SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
gegen die Verstrebung gedroschen, um sich abzureagieren. All die Gespräche mit den Psychologen vom Flottenkommando hatten ihr kein bisschen geholfen. Wie konnten sie auch. Wut und Hass würden sie ihr restliches Leben begleiten. Und die Trauer um ihre Tochter, die sie nie kennenlernen würde. Nicht auszudenken, was die Quinternen mit ihr anstellten … »Wir konnten fliehen. Con wurde auf der Flucht erschossen, ich kam durch. Der erste und einzige Mensch, der jemals den Klauen der Quinternen entronnen ist.«
Er drückte sie an sich. Es tat gut, ihn zu fühlen. »Verlass mich nicht«, flüsterte er. »Bleib an meiner Seite. Du kannst ein neues Leben beginnen und die Schrecken der Vergangenheit ruhen lassen.«
Ihre Sehnsucht nach Liebe drängte sie zu der einzig richtigen Antwort, doch ihr Verstand war schneller. »Ich trage Verantwortung, Darren«, sagte sie schweren Herzens. »Bleibe ich hier, besudle ich meine Hände mit dem Blut von Milliarden Menschen.«
»Weshalb?«
Ja, darüber hatte sie mit ihm und Mun bisher nicht gesprochen. Es wurde Zeit. »Bevor es mich in das System verschlagen hat, habe ich Unterlagen erbeutet, die das Überleben der Menschheit garantieren. Der Inhalt des Speicherkristalls müsste schon längst im Flottenkommando der Erde analysiert werden.«
»Und wenn du Samuno den Kristall aushändigst und er ihn zur Erde fliegt?«
»Er kann ohne mich doch gar nicht starten. Und ich kann nicht mehr zurück, wenn wir erst einmal außerhalb der Sphäre sind.«
»Ich verstehe …« Traurigkeit schwang in seinem Tonfall mit.
»Komm doch mit mir! Du wirst die Erde und ihre Technik mögen.«
»Meine Heimat ist Less«, sagte er ablehnend.
»Das sagt ein ruheloser Abenteurer, dem es schnell an einem Ort langweilig wird«, sagte sie fast belustigt.
»Shanija, trotzdem ziehe ich meine Wurzeln nicht von einem Tag zum anderen aus dem Boden. Lass mich darüber schlafen«, wich er einer Antwort aus.
Sie lächelte und vergrub sich in seinen Armen. Einige Zeit saßen sie eng umschlungen auf der Metallverstrebung, bis sie sich zu Mun und As’mala auf den Dachboden gesellten, die bereits in tiefem Schlummer lagen. Still liebten sie sich und schliefen aneinander gekuschelt ein.
»Los, Pack, aufwachen!«
Eine leicht krächzende, männliche Stimme riss Shanija aus dem Schlaf. Sofort griff sie sich an die Brust, aber Pong war nicht da. Darren war ebenfalls erwacht, sie spürte es an der Anspannung seiner Muskeln.
»Na los, macht schon!«
Jemand trat an ihren Fuß, doch sie regte sich nicht. Sie konzentrierte sich auf die Bodengeräusche. Dem Knarren der Holzdielen nach zu urteilen waren es mehrere, und sie verteilten sich.
»Au!«
Katha!
»Lass meine Haare los, Lir! Du tust mir weh!«
Shanija schlug die Augen auf, sprang hoch und starrte in eine Phalanx gezückter Schwerter und Äxte. An die zwanzig Frauen und Männer hatten sie und die Gefährten auf dem Dachboden umzingelt. Sie trugen Lederharnische und sahen verwildert aus, passend zum Raumschifffriedhof. An der Seite kniete Samuno, dem eine Frau das Schwert in den Rücken drückte. Er blickte sie entschuldigend an.
Der Anführer, dessen Name vermutlich Lir lautete, stand hinter Kathas Rollstuhl. Er trug eine grüne Augenklappe, auf der ein schwarzer menschlicher Totenkopf prangte. Das von der Stirnmitte bis zum Hals verlaufende Tattoo unterstrich die gefährliche Ausstrahlung des Mannes. Es erweckte den Eindruck, als sei die Haut über der Stirn aufgeplatzt und die Knochenplatte zersplittert. Stilisiertes schwarzrotes Blut rann in gezackter Form über die rechte Gesichtshälfte bis zum Hals und verschwand unter seinem Tarnfarbenhemd.
Shanija blickte ihm ins rechte Auge und fand dort keinerlei Wärme.
»Keine Heldentaten!« Der Mann drückte dem behinderten Mädchen das Messer an den Hals. Die Armprothesen hatte er Katha weggenommen, sodass sie ihm völlig ausgeliefert war.
Shanija blieb ruhig und versuchte ihn einzuschätzen. Sie befreite sich von der Wirkung seiner militanten Kleidung und seinem Aussehen und konzentrierte sich auf sein Auftreten. Menschen mit martialischen Verhalten waren in zwei Kategorien einzuordnen. Die einen schlotterten innerlich vor Angst und versuchten bereits durch ihre aggressive Körperhaltung und Wortwahl zu bluffen, um in Ruhe gelassen zu werden. Die andere Sorte fackelte nicht lange und setzte ihre Worte um. Ihnen begegnete der kluge Kämpfer mit Geduld und Zeit. Denn die Zeit brachte bei diesen Menschen die
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