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Blicken der anderen Männer zu entgehen, hatte Capus sie in einen kleinen Nebenraum geführt, in dem sie ganz allein waren. Der Wirt feixte und machte zotige Bemerkungen, zugleich sah man ihm den Neid an. Die Frauen in Capus’ Begleitung hatten es ihm sichtlich angetan. Shanija beachtete seine gierigen Blicke nicht. Er hätte keine Freude an dem Dreiergespann.
Nachdem das Bier auf dem Tisch stand, zog Capus die Palastpläne hervor. As’mala zahlte in der Zwischenzeit mit dem Geld, das sie dem Dieb gestohlen hatte. Shanija hatte sie dabei beobachtet, aber Capus hatte es nicht bemerkt, er war viel zu sehr mit dem Plan beschäftigt. Shanija fing an, ihr Misstrauen zu revidieren. Wie es aussah, war Capus tatsächlich mehr ein Herzensdieb als ein Könner seines Fachs. Der Mann war ohne seine Schwarzelster vermutlich völlig hilflos und wirklich auf die Hilfe der drei Frauen angewiesen.
Sie sollten für Capus ein gewisses Schwert aus dem Büro von Aridas stehlen. Es handelte sich dabei um eine Waffe, die Capus’ Vater erst vor kurzem geschmiedet hatte. Er nannte es das »Drachenschwert« und beschrieb die Abbilder von Drachen auf der Fläche der Klinge sowie auf dem Griff. Diese Drachen sahen ähnlich aus wie Pong, den Capus ebenfalls in seiner Vision gesehen und einen Zusammenhang hergestellt hatte.
Capus versprach, Pong gut zu behandeln und ihn sowie die Kristalle herauszugeben, sobald die Frauen das Gewünschte zu ihm gebracht hätten. »Wenn ich sein Schwert zurückhabe, kann ich eine deutliche Vision über den Aufenthaltsort meines Vaters erhalten«, erklärte er. »Dieses Schwert ist etwas Besonderes und darf nicht in Händen von Aridas bleiben. Bereits in meiner ersten Vision erkannte ich, dass darin Psimagie eingeschmiedet ist. Mit diesem Stück Stahl, von seiner Hand gefertigt, werde ich meinen Vater sicher finden.«
Shanija fühlte sich bei der Abmachung nach wie vor alles andere als wohl, aber Seiya wollte unbedingt dem Dieb helfen, und As’mala sah nach dem Studium der Pläne kein Problem.
Capus fixierte einen Punkt zwischen dem Mosaiktisch und der Unendlichkeit. »Vor einem Lunarium, als ich mich noch in Triatas befand, zwei Flugtage nördlich von hier, kam die Vision seiner Entführung über mich. Als wäre ich dabei gewesen, aber so ist es immer. Die Bilder werden plötzlich lebendig, wie ein aufdringliches Theaterensemble. Der zweite Mond war gerade untergegangen. Sie kamen zu meinem Vater in die Schmiede. Menschen in grauen Umhängen, mit Gugeln auf den Köpfen, den Stoff tief ins Gesicht gezogen. Sie schlugen auf ihn ein, bis er bewusstlos war. Das Schwert nahmen sie ebenfalls mit. Ich sah den Schatten eines Kryphons und wusste, wohin ich mich wenden musste.«
»Kryphon …« Das Wort erinnerte Shanija an irgendetwas von der Erde. Nicht so wichtig.
»Eine schreckliche Vision.« Seiya umfasste ihren Becher fester. »Aber das ist kein Grund, Pong zu entführen.«
Der Dieb wirkte belustigt. »Bewahr dir deine Unschuld, Prinzessin Seiya. Man braucht dieser Frau doch nur in die bezaubernden grünen Mandelaugen zu sehen, um zu wissen, aus welchem Stahl sie geformt ist.« Er nickte in Shanijas Richtung. »Denkst du wirklich, sie würde mir aus freien Stükken helfen?« Verschwörerisch zwinkerte er der Prinzessin zu.
Shanija verzog keine Miene. So leicht würde sie es ihm nicht machen. »Warum sollte ich einem Dieb auch helfen?«
»Da seht ihr es!« Capus machte eine wegwerfende Geste mit den behandschuhten Fingern. »Echter Fioganstahl, gegossen in den Feuern der Hölle.«
Shanija dachte an ihre schlimmste Zeit zurück. An die Feuer der Hölle. An die Gefangenschaft darin. Sie hatte sie überlebt. Das hier würde nur ein Spaziergang dagegen sein.
Nachdem sie einen Treffpunkt mit Capus vereinbart hatten, machten sie sich auf den Weg zum Palast. Durch den gut strukturierten Aufbau der Stadt konnten sie sich einfach geradeaus halten, auf der so genannten »Präfektenstraße«. Sie führte in den »besseren« Teil der Stadt, wie Capus sich ausgedrückt hatte. Shanija war gespannt, wie die Häuser dort aussahen, wenn das hier der »schlechtere« Stadtteil war.
Über ihnen erklang das ferne Schlagen von Schwingen. Shanija blickte zum Himmel. Auch Seiya und As’mala waren die Fiogan am Himmel aufgefallen. Sie kreisten über ihnen, schwarze Schemen vor den Gestirnen. Inzwischen waren es gut zehn Vögel, wobei immer wieder einige abflogen und andere hinzukamen. Als wollten
alle
Fiogan der Kraterstadt
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