wie du«, knurrte Eugenie, an ihren Freund gewandt.
    Sie ließen die Kajaks neben dem Rod and Gun Club zu Wasser. Eugenie nahm die Schwimmweste, die Honey ihr anbot, dankbar an, Shreave jedoch sagte, er brauche keine, und wartete mit etlichen gebrochenen Rekorden in seiner Highschool-Schwimm-mannschaft auf. Eugenie tat nicht mal so, als glaubte sie die Geschichten, und Honey hatte Mühe, keine Miene zu verziehen, als Shreave ausrutschte und auf dem Hintern die Bootsrampe hinunterschlitterte. Der verängstigte Ausdruck in seinen Augen war nicht der eines Mannes, der eins mit dem Wasser ist.
    Fast ohne Streit entschieden er und seine Freundin sich für das gelbe Kajak. Honey hielt es fest, während sie an Bord klommen. Nach einigen kitzligen Momenten hatten sie ihre Plätze eingenommen – Boyd im Heck und Eugenie am Bug –, und Honey ließ sie in die Strömung hinausgleiten. Dann stieg sie rasch in das andere Kajak und folgte ihnen.
    Die Flut lief rasch aus, was verheißungsvoll war. Auf einem tiefen Fluss stromabwärts zu paddeln hätte selbst einem Amateur mühelos gelingen sollen. Doch gleich von Anfang an begann das gelbe Kajak, auf einem erratischen Zickzackkurs hin und her zu taumeln. Ehe Honey es einholen konnte, rammte es in ein Mangrovengewirr am anderen Ufer. Shreave fluchte so laut, dass er einen Silberreiher und einen Schwarm grauer Pelikane aufscheuchte. Als Honey am Schauplatz des Geschehens eintraf, sah sie Eugenie wie wild mit ihrem Paddel nach Spinnennetzen schlagen und Shreave seinen neuen Hut dazu benutzen, sein Gesicht vor dem Hagel aus abgebrochenen Zweigen und Blättern zu schützen.
    Honey schämte sich für ihr Getöse, das einen ansonsten wunderschönen Morgen getrübt hatte. Sie vertäute den Bug des gelben Kajaks mit dem Heck des ihren und schleppte die beiden mit einiger Mühe aus den sie umschlingenden Bäumen heraus. Es waren nur noch knapp über 100 Meter bis zur Flussmündung, hinter der die Chokoloskee Bay glatt wie ein Spiegel dalag.
    Als sie offenes Wasser erreichten, machte Honey das andere Kajak los und sah zu, wie es abermals unter Shreaves steuernder Hand wild hin und her pendelte. Von ihren Ausflügen mit Perry Skinner her erinnerte sie sich, dass der schwächere Paddler immer im Bug sitzen sollte, und darin bestand das Problem: Shreaves Freundin war eindeutig die Stärkere der beiden. Da sie wusste, dass er nicht gelenkig genug war, um den Platz zu tauschen, ohne das Boot zum Kentern zu bringen, riet sie ihnen, dass Eugenie nicht ganz so kräftig paddeln sollte.
    »Ja, ich hab versucht, ihr zu zeigen, wie’s geht, aber sie hört ja nicht zu«, ließ sich Shreave vernehmen.
    »Weil du eine Flasche bist.« Eugenie zupfte noch immer taufeuchte Spinnennetzfäden aus ihrem Haar. »Meine neunzigjährige Oma kann besser paddeln als du, Boyd.«
    Honey Santana begann ferne Echos zu hören, also hielt sie sich die Ohren zu und schloss die Augen. Bald war die gefürchtete Musik zu hören – es klang wie Celia Cruz, die ihre Eltern heiß und innig liebte, und möglicherweise Nine Inch Nails als Hintergrundmusik. Honey atmete tief durch, so wie es ihr zahlreiche Therapeuten empfohlen hatten. Wenn die beiden doch nur aufhören würden zu streiten, dachte sie. Sie machen alles kaputt.
    »Was machen Sie denn da drüben?«, brüllte Shreave.
    Zuerst begriff

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