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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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des Seils, zerrte er, mit der Hand umgreifend, rückwärts das Tuch, samt eingebundener Last, rückwärts nach außen.
    Jetzt sieht er, daß der hintere Teil der Umschnürung aufgenagt war, aufgerissen dort die Umhüllung.
    Und kaum bückt er sich nach dem Seil, erkennt er den Wolf, der zurückwill zur Höhle. Dem Stoßwind entgegen rückt langsam das Tier der Felsspalte näher, vor der Joseph noch steht.
    Da zog Joseph den Toten ab von der Kluft. Und er schleifte die Hülle am Boden, daß das Ende des Tuchs aufwirbelte Staub, hingebogen vom Wind.
    Und sieht nachsetzen den Wolf.
    Und streitet mit ihm, der ihm streitig machen will, was die Hülle enthält, und mit Fängen nachschnappt und einreißt ins Tuch.
    Da hielt Joseph das Tuch fest, hielt es am Seil, während er zog und rückwärts weiterschleifte den Toten, zurück zu den Felsen, auf die andere Seite des Felsenrunds.
    Und er bewarf mit Steinen den Wolf und vertrieb ihn.
    Und hockte sich bei den Felsen und eilig band los die Seile, mit denen sie hatten umwunden die Hülle am oberen und am unteren Teil, sie bindend der Mitte zu.
    Und frierend stand er auf und zerrte am Tuch. Riß an ihm und trat nach, den Kadaver aus der Umhüllung zu wälzen.
    Und wie verrückt zog er, kaum war’s getan, das Tuch um sich. Schloß es fest um sich und band’s fest mit einem der Seile.
    Und achtete nicht weiter des Toten, sondern hockte sich hin zwischen die Felsen. Und Hände, Füße und Kopf zog er ein, unterm Tuch sich zu bergen. Und zitternd saß er darunter, zog sich das Tuch immer wieder hin an die Haut, als läge es nirgendwo eng genug an.
    Da, als er sah, was ihn so umhüllte, durchfuhr’s ihn. Denn er sah, daß das Ende des Seils, an dem er den Toten gezogen und mit dem er das Tuch nun an sich gebunden, versengt war. Und sah im blut-und-staubbeschmutzten Gewebe, damit er umhüllt war, mehrfach noch Sternenkreuz.
    Da erkannte Joseph, daß sie zur Umhüllung des Kadavers Marias Tuch verwandt hatten. Zur Umbindung der Hülle aber das geteilte Seil, das sie gefunden hatten beim Feuer der Lagerstelle.
    Denn es war das Seil, mit dem Joseph einst trug den Äpypter und das er aus Nazaret mitgenommen zum Opferberg. Damit war Jesus gebunden und daraus hatte er sich befreit, als er’s hielt an die Glut.
    Nun aber, da Joseph saß umhüllt vom Tuch, mit dem die Seinen hatten auch den Toten zu Grabe gelegt, fühlte er, wie betäubt, wirre Gedanken noch ruhelos kreisen. Und hätte Joseph sie zu ordnen, sie zu übersetzen vermocht, er hätte gesprochen:
    ›Warum brachten sie, die ich liebe, herbei dieses Tuch? Warum dieses für mich und kein anderes? Denn wie zur Beruhigung hatten sie’s einem Kranken gebracht, der beruhigt werden sollte durch das Tuch, das er kannte. Denn das langvertraute, ihr blaues, sie gedachten’s mir umzulegen, sobald sie mich fänden. Daß ich ruhiger würde darin, eingehüllt darin aufgehoben während des Rückwegs und, noch bevor sie mich heimgeschafft hätten, wie zu Hause schon wäre.
    Denn der Sohn, als er eintraf in Nazaret ohne den Vater, wird ihnen so berichtet haben von mir: „Unser Kranker, der alle in Unruhe versetzt hatte seit der Rückkehr vom Pessach, nun ist er rasend geworden, rasend in der Nacht seines angekündigten Opfers. Helft mir doch also, ihn zu beruhigen, kommt mit und helft heimführen den Vater!“
    Da wohl nahm sie das Tuch, meine Frau, das mir lieb war, sie wußte’s. Sie nahm’s aber von unserem Lager, hob’s auf. Denn dort, ausgebreitet querhin zu Füßen des Bettes, hatte’s gelegen, das blaue Tuch, auf dem ich sie einst getragen. Das blaue Tuch, neben dem sie lag, als ich sie einst am windgekräuselten Wasser entdeckte.‹
    So kreiste’s gedankenruhlos in Joseph, trieb es in Scherben wirbelnd in ihm.
    Er aber zog es enger, das Tuch, als risse das Tier noch daran.
    Plötzlich schrak er auf, suchte im Mondlicht zurück den Weg, wo er ausgeschüttet die Überreste des Toten.
    Und hockte davor und suchte darin.
    Und fand den Gürtel, zog ihn aber nicht hervor. Sondern darunter, zog aus den Teilen darunter hervor: den Streifen Tuchs, den Maria dorthin gelegt hatte dem Toten, zurückgelegt ihm, wie zum Zeichen.
    Da nahm Joseph den Streifen und schloß ihn an sich unter das Seil nah der Hüfte.
    Und er grub an der Stelle vor den Felsen, wo ausgeschüttet lagen die Reste, eine Grube. Und schob die Reste hinein und deckte sie zu mit Sand und hob und setzte zwei Steine darauf, daß kein Tier sie ausscharre dort.
    Und als er’s

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