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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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Sohn. Gelehnt war sein Kopf an die Säule, als ruhe er aus.
    Joseph aber eilte hin und sah, daß er schlief.
    Da faßte Joseph ihn an den Schultern und schüttelte ihn und sah ihn öffnen die Augen.
    Eben da soll Jesus dem Joseph gesagt haben: ›Vater, gefunden habe ich das verlorene Buch.‹
    Wie aus dem Feuer soll Joseph ihn gezogen haben, ihn hochgerissen haben herauf, unter die Arme ihm greifend, hoch in die Luft ihn zu heben. Und dann rasch den Gang der Säulenhalle hinab und hinaus aus dem Tor des Tempels. Hastig, als stünde in Flammen das Heiligtum.
    Und draußen, endlich, am Fuße der Treppen, mit Händen und Armen hielt er den Jungen an sich gedrückt.
    Und Wut schoß hinzu. Und als Joseph schon nachgab der Wut, dachte er an die gewiesene Richtung und meinte: Ich habe Antwort erhalten von IHM.
    Da verflog seine Wut.
    Aber fest hielt er den Sohn. Fest, bis sie hinaufkamen zum Haus in die Kammer, wo er den Sohn der Mutter zurückgab.
    Da brachen sie noch vor Mittag auf, die Heimreise hinab nach Nazaret anzutreten.
    Und sie verließen das Viertel, wo sie Herberge hatten, und verließen die Stadt durchs Gennattor, das hieß nach dem Garten.
    Das Gartentor aber stand unweit der Stelle, wo ihr heute sitzt, heute, und von ihm hört heute.
    Denn durch dieses Tor zogen sie damals und wandten sich gleich dahinter nach Norden, den Pfad eng an der Stadtmauer entlang. Und der Pfad verlief gegenüber der Höhe, die sie Schädelstätte nannten, Golgotha, wo sie kreuzigten.
    Keiner von ihnen aber ahnte, daß sie, kaum war er wiedergefunden, schon am Ort vorbeiliefen, wo er stürbe.
    Und als Jesus linkshin sah zur Schädelstätte und verlangsamte den Schritt, da schalt ihn die Mutter, die hinter ihm herkam, und trieb an zur Eile den Sohn: ›Hier gibt’s nichts zu sehen!‹
    Bis an die Ecke der Stadtmauer gingen sie, wo die Umwallung Jerusalems sich wandte nach Ost. Und zogen weiter nordwärts, bis ihr Pfad mündete in die Straße nach Schechem. Und hielten den Sohn zwischen sich.
    Und auf dem Weg dachte Joseph, im Auge immer den Jesus, der ging vor ihm her:
    Warum wurde der Sohn uns genommen, warum zurückgehalten von wem? Und warum jetzt wiedergegeben, heil, unversehrt? Was habe ich falsch gemacht, daß ihn der Herr mir enthielt – kann es sein? Was jetzt aber, ohne mein Wissen, richtig getan, daß ER ihn mir wiedergegeben?
    Und Joseph wußte es nicht.
    Da sagte eine Stimme in ihm, die war klein und ging unter, während sie widersprach:
    ›Richtig getan hab ich das Richtende: das Gebet und das heimliche Reden zu IHM. Denn danach kam Richtung.‹
    Und als er’s gehört, noch im Untergehen der Stimme – schwach war sie, aber um so genauer belauscht –, sagt er ihr hinterher:
    ›Und noch vor meiner Rede zu IHM hätte ER es nicht gewußt? Was wiegen meine Worte vor IHM, wenn ich ausspreche, wonach mich verlangt?‹
    Und Joseph dachte bei sich:
    Nicht viel, nicht viel wiegen sie, meine Worte. Was wiegt schon ein Menschenwort, Wort eines Sohnes der Menschen?
    Und weiter sprach er, noch in Gedanken:
    ›Wenn also ich Wort werden lasse, was hintritt zum WORT – was wiegt es schon?‹
    Und da – er ging des Wegs noch, blieb nicht stehen – sah er’s hintreten, wie er’s ausgesprochen hatte im Innern. Sah hintreten das eine zum Andern.
    Und sah, daß sie wiedererkannten einander.
    ›Wenn es aber ein Wiedererkennen gibt, das kommt durch heimliche Rede zu IHM, Wort hin zu WORT, dann gab es etwas davor, das war nicht Wiedererkennen. Denn da sah zwar einer den anderen, aber: vorbei, liefen vorbei aneinander, kein Wiedererkennen war.
    Nicht im Sehen also wäre’s, das Wiedererkennen, sondern im Unsichtbaren. Im Wort, das heimlich hintritt zum WORT.‹
    So dachte Joseph bei sich und sah auf. Da waren sie auf der Höhe von Beit-El.
    Joseph aber rief den Sohn zu sich, dass er liefe neben ihm her, zu seiner Rechten.
    Und Joseph sagte zu ihm:
    ›Nun aber erkläre mir, was ich dich sagen hörte, als ich dich fand bei den Säulen der Halle des Salomo. Da sprachst du mir wirr, als sagtest du: „Gefunden hab ich’s.“ Was denn gefunden?‹
    Und Jesus sagte: ›Gefunden habe ich das verlorene Buch.‹
    Und Joseph fragte: ›Was meinst du damit? Denn bis jetzt waren wir still, nur zu froh, dich wiedergefunden zu haben. Aber glaubst du, es würde deinen Eltern genügen: „Ich war im Hause des Herrn, meines Vaters – die ganzen drei Tage, während deren ihr mich gesucht“? Soll ich dir glauben? Denn, glaub mir, ich habe

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