SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
verurteilt, da die Damen es wohl sehr genossen haben und sich weigerten, gegen mich auszusagen, aber … wann immer ich jetzt im Palastviertel auftauche, wird der Ausnahmezustand ausgerufen. Erst vor einer Woche wurde ich von einer Meute erzürnter Mütter mit Backsteinen beworfen, und glaubt mir, Mütter sind noch viel wachsamer als Soldaten. Ich vermute, da hängen inzwischen Steckbriefe von mir.«
As’mala grinste. »Angeber. Womöglich bezeichnest du dich inzwischen als
professioneller Herzensdieb.«
»Essen und schlafen in einem Palast.« Seiya klang sehnsüchtig. »Gibt es da auch Badewannen?«
Shanija überlegte. »Was sagst du, As’mala?« Ihr fiel das blasse Gesicht der Abenteurerin auf. Ja, sie alle brauchten eine Ruhepause. Flavor stand über dem Zenit und Shanija spürte eine tiefe Müdigkeit, der sie es bisher versagt hatte, in ihr Bewusstsein einzusickern.
»Klingt nach einem Abenteuer, das mich in Übung hält«, meinte As’mala. »Und was Vernünftiges zu essen wäre großartig.«
Shanija nickte. Und was riskierten sie schon viel? Capus würde sich nicht aus dem Staub machen, bevor er hatte, was er wollte. Und dass er Shanija nicht um Pong und die Kristalle prellte, dafür würde sie schon sorgen. Wie es aussah, sollte sie auf den Handel eingehen. Capus würde das Versteck sonst nicht preisgeben. »Schön. Geh voran. Du kennst sicher einen Ort, an dem wir alles ungestört besprechen können?«
»Denk ans Bier, das du mir versprochen hast!«, warf As’mala ein.
Der Dieb nickte ergeben.
Shanija ließ Capus los. Wieder fühlte sie sich beobachtet. Hoch über ihnen schwebten drei Fiogan in der Luft. Ob es dieselben waren, die sie hierher gebracht hatten? Traten sie öfter zu dritt auf? Shanija dachte an die Quinternen, die Feinde der Menschheit, die sich nur in Fünfergruppen bewegten. Mit einem Kopfschütteln vertrieb sie den schlechten Gedanken.
As’mala blieb dicht bei Capus. Sie fürchtete wohl, der Dieb könnte doch noch davonrennen. Capus aber bewegte sich so selbstverständlich zwischen ihnen, als sei er seit Jahren ein Teil der Gruppe.
Seiya ließ sich zurückfallen, neben Shanija. Ihre Stimme war leise. »Shanija …« Die Prinzessin wollte nach dem olivgrünen Ärmel des Jagdkostüms greifen, ließ die Hand aber wieder sinken. »Wenn die Menschen von Less dir nichts bedeuten, was … was bin ich dann für dich? Ein Hindernis? Ein Klotz am Bein?«
»Seiya, ich …« Shanija fand nicht die richtigen Worte. »Du bist eine Hilfe.«
»Ich mag verzogen sein, aber dumm bin ich nicht, Kommandantin.« Seiya sah verletzt aus.
Shanija verstand plötzlich, dass sie und As’mala inzwischen Seiyas Familie ersetzten. Sie hatten ihr Leben gerettet und waren in ihrem Kummer um den getöteten Zwillingsbruder Gorelus bei ihr gewesen. Sie hatten versucht, die Prinzessin zu trösten. Seiya hatte sonst niemanden mehr. Es war ein hartes Los, sich gegen unfähige, lieblose Eltern und einen Bruder zu behaupten, der ihr nach dem Leben trachtete. Seiya war reich, verwöhnt und behütet, aber unglaublich einsam aufgewachsen, verhaftet in strengen Traditionen. Die Welt kannte sie nur aus Büchern, und weil sie sonst nichts tun durfte, hatte sie sich hungrig auf Wissen gestürzt. Das vertiefte die Kluft zwischen ihr und den »normalen« Mandiri nur noch mehr. Vielleicht betrachtete sie Shanija und As’mala bereits als eine Art Schwestern, Freundinnen, die sie nie gehabt hatte. Zumindest reimte Shanija sich das so zusammen, denn bisher hatte Seiya nur sehr wenig über sich gesprochen, aber ihr Verhalten wies darauf hin. Wahrscheinlich litt Seiya immer noch unter dem Schockzustand, aus Mandiranei geflohen zu ein, während dort die Revolte ausbrach.
»Seiya, du bist klug und unglaublich tapfer, nach allem, was du durchgemacht hast«, versuchte Shanija sie zu versöhnen. »Und du bist schön und stark …«
»Ich will nicht hören, was ich für ein Mensch bin. Ich will hören, was du für mich fühlst.«
Warum war es so schwer, Freundschaften zu schließen? Shanija schwieg.
Seiya wandte sich von ihr ab. Ihr Gesicht sah traurig aus. »Gehen wir«, meinte sie leise.
Sie besprachen sich mit dem Dieb Capus in einer kleinen Gastschänke, wobei der Begriff dem Ambiente nicht gerecht wurde. Wieder erstaunte Shanija der Reichtum der Stadt, denn selbst das Bier wurde in goldenen Bechern serviert. Die Brotplatte, die man ihnen reichte, hätte auch dem Haushalt einer Gräfin angestanden.
Um den neugierigen
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