Sumpfblüten
Mrs. Shreave. Hier draußen gibt’s zehntausend gottverdammte Inseln, und ich sitze auf einer davon fest.«
»Mit meinem Fünfundzwanzigtausend-Dollar-Sexfilmchen.«
»Genau«, bestätigte Dealey.
»Darf ich fragen, wie Sie dort hingeraten sind?«
»Unter Androhung von Waffengewalt«, antwortete Dealey.
»Grundgütiger«, stieß Lily Shreave hervor. »Doch nicht von Boyd, oder?«
»Machen Sie keine Witze.«
»Bitte sagen Sie mir nicht, Sie sind entführt worden.«
»Zweimal«, sagte Dealey.
»Aber Sie konnten irgendwie fliehen.«
»Negativ. Bei weitem nicht.«
»Und wer hat Sie jetzt in seiner Gewalt?«, verlangte Lily Shreave zu wissen.
»Unwichtig.« Dealey sah keinen Nutzen darin zuzugeben, dass er der Gefangene eines Seminolen mit einer Gitarre und einer Collegestudentin war.
»Folgendes müssen Sie tun«, erklärte er Mrs. Shreave und erläuterte es ihr.
»Gefällt mir«, meinte sie. »Sie sind ein kluges Köpfchen, Mr. Dealey. Ich rufe gleich morgen früh an.«
Er machte sich keine Illusionen, dass sie sich darum scherte, ob er am Leben blieb oder nicht. Alles, worauf es ihr ankam, war, das Video in die Finger zu bekommen.
Dealey hörte ein Rascheln, und Gillian trat aus dem Dickicht. »Ich muss Schluss machen«, sagte er ins Telefon.
»Moment! Eine Frage noch.«
»Was?«
»Die Aufnahme – wie ist sie geworden? Kann man … alles sehen?«
»Das volle Programm«, versicherte Dealey.
»Wow.«
»Eher Doppel-Wow.«
»Ich kann’s kaum erwarten«, sagte Boyd Shreaves Frau.
»Oh, Sie werden verblüfft sein«, erwiderte Dealey und brach die Verbindung ab.
17. Kapitel
Cecil McQueen starb in einem Würgegriff in einem Nachtclub namens Le Lube, wo er und sechs Freunde einen Junggesellenabschied gefeiert hatten. Der Filialleiter der Spedition sollte am nächsten Tag die Scheidungsanwältin seiner Exfrau heiraten, und seine Kumpels konnten sich nicht entscheiden, ob das jetzt ein Geniestreich oder ein Akt der Selbstzerstörung war.
In dem Stripclub hatten die Männer ordentlich getrunken, jedoch keine Rekorde aufgestellt. Cecil McQueen, normalerweise eher ein schüchterner Mensch, überraschte seine Begleiter, als er mit einem Satz in den Ring sprang, um sich mit einer Tänzerin namens Big Satin im Schlammcatchen zu messen. Sie war 24 Kilo schwerer als er und wusste (genau wie Cecil McQueen) nichts von seinen verstopften Koronararterien. Hinterher hatte Big Satin ein schrecklich schlechtes Gewissen. Cecils Kollegen und sein Chef auch, wenngleich die Hochzeit wie geplant stattfand.
Die Polizei befand auf Tod durch Unfall; nichtsdestotrotz beherrschte der Todesfall die Fernsehnachrichten, wodurch der einzige Sohn des Opfers – damals Chad genannt – erfuhr, dass sein Vater nicht ums Leben gekommen war, als er eine Kleinbusladung Waisenkinder aus einem überfluteten Abwasserkanal gerettet hatte. Das war die Geschichte, die sich seine Stiefmutter ausgedacht hatte.
Jahre später dachte Sammy Tigertail oft an seinen Vater, eine fröhliche, harmlose Seele, der geglaubt hatte, die drei wichtigsten Ingredienzen der Zufriedenheit seien Classic Rock, Krispy Kreme Donuts und ein Jacuzzi. Es war die Musik, die Chad getröstet hatte, auch nachdem er in die Big Cypress Reservation gezogen war, seinen Namen abgelegt und sich für immer von den Weißen abgewendet hatte (bis auf eine). Seine Affinität zu Rockmusik war es gewesen, die zu dem törichten, seelenaufreibenden Fehltritt mit Cindy geführt hatte, die er bei einem Stones-Konzert in Fort Lauderdale kennen gelernt hatte. Innerhalb von zehn Sekunden hatte Sammy Tigertail gewusst, dass sie reines Gift für ihn war, doch er hatte willig seine Adern geöffnet.
Und nichts aus dem Fiasko gelernt, denn mit Gillian schien jetzt genau dasselbe zu passieren.
»Ich krieg noch Komplexe«, sagte sie zu ihm. »Wieso versuchst du nicht, mich zu bumsen?«
»Du wolltest doch eine Geisel sein.«
»Und?«
»Geiseln werden nicht gebumst.«
»Wer ist denn auf diese dämliche Regel gekommen? Außerdem merk ich doch, dass du daran gedacht hast.«
»Quatsch«, wehrte Sammy Tigertail ab.
Sie hob sich auf die Zehenspitzen und versuchte, ihm einen Kuss aufs Kinn zu hauchen. Er wich seitwärts aus und sagte: »Du verstehst das nicht.«
»Dass du nervös bist? Aber hallo verstehe ich das.«
Er schnappte sich das Gewehr aus der Gabelung eines Baumstammes und deutete mit einem Kopfnicken auf Dealey. »Behalt Mr. Camera Man im Auge«, wies er Gillian an. »Ich bin
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