Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst
Entscheidungen. Die Biologie sorgt vielleicht für den Saft und die Kraft, keineswegs nimmt sie jedoch dem Geist das Heft aus der Hand.
All diese Fragen münden in die Frage nach dem freien Willen. Nach unserer Überzeugung bleibt er im menschlichen Dasein stets tonangebend. Grundsätzlich aber sind in Bezug auf den Umstand, dass neurochemische Substanzen unsere Emotionen, einschließlich Liebe und Einfühlungsvermögen, zu steuern vermögen, zwei Perspektiven möglich. Entweder können wir sagen, wie wir fühlen, unterliege nicht unserer Kontrolle, wir seien nicht Herr, sondern Knecht unserer Neurochemie und hätten wenig oder gar keinen freien Willen. Oder wir können aus der Superhirn-Perspektive die Auffassung vertreten, das Gehirn sei ein unglaublich fein abgestimmtes Organ, das diejenigen Emotionen produziert, die wir im gegebenen Moment benötigen.
Das Gehirn braucht Auslöser, die sehr subtil sein können. Einem attraktiven Mann zu begegnen kann für eine Frau dieses oder jenes bedeuten, je nachdem, ob sie ungebunden ist oder nicht. Fühlt sie sich gebunden, werden all die auf Verliebtheit hinauslaufenden Prozesse im Gehirn nicht in Gang gesetzt. Bei einer ungebundenen Frau hingegen verhält es sich möglicherweise umgekehrt. Beide Male hat das Gehirn jedenfalls der Frau die Entscheidung nicht abgenommen. Emotionen werden, ungeachtet ihrer unbestreitbaren Macht, zu dem Zweck hervorgebracht, uns dienlich zu sein.
An dem Punkt kommen die intuitiven Kräfte mit ins Spiel. Indem die Intuition sich über die Emotionen und den Verstand erhebt, vermittelt sie Ihnen einen Gesamteindruck von den Dingen (Psychologen sprechen hier von Gestalt – der Ganzheitlichkeit unseres dieser oder jener Situation zugeordneten Vorstellungsbildes von der Wirklichkeit). Wer am Arbeitsplatz die Verantwortung innehat, muss sich nicht ein Schild ans Revers heften, auf dem steht: » Ich habe hier das Sagen. « Alle erdenklichen Signale (der Tonfall der Stimme, das großzügig bemessene Büro, die Aura von Autorität) verbinden sich zu einem Gesamtbild, das wir intuitiv erfassen. Wir sagen, dass wir für eine Situation » ein Gespür haben « . Dieses ist durchaus nicht dasselbe wie eine Emotion; es ist vielmehr ein Gefühl, das Ihnen ganz unmittelbar sagt, was los ist. Hier müssen Sie nicht, emotional oder rational, Stück für Stück ein Bild zusammenfügen.
Alle nachfolgend aufgeführten Vorgänge fallen unter » Intuition « :
sich auf den ersten Blick verlieben;
wissen, dass jemand lügt;
spüren, dass Dinge aus einem bestimmten Grund geschehen, selbst wenn dieser noch nicht ersichtlich ist;
sich der Ironie bedienen– also etwas sagen, mit dem man das Gegenteil meint;
über einen Scherz lachen.
Intuition wäre weniger strittig, wenn sie gesondert an einer Stelle im Gehirn beheimatet wäre. Das trifft jedoch nicht zu. Einem sehr weit verbreiteten Glauben zufolge soll die rechte Gehirnhälfte für Intuition zuständig, die linke hingegen rational und objektiv sein. Diese fein säuberlich getroffene Unterscheidung konnte einer rigorosen Überprüfung allerdings nicht standhalten. Was intuitive Menschen kennzeichnet, ist hingegen bestens bekannt:
Sie treffen schnelle Entscheidungen, ohne dabei einen rationalen Entscheidungsprozess zu durchlaufen. Dennoch sind ihre Entscheidungen keineswegs weniger treffsicher.
Sie nehmen feinste Details im Gesichtsausdruck ihres Gegenübers wahr.
Sie verlassen sich auf Einsicht– definiert als etwas, was sie unmittelbar wissen, ohne darauf zu warten, dass der Verstand zu diesem oder jenem Schluss gelangt.
Sie vollziehen schöpferische Sprünge.
Sie können den Charakter anderer Menschen gut beurteilen– Sie wissen, wie man aus einem Menschen schlau wird.
Sie vertrauen und folgen ihrer ersten Eingebung, urteilen blitzschnell und aus dem Stand.
Wer seiner Intuition vertraut, findet die letztgenannte Kategorie– aus dem Stand zu urteilen und zu entscheiden– besonders faszinierend. Herkömmlicherweise schätzen wir eher ein Urteil, das auf andere Art zustande kommt. Jungen Leuten wird geraten, nicht vorschnell zu sein, die Dinge zu überdenken, um zu einem fundierten Urteil zu gelangen. In Wirklichkeit aber treffen wir alle derartige Entscheidungen aus dem Stand. Darauf geht die Redensart zurück, dass man gegen den ersten Eindruck nicht ankommt. [16] Der erste Eindruck, der auf einen Blick hin entsteht, ist der stärkste. In jüngerer Zeit durchgeführte Studien machen deutlich, dass
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