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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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verhöhnte er die Ameisen. Ihr werdet ja sehen, ob mich das einen Scheiß interessiert.
     
    Perry Skinner folgte dem Sandfly Pass zum Golf, fuhr langsam die Küste hinauf und suchte die äußeren Inseln nach Anzeichen von Campern ab. Der Wind hatte aufgefrischt und schob lästige Kabbelwellen vor sich her, die gegen das Boot schlugen und lautloses Fahren unmöglich machten. Ein weiteres Problem war das Treibgut; die Hurrikane des vergangenen Sommers hatten unzählige Mangroven entwurzelt und ihre knotigen Skelette über die flachen Ufer und Wasserläufe verstreut. Um einen Unfall zu vermeiden, war Skinner gezwungen, die ganze Zeit den Suchscheinwerfer zu benutzen, obgleich er damit riskierte, ihr Kommen zu verraten.
    Als das Boot in eine tiefere Bucht vordrang, wurden die Wellen höher und schleuderten salzige Gischt. Vom Bug her schrie Fry: »Dad, siehst du das?«
    Skinner hatte es bereits entdeckt – das Flackern eines Feuers an einem nahe gelegenen Ufer. Er drosselte den Motor und schaltete den Scheinwerfer aus.
    »Sind sie das?«, fragte Fry ängstlich.
    »Ich weiß es nicht, mein Junge.«
    Wind und Gezeiten arbeiteten gegeneinander, brachten ihn vom Kurs ab und trieben das Boot auf die Untiefen. Skinner klappte den Außenborder hoch und nahm die lange Stakstange zur Hand. Fry sah zu, wie er eine schwankende Plattform über dem Motor erklomm, und sagte: »Das ist nicht dein Ernst.«
    Skinner brauchte ein paar Augenblicke, um sein Gleichgewicht zu finden. »Das Wasser ist nur dreißig Zentimeter tief. Hast du ’ne bessere Idee?«
    Er stemmte das gegabelte Ende der Stange in den Schlamm und begann, das Boot mit langsamen, vorsichtigen Stößen über die Sandbank auf die Insel zuzustaken, wo das Lagerfeuer brannte. Bei Bootstourführern sah das immer ganz leicht aus, doch Skinner kam sich ungeschickt und verkrampft vor, wie er so auf dieser dünnen Oblate aus vorgeformtem Kunststoff balancierte. Einmal ausrutschen, und er würde im Wasser landen, oder, schlimmer noch, hintenüber kippen und sich an der Schraube den Schädel einschlagen.
    »Du bist derjenige, der hier einen Footballhelm braucht«, bemerkte Fry.
    Skinner stupste ihn sanft mit dem trockenen Ende der Stange an. »Halt die Augen offen, Bootsmann. Wir brauchen kein Begrüßungskomitee.«
    »Wo ist eigentlich die Knarre?«
    »Bleib locker«, beschwichtigte Skinner.
    Fry hätte am liebsten gekotzt, solche Angst hatte er. Immer wieder ging ihm der Moment durch den Sinn, als Louis Piejacks Pick-up ihn im Trailerpark fast überfahren hätte, und er fragte sich, was er hätte tun können, um den Kerl daran zu hindern, seiner Mutter nachzustellen. Fry hasste Mr. Piejack dafür, dass er sie im Fischladen begrapscht hatte, doch er hatte ihn nur für einen verschrobenen alten Scheißer gehalten – nicht für einen wahnsinnigen Stalker.
    Der Junge trommelte mit den Fingern auf den Dollbord und dachte: Locker bleiben? Von wegen!
    »Ich höre was«, sagte sein Vater vom Heck des Bootes her.
    Fry hörte mit dem Getrommel auf und lauschte. »Klingt wie … ’ne Beerdigung oder so. Wie wenn Leute weinen.«
    »Wo kommt das her? Kannst du irgendwas erkennen?«
    »Bloß Schatten.« Fry ballte die Fäuste, um nicht zu zittern.
    Inzwischen hatte sein Dad das Boot dicht genug herangestakt, dass sie die orangeroten Flammen tanzen sehen und den Rauch riechen konnten. Zuerst hatten die Gestalten um das Feuer ausgesehen wie kleine Tannen, die im Wind bebten und sich bogen. Jetzt war Fry sich nicht mehr so sicher. Der stöhnende Chor schwoll an und ab und ließ ihn erschauern. Sein Vater stakte schneller.
    »Wir gehen hier an Land«, verkündete Skinner und hielt auf den Strand zu. Vier lange Stöße, und der Bootsrumpf scharrte auf den Sand.
    Fry sprang hinaus und wurde von Schwindel erfasst. »Es wird kalt«, murmelte er vor sich hin.
    Sein Vater sprang vom Boot und zog es mit beiden Händen höher aufs Ufer, damit die auflaufende Flut es nicht davontrug.
    Dann warf er Fry ein Sweatshirt zu, das der Junge geistesabwesend anzuziehen versuchte, ohne den Helm abzunehmen.
    »Dad, ich stecke fest«, sagte er verlegen.
    Einmal befreit, rannte er hinter seinem Vater her, als sie vom Wasser fort auf die Bäume zueilten. Er kam sich vor, als sei er wieder fünf Jahre alt.
    »Wenn ich dir sage, du sollst abhauen, dann rennst du verdammt noch mal los«, befahl Skinner.
    »Ja, aber wohin denn?«
    »In die andere Richtung, mein Junge. Dahin, wo ich nicht hinlaufe.«
    »Aber …«
    »Und

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