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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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und damit die Gefahr -über kurz oder lang erkannt, wäre nicht eine verfrühte Pollenallergie gewesen, die sie mit verstopfter Nase schniefen ließ. Sie war kaum eingedöst, als Louis Piejack sich mit einem höllischen Ächzen in die alte Zisterne stemmte. Benommen vor Schmerzen, spähte der von Dornen übersäte Stalker durch einen Spalt zwischen den Hohlziegeln, als Eugenie Fonda sich heimlich mit einem dunkelhaarigen jungen Mann mit einem Gewehr davonmachte. Piejack verspürte keinerlei Neugierde hinsichtlich dieses merkwürdigen Geschehens; Honey war alles, woran er dachte.
    Der Mensch, den das verbrecherische Treiben des Fischhändlers am wenigsten überrascht hätte, war seine Frau, die zwei Jahrzehnte zuvor das Ziel einer subtileren Werbung gewesen war. Damals hatte Louis Piejack es geschickter angestellt und hatte mehr auf Hygiene geachtet, und in dem dürftigen männlichen Talentreservoir des ländlichen Collier County hatte er gefunkelt wie ein Edelstein. Nach der Hochzeit war es mit ihm rasch bergab gegangen, und als seine Frau gedroht hatte, ihn zu verlassen, hatte er den Minivan ihrer Mutter abgefackelt und sie gewarnt, das sei erst der Anfang. Selbst als ihre Familie in die Redlands gezogen war, blieb Becky Piejack aus schierer kalter Furcht bei Louis.
    So grauenvoll war die Ehe, dass sie nicht ganz und gar entsetzt gewesen war, als sie erfuhr, dass sie Krebs hatte – alles war recht, um aus diesem Haus wegzukommen. Es gab keine Einrichtungen in Everglades City, die Chemotherapien durchführten, daher freute Becky sich auf die Fahrt nach Gainesville zweimal im Monat und betrachtete sie als Urlaub von ihrem abartigen und widerwärtigen Ehemann. Als die Onkologen sie nach drei Jahren für gesund erklärten, enthielt Becky Louis diese Neuigkeit vor und fuhr weiterhin jede zweite Woche los. Auf diese langen Fahrten nahm sie oft einen jungen Orchideensammler namens Armando mit sowie einen Karton voller Sprachkassetten, mit denen sie sich selbst Französisch und Portugiesisch beibrachte. Becky Piejack arbeitete auf den Tag hin, an dem sie den Mut aufbringen würde, ihren Mann zu verlassen, wozu es, wie sie annahm, nötig sein würde, aus den Vereinigten Staaten zu fliehen. Paris oder Rio, beides hörte sich gut an.
    In Wahrheit war es lange her, dass Louis Piejack auf kriminell besitzergreifende Weise an seine Frau gedacht hatte. Wenn ihre Krankheit ihm nicht gerade ungelegen kam, dachte er nur selten überhaupt an sie. Als er jetzt schaudernd auf dem Betonboden der Zisterne lag, machte Piejack sich daran, ein neues Leben mit Honey Santana zu planen. Wenn sie erst wieder auf dem Festland wären, würde er Becky und ihr Krankenhausbett sofort vor die Tür setzen, zusammen mit den Rattanmöbeln, die er nicht ausstehen konnte. Vielleicht würde er Honey erlauben, das Wohnzimmer neu zu streichen, nicht aber das Schlafzimmer, das schwarz bleiben würde, mit rotem Stuck. Zum Einzug würde er seinem Sexengel einen Satz neuer Kochtöpfe kaufen, einschließlich einer Riesenfritteuse für Wildschwein- und Truthahnbraten. Dann würde er sie wieder im Fischgeschäft arbeiten lassen, wo sie Krabben schälen oder an der Kasse sitzen würde, damit er ein Auge auf sie haben konnte. Was Honeys halbwüchsigen Sohn anging, so konnte der miese kleine Klugscheißer bei seinem Vater bleiben.
    Irgendwann im Laufe seiner Überlegungen verspürte Louis Piejack neue, unvertraute Schmerzen – ein glühheißer Tumult von Stichen in der Innenfläche seiner linken Hand, einer Stelle, an die er nicht herankam, ohne sich durch den Verband zu nagen. In der Finsternis hatte Piejack den Trupp Feuerameisen nicht gesehen, der seinen schmerzenden Arm entlangmarschierte und durch eines der Fingerlöcher in dem feuchten Kokon aus schmutzigem Mull und Plasterstreifen verschwand. Er schrie nicht, wimmerte nicht einmal. Stoisch knirschte er mit den Backenzähnen, während die kleinen roten Dämonen Löcher in sein Fleisch rissen.
    Er tröstete sich mit Traumvisionen seiner atemberaubenden Göttin, die im wirklichen Leben weniger als 20 Meter entfernt lag und wie ein Hafenarbeiter schnarchte. Für Louis Piejack schienen sengende Schmerzen ein geringer Preis für die Gesellschaft einer Frau wie Honey Santana im Mittelpunkt seines Lebens zu sein. Es amüsierte ihn auf morbide Weise, dass die Extremität, die jetzt von Insekten verzehrt wurde, dieselbe war, die sie an jenem turbulenten Tag im Fischmarkt unerlaubt berührt hatte.
    Fresst mich doch,

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