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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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zu rücken.
    Und vornübergebeugt am Boden, fühlt Joseph das Reiben und Kratzen der kreuz-und-quer schlingenden Stricke und der rauhen Windungen des Seils, damit das Tuch war umwunden des Leichnams. Denn es rieben rauh an der Haut ihm die Stricke, als die Männer schoben und rückten den Toten hinein, bis er lag zur Gänze auf Josephs Rücken.
    Aber wie war es möglich, daß niemand ihn sah? Niemand erkannte den, der da lag und der rückentrug den Kadaver des Aufsehers? Als läge da niemand, so war’s.
    Denn wie würde Joseph, der da starr lag und nackt, sonst nicht bemerkt?
    Da war es Joseph, als sei er nicht mehr.
    Denn, die hineinschoben die Hülle mit dem Leichnam des Toten, umschlossen vom Seil, die bemerkten nicht Joseph.
    Und Joseph dachte: Bin ich denn tot bereits, zu erwachen nun unterm Toten, den sie auflasten meinem Rücken?
    Joseph aber, noch während man über ihn hinzog die Hülle des Toten, hörte das Pochen des zweiten Herzens, das gegenschlug ihm in der Stirn.
    Und dachte: Ist dies das Herz, das mich einschlägt ins Totenreich? Abzulösen das alte Herz und die Kammern des alten?
    Aber fühlte ich nicht das Reiben und Schürfen des rauhen Seils hin über die Haut, meine Haut, und fühlte ich nicht das Hinschleifen des Tuchs über den nackten Rücken, bis hinab zu den nackten Gliedern?
    Wie wäre ich tot also?
    Denn Klopas – ich höre ihn stöhnen – zieht und packt die Hülle am Seil, während die Söhne nachstoßen ruckhaft. Bis ganz auf mir liegt und mich deckt der andere.
    Warum denn sieht niemand, entsetzt sich und zieht mich heraus?
    Da glaubte Joseph, Gott habe ihn unsichtbar gemacht oder verschlossen die Sinne den Seinen. Daß sie nicht sähen: Joseph, den Gott hatte aufgehoben. Joseph, den ER hatte ausgehoben – und ließ ihn nicht wissen, wofür.
    Und doch pochte ihm immer entgegen das Stirnherz, als spräche es eilig:
    ›Öffne, öffne mir!‹
    Da hörte Joseph sich entfernen die Träger, Klopas, Jakobus und Jesus.
    Und Joseph glaubte, Maria sei näher getreten. Und hörte sie weinend stehen am Eingang der Kluft.
    Bis sie wegtrat beiseite, andere vorzulassen. Und abermals schrie sie auf.
    Da hörte Joseph die Schritte der andern, die trugen herbei den Stein, den Eingang zu schließen der Kluft.
    Die Felsplatte aber, die sie trugen und setzten, schlug mehrmals auf am Einlaß. Denn sie lehnten den Stein, rückten und richteten ihn, daß er schloß.
    Und Joseph hörte und fühlte, daß tiefere Dunkelheit wurde. Und Dunkelheit sickerte tiefer durch Lehm und Sand, die ihm am Boden schlossen die starr offenen Augen.
    Da preßten Verdammnis und Trauer beisammen auf ihn herab.
    Und Joseph hörte von draußen Klopas, wie er vor dem Stein spricht, sie wollten hinauf zu dem Ort, zu opfern auf Josephs Altar. Und er hörte sie flüstern und sich entfernen hinauf.
    Aber es blieb einer.
    Da glaubte Joseph zu erkennen den Sohn.
    Denn als der schlug mit Stein auf den Stein, der die Öffnung verschloß, sprangen ab von der Felsplatte Splitter und Staub, und Joseph hörte ihn husten.
    Und erkannte den Sohn.
    Und immer wieder hört er ihn schlagen, hört Kratzen und Schaben und Schlagegeräusch.
    Und das Schlagen des Steins auf den Stein: aufschlagen fühlt er’s, eins werden – nah kommen, näher – dem Pochen des Herzens in seiner Stirn.
    Bis beide sich decken, das Schlagen von außen und das Pochen von innen.
    Da ist’s Joseph, der nicht weiß, was geschieht, und ihre Stimmen nicht mehr hört, als hörte er im Schlagen und Kratzen und Schaben, was er nun sieht, vor sich sieht:
    das Ausgeschabtwerden seines Namens.
    Denn sich ausgeschlagen sieht er, aus dem Gedächtnis der Seinen geschabt sieht er sich. Und sieht die Hand, Schlag auf Schlag, tilgen den Namen:

    Sieht also ›Joseph‹,

    … den Namen,

    … die letzte Namenspur noch:

    gelöscht aus dem Buch des Lebens:
    So überkam Ohnmacht und nahm ihn.
    Kapitel 55. Der Glanz
    Nacht ist. Da erweckt ihn das pochende Schlagen.
    Stirnherz weckt auf den Gelähmten.
    Und er bewegt sich.
    Die Lippen schnappen nach Staub, und Erde dringt in sich öffnenden Mund.
    Da hebt sandig die Stirn sich vom Boden, die platt gelegen, niedergepreßt war drei Tage.
    Ruckt nach oben der Kopf.
    Und die Hände, starr vormals, zieht der Erwachende seitlich herauf. Sich aufzustützen, die Brust zu stemmen vom Boden.
    Und durch die Flügel der Nase dringt Verwesungsgeruch des Toten, der liegt auf ihm.
    Da speit er aus vor sich hin den Sand, den die Zähne mahlten.
    Und

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