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SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

Titel: SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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zusammen, mit denen er auf dem festgetretenen Lehmboden einige einfache Muster gelegt hatte, und rannte in Richtung Haupthaus.
    Kelt empfing ihn wortlos, packte ihn an den Schultern und drückte ihn durch die breite Tür in die nach feuchtem Holz und Krautsuppe duftende Diele.
    »Geh in die Küche zu deiner Mutter«, befahl ihm der Vater streng. »Und verhalte dich still.«
    »Was ist denn los?«, wollte Mun wissen, doch statt einer Antwort bekam er einen Klaps auf den Hinterkopf. Dann schob ihn der fast zwei Meter große Mann den schmalen Durchlass entlang, an dessen Ende der Zugang zur Küche lag.
    »Tu, was ich dir sage«, mahnte ihn Kelt Lanaka. »Jetzt!«
    Mun warf einen schnellen Blick zurück; die streng blickenden Augen des Vaters beunruhigten ihn plötzlich, doch da war noch mehr. Der Junge war für die Gefühle anderer schon immer auf besondere Weise empfänglich gewesen, und auch in diesen Sekunden spürte er, dass sein Vater etwas vor ihm verbarg. Hatte er etwa Angst? Nein, das konnte, das durfte nicht sein. In der letzten Kaltzeit hatte Kelt Lanaka einen scheuenden Garek mit bloßer Muskelkraft niedergerungen, bevor er durchgehen und die Herde gefährden konnte. Mun erinnerte sich, wie stolz er gewesen war, als sein Vater das wild zuckende Tier in den Schnee gedrückt und mit zwei Stricken an Vorder- und Hinterläufen gefesselt hatte. Wie war es möglich, dass ein solcher Mann Angst vor etwas hatte?
    Kaum in der Küche angekommen, nahm ihn die Mutter in die Arme und drückte ihn so fest an sich, dass er für einen Moment keine Luft mehr bekam. Im ersten Augenblick glaubte der Junge, dass die Augen der Frau vom heißen Dampf und den Schalen der sauren Logasfrüchte gerötet waren. Dann begriff er, dass sie geweint hatte. Er hatte sich nicht geirrt. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.
    »Mam, was …«, begann er, doch Jaria Lanaka unterbrach ihn, indem sie ihm einen Zeigefinger auf die Lippen legte. Dann zog sie ihn mit sich in den hinteren Teil des großen Raums und schloss die Tür zur Vorratskammer auf. Der verlockende Duft nach scharf gewürztem Dörrfleisch, Trockenobst und glasiertem Fladenbrot stieg Mun in die Nase, aber in seinen Eingeweiden wühlte nicht der Hunger, sondern die Furcht. Obwohl er seine letzte Mahlzeit vor vielen Stunden eingenommen hatte, hätte er jetzt keinen Bissen heruntergebracht.
    Die Mutter öffnete eine in den Dielenboden eingelassene Klappe und drängte Mun hastig in Richtung der Öffnung. Der Junge wusste, dass im Depot unter der Vorratskammer die Mehlbestände lagerten. Er hatte seinem Vater im letzten Sommer geholfen, die Körner aus den geernteten Milik-Stauden zu schlagen und zur Mühle im Dorf zu bringen. Fast hundert Säcke Mehl hatte der dikke Pulurat daraus gemacht und damit das Depot bis zum Rand gefüllt. Normalerweise war es ihm streng verboten, das Mehldepot zu betreten. Jetzt schob ihn Jaria mit zitternden Händen hinein.
    »Versteck dich zwischen den Säcken, Mun«, flüsterte die Frau. Ihre Stimme bebte und es fiel ihr schwer, ein Schluchzen zu unterdrücken. Sie packte ihn fest an den Schultern und sah ihn mit roten, feuchten Augen an. »Was immer auch geschieht«, stieß sie hervor, »was immer du auch hörst, du darfst unter keinen Umständen das Depot verlassen. Versprich mir das!«
    »Aber Mam, ich …«, begann Mun, und erneut Jaria ließ ihren Sohn nicht ausreden. Plötzlich war jede Ängstlichkeit aus ihren Zügen verschwunden. Ihr Griff wurde so fest, dass der Junge vor Schmerz aufstöhnte.
    »Versprich es mir!«, forderte die Frau. »Schwöre es bei meinem Leben und beim Leben deines Vaters!«
    »Ich …«, keuchte Mun, »ich … schwöre es …« Tränen stiegen in seine Augen und er spürte einen dicken Kloß, der seinen Hals verschloss, ihm das Atmen beinahe unmöglich machte. Die Furcht beherrschte jeden Zentimeter seines schmächtigen Körpers und ließ ihn keinen klaren Gedanken fassen. Mit einem letzten Kuss auf seine schweißfeuchte Stirn drückte ihn die Mutter in das düstere Depot; dann schloss sich die hölzerne Klappe mit einem dumpfen Schlag. Es war dieses furchtbare, endgültige, in seinem Geist bis heute nachhallende Geräusch, das Mun bis an sein Lebensende nicht mehr vergessen würde.

    Mun schlug die Augen auf und lag lange Minuten völlig still. Es war schon eine Weile her, seit er diesen Traum zum letzten Mal gehabt hatte. Er wartete darauf, dass sich sein Atem beruhigte, dass die Erinnerungen verblassten und der in ihm

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