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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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du da?«, wollte Eugenie wissen.
    »Ein Buch.« Er war schwer versucht, ihr das Cover von Storm Ghoul zu zeigen.
    »Muss ja gut sein«, bemerkte sie.
    »Eigentlich nicht. Ist ziemlich langweilig.«
    Den Liebesbrief des Baumpflegers zu lesen deprimierte Boyd Shreave, allerdings nicht wegen der Kindergarten-Orthographie, nicht einmal wegen der lüsternen Anspielung auf Eugenies sexuelle Energie. Shreave hatte einen Durchhänger, weil der Brief schwarz auf weiß klarstellte, dass Van Bonneville ein Mann der Tat war. Der Kerl hatte sein schriftliches Gelübde erfüllt, wie unbeholfen es auch formuliert gewesen war. Er war tatsächlich losgezogen und hatte seine Frau getötet, um den Rest seines Lebens mit der Frau seiner Träume zu verbringen.
    Sicher, er war ein Trottel, aber er war kein Schwätzer. Er war ein Mann, der zu seinem Wort stand.
    Was mehr war, als Shreave von sich behaupten konnte.
    Er machte die Taschenlampe aus, schlug die Wolldecke zurück und folgte Eugenie Fonda zum Lager, wo er ihre Lebensbeichte unauffällig in seiner Tasche verschwinden ließ. Die Irre namens Honey hatte einen Kessel übers Feuer gehängt.
    »Grünen Tee?«, fragte sie.
    Shreave grinste höhnisch. »Wohl kaum.«
    »Da war ein Waschbär da drüben in den Bierdosen«, berichtete Eugenie und zeigte den Hügel hinauf. »Ein Riesenvieh, so hat’s sich jedenfalls angehört.«
    »Vielleicht hat der ja unsere Kajaks geklaut«, bemerkte Shreave sarkastisch.
    »Außerdem dachte Honey, sie hätte eine Gitarre gehört.«
    »’ne Gitarre, ja?« Shreave warf eine zerbrochene Austernschale in die Flammen. »War’s auch ganz sicher keine Harfe? Vielleicht sind wir ja alle tot, und das hier ist der Himmel? Das wär mal wieder typisch mein Pech.«
    Honey reichte Eugenie eine dampfende Tasse. »Boyd hat Recht, wahrscheinlich war’s gar nichts. Das war bloß in meinem Kopf«, sagte sie leise.
    Eugenie erkundigte sich nach Pantern. Honey sagte, auf dem Festland gäbe es ein paar wilde Exemplare. »Aber nur wenige. Sie sind fast ausgestorben.«
    »Na, das wäre ja eine Tragödie«, brummelte Shreave.
    »Die fressen keine Menschen, falls Sie davor Angst haben.«
    Shreave lachte dünn. »Das Einzige, wovor ich Angst habe, ist, mich zu Tode zu langweilen. Ich nehme mal an, ihr beide habt euch keinen Plan ausgedacht.«
    »Doch, klar«, gab Eugenie zurück. »Unser Plan ist, alle deine dämlichen Kommentare zu ignorieren.«
    Honey hob die Hand. »Psst. Hören Sie das?«
    »Beachte sie gar nicht«, wies Shreave Eugenie an. »Die ist völlig bekloppt, für den Fall, dass du’s noch nicht gemerkt hast.«
    Honey merkte an, wie anders Boyd sich angehört hätte, als er angerufen hatte, um ihr ein billiges Stückchen von Gilchrist County zu verkaufen. »Sie haben eine wunderschöne Stimme, wenn Sie lügen«, meinte sie. »Ansonsten sind Sie bloß ein weinerlicher alter Schleimscheißer.«
    Eugenie lachte so sehr, dass grüner Tee zwischen ihren Schneidezähnen hervorsprühte. Shreave kochte vor Wut, hatte jedoch nicht viele Möglichkeiten. Honey leerte den Kessel über das Feuer und sagte, es wäre Zeit, schlafen zu gehen.
    »Morgen wird ein harter Tag«, verkündete sie. »Wir werden die ganze Insel absuchen, bis wir die Kajaks finden.«
    »Und was ist, wenn sie nicht hier sind?«, fragte Eugenie.
    »Dann schwimmen wir wohl los. So oder so, Sie werden Ihren Schlaf brauchen.«
    Nachdem klar war, dass Eugenie nicht die Absicht hatte, sich seinem verwundeten Glied zu widmen, zerrte Shreave seinen Schlafsack aus dem Zelt und legte sich dichter ans Feuer. Er hatte das erste Mal vor 20 Jahren gezeltet, während eines kurzen Gastspiels bei den Pfadfindern. Seine Mutter hatte ihn dort angemeldet, als Teil ihrer andauernden (und letzten Endes vergeblichen) Bemühungen, ihrem einzigen männlichen Kind zu Charakter zu verhelfen. Fast vom ersten Moment an hatte Jung Boyd die anderen Pfadfinder mit seinen bissigen Bemerkungen und seiner Verachtung für körperliche Arbeit gegen sich aufgebracht. Als der Trupp das erste Mal zelten ging, war Shreave zu Recht als der Gruppenfaulpelz bekannt. Nicht lange nach Mitternacht öffnete ein jugendlicher Scherzkeks seinen Schlafsack und setzte ein junges Gürteltier hinein, das unschuldig begann, in Shreaves Achselhöhlen nach Larven zu stöbern. Dieser reagierte darauf, indem er auf das verwirrte Tier eindrosch, bis es verendete, ein Delikt zweiten Grades, das dazu führte, dass der Trupp des Naturschutzgebietes verwiesen und Boyd

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