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Darren stehen.
»Ich gehe an die frische Luft.« Seine Stimme klang hart und distanziert.
Sie konnte es ihm nicht verdenken. Aber sie wollte reden. »Nimmst du mich mit?«
»Shanija, du bist erwachsen und triffst deine eigenen Entscheidungen.« Er wandte sich ab und verschwand über die Treppe.
Unschlüssig blieb Shanija zurück.
»Du solltest ihm folgen«, riet ihr eine kindliche Stimme. Ein ernster Zug lag um Kathas Mundwinkel, der sie viel älter wirken ließ.
»Du hast recht.« Shanija sprintete über die Stufen. Sie lief durch das Wohnzimmer und öffnete die Haustür. »Darren?«
Stille.
Shanija blickte sich um. Eine schmale Plattform führte vom Haus in beide Richtungen und endete in einem Gewirr von Verstrebungen. Vorn ging es vierzig Meter in die Tiefe. »Hör zu schmollen auf und gib Laut«, bat sie. »Darren, bitte!« Dumpf brach sich der Schall in den Metallfragmenten.
»Hier oben«, kam schließlich die Antwort.
Sie legte den Kopf in den Nacken. Seine Beine baumelten drei Meter über ihrem Gesicht. Shanija fasste einen Kabelstrang und zog sich auf die Verstrebung, auf der Darren vor sich hinbrütend hockte.
»Hör mir zu«, begann sie, doch er unterbrach sie mit einem Blick, der ihre Seele streichelte. Und das in dieser Stunde.
»Ich zuerst«, bestimmte er und schlug das Bein rittlings über die Strebe. Er nahm ihre Hände in seine. »Wir hatten noch gar keine Zeit zu reden. Über die vergangene Nacht, und alles Weitere daraus.«
Sie nickte.
»Ich …« Er stoppte, schien nachzudenken. »Was hast du gedacht, als du mich das erste Mal gesehen hast?«
»Ehrlich?«
»Darum geht es.«
»Du bist mir vor den Toren der Flüstertüte aufgefallen – als arroganter, herablassender Mistkerl. Einerseits, weil du dich vorgedrängelt hast, andererseits …«, sie blähte die Wangen, »wegen deiner Ausstrahlung.«
»Ja, ich wirke wie ein Lebemann, der keine Gelegenheit auslässt, sich zu amüsieren.« Er hörte sich deprimiert an. »Paradoxerweise verstärkt meine Unnahbarkeit die Abenteurerausstrahlung, die sie aufheben sollte.« Er seufzte. »Seit ich wegen meines Vaters aus der Stadt Thel-Ryon weggezogen bin, wollte ich nur vergessen. Meine Reisen, all das Wissen, das ich mir einverleibt habe, hatten den Zweck mich zu betäuben, um mich von meinem inneren Kampf abzulenken. Und es ist mir hervorragend gelungen – bis ich dir begegnet bin.« Er zog ihre Hände an seine Lippen und küsste sie. »Seit meiner Flucht …«, er legte den Kopf schief, »ja, seit meiner
Flucht
aus meiner Heimatstadt habe ich mich emotional abgeschottet. Keine Frau war in der Lage, meinen Panzer zu durchbrechen, obwohl ich mich insgeheim danach gesehnt habe. Andererseits habe ich durch mein Verhalten genau das vereitelt. Daher waren Frauen für mich ein zeitweiliges Vergnügen, gerade gut genug, ein Noctum bei mir zu verweilen.« Sein Blick schweifte in die Ferne. »Schuld daran ist mein Vater Earl, aber das ist eine andere Geschichte und hat nichts mit uns zu tun.«
Er küsste ein zweites Mal ihren Handrücken. »Ich habe euch Frauen zwanzig Jahre lang studiert«, wechselte er das Thema. »Ihr seid in so vielem anders als wir Männer. Ihr seht die Welt mit anderen Augen. Dinge, die wir nicht einmal wahrnehmen, sind euch wichtig. Während ihr brennende Duftkerzen in einem Raum platziert, um ihn emotional zu erwärmen, denken wir an die mögliche Brandgefahr und an den Feuerlöscher. Eure Lust hängt meist von einer stimmungsvollen Umgebung ab, während wir Männer allzeit bereit sind.«
»Wir müssen uns wohlfühlen, um Sex zu haben, während ihr Sex habt, um euch wohlzufühlen.«
»Das trifft es auf den Punkt.« Er lächelte. »Ich kenne all diese Unterschiede und weiß, was ich tun muss, um Frauen zu beeindrucken. Und doch kamen all meine Taten nie aus dem Herzen, sondern aus meiner Ratio.«
»Und die Frauen haben dich nie entlarvt?«
Darren verneinte. »Oh, ich bin nicht nur ein hervorragender Techniker, sondern auch ein guter Schauspieler.«
»Offenbar«, sagte Shanija nachdenklich. Wollte er ihr auf diese plumpe Art schonend beibringen, dass er nichts für sie empfand?
»Unser erstes Wortgefecht vor den Toren der Flüstertüte lief routinemäßig ab«, fuhr er fort.
»Routinemäßig?« Wenn jetzt wirklich folgte, dass er nur mit ihr gespielt hatte, dann … würde sie ihn die Tiefe stoßen.
»Es folgte dem üblichen Schema. Ich begegne einer wunderschönen und intelligenten Frau und ohne dass ich ein Wort
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