Super Nova (German Edition)
die Sahnenudeln. »Versuch mal! Es wird dich nicht umbringen, ganz im Gegenteil. Und deinem Magen wird es auch gleich besser gehen, wenn er etwas anderes als Salatblätter und Wasser bekommt!« Shiva blickte immer noch skeptisch, aber er aß die Nudeln. Er kaute ruhiger als vorhin und würgte auch nicht mehr beim Schlucken.
»Es ist warm und wenn man es gut kaut, geht es – abgesehen von dem Geschmack … der verwirrt mich«, sagte er, schob den Käse beiseite und aß alleine weiter. Ich fand es rührend, wie verloren er in den Nudeln herumstocherte. Aber zu meinem Erstaunen leerte er den ganzen Teller – bis auf den Käse.
Hier saßen wir nun, ganz nah beisammen in einem abgedunke l ten Zimmer. Auf dem Servierwagen brannten zwei Kerzen und ich musste permanent diesen wunderschönen Adonis neben mir b e trachten: Ein unglaublicher Mann mit erstaunlichen Fähigkeiten, der mir meinen Verstand raubte, aber mit dem irdischen Käse zu käm p fen hatte. Ich lächelte und fühlte mich wunderbar, obwohl über uns die Bedrohung schwebte.
»Wie geht es nun weiter?«, hauchte ich und deutete mit dem Fi n ger nach oben.
»Wir müssen hier weg, in irgendeine Großstadt, wo viele Me n schen sind. Mitten hinein in den Sog aus Leuten. Wir müssen in der Masse untergehen, dann verlieren sie die Spur«, sagte er und wispe r te leise: »Wenn es keinen zweiten Sender gibt.« Dann lief er wieder zum Fenster, zog die geblümte Jalousie zur Seite und blickte nach oben.
»Sie kommen näher! Sie wissen definitiv, dass wir hier sind!« Se i ne Worte klangen niedergeschlagen. Er ging resigniert zu unserem großen Bett und ich folgte ihm.
»Was geschieht, wenn sie uns kriegen sollten?«
Ich hatte Angst vor der Wahrheit, aber die Ungewissheit war in diesem Fall schlimmer – das dachte ich jedenfalls noch vor der Antwort. »Umsiedeln, das hatte ich dir schon mal gesagt.«
»Aber was bedeutet ›umsiedeln‹? Und wohin? Sperren sie uns ein, berauben uns unserer Erinnerung? Oder töten sie uns gar?«, hakte ich nach und griff ängstlich nach der Bettdecke.
»Nein, die Rava töten nicht! Sie achten das Leben viel zu sehr. Außerdem sind wir alle ihre Schöpfung und darauf sind sie ziemlich stolz. Sie würden ihre Kinder – als das sehen sie uns – niemals töten. ›Umsiedeln‹ bedeutet, dass sie uns auf andere Planeten bringen – fernab der Heimat. Auf einen Planeten, auf dem Menschen leben, die im Vergleich zu uns Jahr hunderte, wenn nicht Jahr tausende zurück sind, damit wir keine Chance haben, mit unserem Wissen auf fruchtbaren Boden zu stoßen. Eine Reise ohne Wiederkehr.«
Mir stand der Mund offen. »Noch andere Planeten, wo Me n schen sind? Wie viele andere bewohnte Planeten gibt es?«
»E s sind über drei hundert , von denen ich weiß. Die Rava haben sie in den vergangenen fünfzigtausend Jahren besiedelt. Es ist wirklich interessant zu beobachten, wie sich die Spezies Mensch entwickelt – und vor allem wie extrem langsam. Wenn die Rava nicht hin und wieder eingreifen würden, ginge es nie vorwärts. Die Erde ist das beste Beispiel. In den letzten zweihundert Jahren habt ihr einen gewaltigen Sprung gemacht – den verdankt ihr aber nicht eurem Wissen, wie ihr glaubt, oh nein. Die Rava haben entschieden nachgeholfen! Aber es gibt Planeten, auf denen der Mensch noch mehr oder weniger in der Steinzeit lebt. Vermutlich würden sie dich dort hinschaffen.«
Das pure Entsetzen durchfuhr mich und ich starrte voller Angst zum Fenster. »Mach dir keine Sorgen, die bekommen dich nicht! Ich werde alles tun, damit sie unsere Spur verlieren«, versuchte er erfolglos, mich zu beruhigen. Die Tatsache, dass sie hier über der Wart burg schwebten und das seit mehr als zwanzig Stunden, nur um eine Chance abzupassen, mich zu fassen und mich auf einen fre m den Planeten fernab unserer Zeit umsiedeln zu können …
Der Gedanke daran war furchteinflößend. Ich kann meine übe r große Angst nicht beschreiben, die mich in dem Moment ergriff, als ich mitten in der Nacht ein Summen hörte. Dieses schreckliche, bekannte Summen, das ich schon einmal wahrgenommen hatte, als mich Shiva holte und die Rava in meinem Zimmer aufgetaucht waren, war wieder da.
»Shiva, ich glaube, das sind sie, sie kommen!«, flüsterte ich furchterfüllt und griff nach seiner Hand. Shiva lauschte in die Nacht hinein. Es war kurz nach vier. Er ging zum Fenster und blickte hinaus. Ich konnte die Lichter vom Bett aus sehen – so viel näher als sonst. Direkt vor uns
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