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Instinktiv wich er aus, obwohl es ihn nicht erreichen konnte. Oder … doch? Die Todeswüste war reine Psimagie, so wie er in diesem Moment. Die vom Boden aufsteigenden, violetten Nebelschwaden wisperten ihm zu und lockten ihn zu sich. Fast war er geneigt, dem nachzugeben, um die unglaubliche Erfahrung einer so fremden Psimagie zu machen. Das Geheimnis der Todeswüste zu lösen.
Denk an Shanija!
Muns Befehl befreite ihn aus dem Einfluss der Einflüsterungen. Darrens mentale Impulse weiteten sich aus und folgten den Gleisen. Ohne Erfolg stocherten seine Mentalfinger im glucksenden Violett. Ungeduldig eilte er weiter und sauste dabei an einem weiß-orangefarbenen Energiefeld vorbei. Sofort bremste er, kehrte zurück und jubilierte. Shanija stand zwischen den Schienen, er erkannte ihr Muster genau. Neben ihrer Verzweiflung spürte er ihren starken Willen, auch diese ausweglos scheinende Situation zu meistern.
Darren schlang seine geistigen Arme um ihren stofflichen Körper. Als seine Energie die ihre berührte, erfüllte ihn ein Kribbeln. Deutlich spürte er die geballte Sonnenkraft, die unruhig in ihr schlummerte. Er hoffte, dass sie nicht plötzlich erwachte und sich gegen ihn richtete.
Shanija spürte ihn, misstrauisch tastete sie ihn ab. Dann erkannte sie ihn, denn er merkte, wie sie sich entspannte.
Er sandte ihr beruhigende Impulse, hob sie behutsam an und schwebte mit ihr hinter dem Zug her. Für den Anfang wählte er eine langsame Geschwindigkeit, damit sie sich an den Flug gewöhnte. Sie war überrascht, aber nachdem sie keine Angst zeigte, wurde er schneller. Rasch gelangte der letzte Waggon wieder in Sichtweite. Shanija legte sich in die Waagrechte und streckte beide Arme nach vorn. Nur noch wenige Zentimeter trennten sie von der Querstrebe des Sicherheitsgitters.
»Gleich haben wir es geschafft«, murmelte Darren im Zug und lächelte zufrieden.
Das Splittern der Glasschiebetür zerschmetterte seine Konzentration. Drei Sektierer stürmten mit gezückten Schwertern und dem obligatorischen »Karem Dur!«-Ruf in den Raum. Muns und As’malas Hände lösten sich von seiner Schulter. Verzweifelt suchte Darren nach Shanija und fand sie nicht mehr.
Als Shanija von unsichtbaren Kräften hochgehoben wurde, glaubte sie zuerst nicht, dass Darrens Vorhaben tatsächlich gelingen sollte. Doch bald kündigte das Rattern der Räder die Nähe des Zuges an, obwohl sie ihn durch den Nebel nicht sehen konnte. Einige Herzschläge später schälte sich der hinterste Waggon aus dem violetten Schleier. Shanija streckte die Hände nach dem Gitter aus, ihre Finger berührten bereits das kalte Eisen, als sich die Kraft verflüchtigte, die sie hierher getragen hatte. Augenblicklich wollte die Schwerkraft sie nach unten ziehen.
»Nein!«, brüllte sie, riss die Arme noch weiter vor und klammerte sich im letzten Moment an eine senkrechte Verstrebung im Gitter. Ihre Füße prallten auf den Boden. Sofort stieß sie sich ab, winkelte ihre Beine bis zur Brust an, wartete, bis sie wieder nach unten kippte und hakte dann ihre ausgestreckten Beine in die Kupplung.
Erleichtert schnaufte sie kurz durch. Sie befand sich wieder im Spiel! Flink kletterte sie über das Gitter und zerrte die Tür auf.
Shanija trat in den Gang und blickte durch die Glasschiebetür. Knapp dreißig volle bis überfüllte Abteile befanden sich zwischen ihr und den Freunden.
Sie biss sich auf die Unterlippe und ging zurück ins Freie. Auf der Plattform am Ende des Waggons griff sie nach der Stange, die das Vordach stützte, wuchtete sich auf die oberste Gittersprosse und hievte sich hoch. Sie hangelte sich aufs Dach und blieb kurz liegen, um sich an den Fahrtwind und die unruhigen Bewegungen zu gewöhnen.
Langsam richtete sie sich auf und stemmte sich gegen den Wind. Sie konnte sich an die Geschwindigkeit anpassen; es war nicht das erste Mal. Dann lief sie los.
Der Spalt zwischen den Waggons betrug eineinhalb Meter. Auch das hatte sie schon überstanden. Shanija maß die Distanz, prüfte alle weiteren Bedingungen, ging drei Schritte rückwärts und nahm Anlauf. Für einen kurzen Moment schwebte sie wieder zwischen Himmel und Erdboden, doch Zeit für Furcht gab es keine, dann war sie schon drüben und musste mit dem Gleichgewicht kämpfen. Und weiter ging es, Wagen um Wagen, viel schneller, als wenn sie sich durch die Abteile mit den unterschiedlichsten Umweltbedingungen gewagt hätte.
Sie dachte nicht darüber nach, wie Darren es gelungen sein sollte, den
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