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benötigt, um wenigstens einigermaßen Ordnung zu halten.
Wie viele Seelen mochten das Lager inzwischen bevölkern? Einige Hunderttausend? Mindestens. So verwunderte es Tschad nicht mehr, dass die Neuankömmlinge zunächst ignoriert wurden. Er versuchte, einen der Wächter aufzuhalten, aber der Muthaffe reagierte nicht. Hastig entfernte er sich und verschwand in einem größeren Zelt. Klagende Laute aus dem Inneren ließen vermuten, dass es sich um ein Krankenlager handelte.
Die Mandiri verteilten sich auf einer freien Fläche und harrten alleine oder in Grüppchen der Entwicklungen. Insgesamt überwog noch die Erleichterung in den Mienen der Menschen, Erleichterung darüber, dass der schwere Marsch ein Ende gefunden hatte. Gleichzeitig keimte aber auch Unsicherheit auf, Sorge, wie es nun weitergehen würde.
Es war an der Zeit, die Schutzbefohlenen den Archivwächtern zu übergeben. Nach kurzem Warten bot sich den Adepten erneut Gelegenheit, einen Bediensteten der Wissensträgergilde auf sich aufmerksam zu machen. Ein Muthaffe kam zwischen einer Ansammlung von Baracken hervor, eine Kiste auf seinem Kopf balancierend. Kurzerhand gingen ihm die Adepten entgegen und stellten ihn.
»Entschuldigung!«, begann Tschad.
»Was wollt ihr?«, fragte der Muthaffe mit der berüchtigten Patzigkeit der Archivwächter. Er stierte aus seinen gelben Augen auf den Dariden herab.
»Wir sind Adepten und haben eine lange und anstrengende Reise hinter uns. Die Menschen in unserer Begleitung stammen aus der Mandiranei. Sie haben ihre Heimat an die Stummen verloren und benötigen dringend Unterkunft und Verpflegung.«
Der Wächter stellte die Kiste ab und ließ seinen Blick über die Adepten, die auf das unverkennbare Symbol ihrer verschlissenen Umhänge wiesen, und anschließend über die Mandiri schweifen.
»Noch mehr Flüchtlinge! Ausgezeichnet!« Das Missfallen war dem Muthaffen nur allzu offensichtlich anzumerken. »Das ist ziemlich genau das, was wir jetzt brauchen können. Wisst ihr eigentlich, was hier los ist? Das Chaos ist gewaltig und wächst mit jedem Dianoctum.«
Aikel setzte zu einer geharnischten Antwort an, aber Tschad stoppte ihn mit einem Kopfnicken.
»Das ist uns durchaus bewusst«, sagte der Daride. »Dennoch solltest du Sorge für diese Menschen tragen, sobald es sich einrichten lässt. Sie sind Prin… Königin Seiyas Volk, und wir handeln in ihrem Auftrag. Du weißt, wessen Ehefrau Königin Seiya ist?«
»Schon gut.« Der Muthaffe deutete eine Verbeugung an. »Bitte verzeiht mein Auftreten, aber die Lage in und um Burundun ist wirklich kompliziert geworden.«
»Gewiss«, versetzte Tschad kühl.
Plötzlich hörte er die Gedanken eines der Symbionten in seinem Kopf, die direkt an ihn gerichtet waren.
Aus ihm spricht mehr als Frustration. Es ist Resignation. Etwas ist geschehen!
»Die Leute müssen sich zunächst unter freiem Himmel einrichten«, fuhr der Wächter fort. »Sämtliche Unterkünfte sind hoffnungslos überfüllt. Mit dem Errichten neuer Hütten kommen wir kaum nach. Ich werde mich jedoch darum kümmern, dass sie baldmöglichst mit Nahrungsmitteln versorgt werden.«
»Wir danken dir. Und nun sag uns bitte, was zwischenzeitlich vorgefallen ist. Seit unserem Aufbruch ist einige Zeit verstrichen.«
»Was vorgefallen ist?« Der Muthaffe stieß ein abgehacktes Seufzen hervor, das Äquivalent eines bitteren Lachens. »
Einiges
ist vorgefallen. Diese Tätigkeit hier, so notwendig sie ist, soll doch in erster Linie Demütigung für uns und die Gilde sein.«
»Demütigung?«, echote Tschad.
Der Archivwächter hob seine Arme und führte sie bedeutungsschwer in Richtung des Kraters. »Unsereins ist nicht mehr sonderlich wohlgelitten in Burundun und Lakara.« Er unterbrach sich und bedachte die Adepten mit einem warnenden Blick. »Wenn ich euch eine Empfehlung geben darf: Haltet mit eurer Zugehörigkeit zur Gilde der Wissensträger hinter dem Berg. Andernfalls könnte es unangenehme Konsequenzen für euch haben.«
Gus trat einen Schritt vor und legte den Kopf schief. »Wie meinst du das? Ich verstehe nicht.«
Der Archivwächter seufzte erneut. »Das Zentralarchiv ist isoliert. Der Turm ist nicht länger Herr über Burundun! Corundur und seine Schergen haben die Macht übernommen!«
Ein Schritt. Ein weiterer Schritt. Stillstand. Zwei Stiefel im braunen Staub, leicht nebeneinander versetzt. Unmittelbar vor ihm ein Abhang, steil abfallend. Ein Ring, eine Szenerie einfassend, befremdend, wenngleich auch
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