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Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Ich ging in die Bibliothek und fand den großen Bildband mit Megans Fotos, der vor drei Jahren in einem New Yorker Verlag erschienen war.
    Was konnten mir diese Bilder sagen? Vielleicht nichts. Vielleicht wollte ich die Begegnung mit ihr an diesem Abend nur hinauszögern, denn ich wußte, daß es sein mußte, obwohl mir klar war, daß ich ein ehernes Gesetz der Anonymen Alkoholiker brechen würde, indem ich mich in die Beziehung anderer einmischte. Aber einen Freund wie Clete Purcel ließ man eben nicht im Regen stehen.
    Megans Fotos waren faszinierend. Ihre große Gabe war ihre Fähigkeit, das menschliche Leid von Individuen aus dem großen Ganzen herauszufiltern, die in unserer Mitte lebten, für die meisten Beobachter jedoch unsichtbar blieben. Amerikanische Ureinwohner in Reservaten, Wanderarbeiter aus der Landwirtschaft, geistig Behinderte, die sich am Dampf wärmten, der aus Lüftungsschächten drang, alle starrten sie mit dem leeren Blick von Holocaust-Opfern in die Kamera und lösten beim Betrachter die Frage aus, in welcher unseligen Gegend oder welchem Land das Foto wohl gemacht worden sein könnte. Auf den Gedanken, es könnte die eigene Umgebung sein, kam man erst im zweiten Moment.
    Ich schlug eine neue Seite auf und starrte auf das Schwarzweißfoto aus einem Reservat in South Dakota. Es zeigte vier FBI-Agenten in Windjacken, die zwei Indianer in Gewahrsam nahmen. Die Indianer lagen auf den Knien, die Hände waren ihnen auf den Rücken gebunden. Ein Armalite-Gewehr lag im Staub neben einem Wagen, dessen Fenster und Türen von Kugeln durchsiebt waren.
    Der Untertitel bezeichnete die Männer als Mitglieder des American Indian Movement. Ein Grund für ihre Verhaftung war nicht angegeben. Einer der FBI-Agenten war eine Frau, die ihr Gesicht wütend in die Kamera reckte. Es war das Gesicht der Agentin aus New Orleans, Adrien Glazier.
    Ich fuhr zu Ciscos Haus in der Loreauville Road und parkte vor der Veranda. Auf mein Klingeln rührte sich niemand. Ich ging zum Bayou hinunter und entdeckte sie, einen Brief schreibend, im beleuchteten Pavillon, während die letzte Abendsonne hinter den Weiden über der Wasserfläche wie eine Feuersbrunst glühte. Sie sah mich weder, noch hörte sie mich, und in ihrer Abgeschiedenheit schien sie jene sich selbst genügende stille Schönheit einer Frau zu besitzen, die sich ihrer selbst ganz sicher war.
    Die Hornbrille verlieh ihr eine professorale Ausstrahlung, die in krassem Gegensatz zu ihrer achtlosen und exzentrischen Art, sich zu kleiden, stand. Ich fühlte mich schuldig, sie ohne ihr Wissen zu beobachten. In diesem Moment wurde mir klar, warum sich Männer zu ihr hingezogen fühlten.
    Sie gehörte zu den Frauen, von denen wir instinktiv ahnen, daß sie mutiger und zäher sind als wir selbst, leidensfähiger und bereiter, sich um ihrer Prinzipien willen knechten zu lassen. Megan erregte Zärtlichkeit, aber man wußte, daß die eigenen Gefühle vergeblich waren. Sie hatte das Herz eines Löwen und brauchte keinen Beschützer.
    »Oh, Dave! Ich habe dich gar nicht kommen gehört«, sagte sie und nahm die Brille ab.
    »Ich bin in der Bibliothek gewesen und habe mir deine Arbeiten angesehen. Wer sind diese Indianer gewesen, die Adrien Glazier verhaftet hat?«
    »Einer von ihnen hatte angeblich zwei FBI-Agenten getötet. Amnesty International hält ihn für unschuldig.«
    »Da waren noch andere Fotos, die, die du von mexikanischen Kindern in der verfallenen Kirche bei Trinidad, Colorado, gemacht hast.«
    »Streunende Kinder, deren Eltern sie allein gelassen hatten. Die Kirche hat John D. Rockefeller bauen lassen, nachdem seine Schergen die Familien streikender Minenarbeiter oben an der Straße nach Ludlow ermordet hatten.«
    »Ich erwähne das nur, weil Swede Boxleiter mir erzählt hat, daß ein Auftragskiller namens Harpo Scruggs in der Gegend eine Ranch hat.«
    »Er muß es wissen. Er und Cisco haben bei einer Pflegefamilie in Trinidad gelebt. Der Ehemann war ein Päderast. Er hat Swede vergewaltigt, bis er halb tot war. Swede hat es ertragen, damit sich der Kerl nicht auch noch an Cisco vergreifen würde.«
    Ich setzte mich auf die oberste Stufe der Treppe zum Pavillon und warf einen Kiesel in den Bayou.
    »Clete ist mein ältester Freund, Megan. Er sagt, er braucht den Sicherheitsjob bei Ciscos Filmgesellschaft. Aber ich glaube nicht, daß das der Grund ist, warum er hier ist«, sagte ich.
    Sie wollte etwas entgegnen, überlegte es sich aber anders.
    »Auch wenn er es

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