Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Purcel saß im Bug des Außenborders und saugte den Schaum aus einer langhalsigen Bierflasche. Er schleuderte seine Rapala-Rute zwischen zwei Weiden und zog sie wieder zurück, wobei die Seitenteile des Köders knapp unter der Oberfläche schimmerten. Die Sonne stand tief am westlichen Horizont, und die Segeltuchplane über uns glühte feuerrot, das Wasser war spiegelglatt, und die Moskitos ballten sich in Wolken über den Algeninseln vor den im Wasser stehenden Sumpfzypressenstämmen.
Eine Brasse tauchte aus dem Schlick auf, mit breitem Rücken, die schwarzgrüne Rückenflosse schillernd, als sie das Wasser zerteilte, und ließ die Rapala in die Luft schnellen, ohne nach dem Drilling zu schnappen. Clete legte seine Rute im Bug ab, klatschte sich die flache Hand in den Nacken und starrte auf den blutigen Striemen in seiner Handfläche.
»Dieser Cool Breeze will dir also weismachen, zwei weiße Prolos hättenʼs auf ihn abgesehen? Und einer davon soll der Typ sein, der die zwei Brüder im Atchafalaya-Sumpf liquidiert hat?« sagte er.
»So ist es.«
»Aber du kaufst ihm das nicht ab, oder?«
»Seit wann engagieren die Giacanos alternde Hinterwäldler als Vollstrecker?«
»Wer weiß? Dieser Latino bei Igorʼs hat mir was vorgejammert, daß der Giacano-Clan langsam auseinanderfliegt, daß sie ihre Selbstachtung verloren hätten und jetzt billige Geschäfte mit Pornoschuppen und Dope in den Projects laufen haben. Ich hab zu ihm gesagt: ›Ja, ist eine Schande. Die Welt geht in die Binsen.‹ Und er antwortet: ›Wem sagen Sie das, Purcel? Ist mittlerweile so schlimm, daß wir uns bei ernsten Problemen auswärts um Hilfe umsehen müssen.‹
Ich sage: ›Auswärts um Hilfe umsehen?‹
Er sagt: ›Na, Nigger aus dem Desire, verlauste Vietnamesen, weiße Prolos, die bei Tisch Kautabak in Styroportassen speien.‹
Ist die Dixie-Mafia, Dave. Drüben am Ufer des Mississippi gibtʼs ein ganzes Nest davon.«
Ich zog das Paddel durchs Wasser und ließ das Boot in eine Bucht gleiten, auf der ein Fleckenteppich aus Licht und Schatten tanzte. Ich warf den gelb gefiederten Fliegenköder mit den roten Augen bis zum Rand der Wasserhyazinthenfelder aus. Ein einzelner Blaureiher erhob sich mit ausgebreiteten Schwingen aus dem Riedgras und schwebte durch eine Lücke zwischen den Bäumen davon, nachdem er die Wasseroberfläche leicht mit den Beinen gestreift hatte.
»Aber wie ich dich kenne, hast du mich kaum hier rausgelockt, um über Ganovengeschwätz zu plaudern, oder?« fragte Clete.
Ich beobachtete, wie eine Mottenlarve aus dem Wasser tauchte, sich um einen tiefhängenden Ast einer im Wasser stehenden Weide wand und dann im Blattwerk verschwand.
»Tja, ich weiß nicht, wie ichʼs sagen soll«, meinte ich.
»Dann will ich dir mal auf die Sprünge helfen. Also: Ich mag sie. Vielleicht ist da was zwischen uns. Was dagegen?«
»Wenn sich ein Kerl auf so was einläßt, läßt gelegentlich sein Denkvermögen nach«, sagte ich.
»Was heißt hier ›auf so was einläßt‹? Du meinst bettmäßig? Willst du wissen, ob ich mit Megan schlafe?«
»Du bist mein Freund. Du hast mich die Feuertreppe runtergeschleppt, als dieser Grünschnabel mit einer 22er das Feuer auf uns eröffnet hat. Bei der Familie Flynn ist was faul.«
Clete hatte das Gesicht in den Schatten gedreht. Sein Nacken hatte die Farbe von Quecksilber.
»An meinen besten Tagen tret ich im Auftrag von Nig Rosewater irgendeinem armen Bastard die Türen ein. Vergangenes Wochenende hat mich ein Latino anzuheuern versucht, um die Zinsen für seine blutsaugerischen Kredite einzutreiben. Megan sagt, sie wolle mich als Sicherheitschef an eine Filmgesellschaft vermitteln. Findest du das so mies?«
Ich starrte auf die Wasseroberfläche und die eingeschlossenen Luftblasen, die in einer Kette aus dem Schlick aufstiegen. Ich hörte, wie Clete sein Gewicht auf dem Plastikkissen verlagerte.
»Spuckʼs schon aus, Dave. Du meinst, jede Tussi außerhalb eines Bumsschuppens muß einen Sprung in der Schüssel haben, wenn sie sich mit einem Fatso wie mir einläßt. Ich bin da nicht empfindlich. Aber laß Megan aus dem Spiel.«
Ich nahm meine Fliegenrute auseinander und legte die Teile ins Boot. Als ich den Außenbordmotor hochkippte und den Anlasser betätigte, jaulte der trockene Propeller wie eine Kettensäge durch die Dämmerung über dem Sumpf. Ich sagte kein Wort mehr, bis wir den Bootsanleger erreichten. Die Luft flirrte, als habe sie sich auf einem Blechdach aufgeheizt, die
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