Super Nova (German Edition)
gend zur Tür. Es war einfacher, als ich dachte.
»Geht es dir gut?«, fragte Shiva plötzlich und seine Worte rissen mich herum. Was hatte er gesagt? Gut? Wie war das? Er musste mich für irre halten. Wie eine Taubstumme stierte ich ihn an.
»Bitte?«, war das Einzige, was über meine Lippen kam.
»Fühlst du dich gut? Ist alles in Ordnung?«, formulierte er seine Frage um. Ich nickte heftig. »Ja, oh ja. Danke, mir geht es gut, sehr gut sogar! Ich bin nur leicht verwirrt, da ich nicht damit gerechnet habe, dich hier zu treffen«, antwortete ich, ohne mich dabei zu verhaspeln.
»Dann gehe ich jetzt besser und du kannst ungestört deine Arbeit verrichten.«
Super, das war nach hinten losgegangen. »Nein, du musst nicht geh en! Schon gar nicht meinetwegen! Bleib nur und lies weiter. Hier sind genügend andere Räume, die ich aufräumen sollte.«
Aufgewühlt verschwand ich sofort aus dem Zimmer, ohne die Antwort abzuwarten. Ich ging schleunigst zum Abstellraum, füllte einen Eimer mit Wasser und nahm das Fensterleder. Dann begann ich, arbeitswütig die Fenster zu putzen. In meinem Kopf drehte sich gerade alles und meine Gedanken spielten verrückt. Die Arbeit half mir, wieder einigermaßen klar zu denken. Zwischendurch blickte ich immer auf die Uhr. Es ging schon langsam auf neun zu und Shiva war noch da. Wie schön, die Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten weiter. Es wurde halb zehn und die Fenster glänzten – bis auf die in Vaters Zimmer, in dem Shiva sich aufhielt.
Ich begann, in Torbens Büro aufzuräumen. Hier türmten sich stapelweise Papierberge. Ich ordnete die Akten alphabetisch, fügte lose Blätter wieder hinzu, heftete alles ab und räumte sie gerade in die Schränke, als ich durchdringende Blicke in meinem Rücken spürte. Erschrocken fuhr ich herum.
»Ich gehe jetzt. Wir sehen uns«, verabschiedete sich Shiva und sah mich dabei an wie nie zuvor. Mir war, als versuchten seine Augen, mir etwas zu sagen. Nur was? Ich verstand ihn nicht. Ich hatte schon Probleme, seine gesprochenen Worte zu verstehen – dermaßen verrückt spielte mein Körper, wenn er in meiner Nähe war. Daher nickte ich nur und er verließ das Büro.
› Wir sehen uns! ‹ Diese drei Worte ließen mich den langen Sam s tag überstehen. Ich hörte sie immer und immer wieder.
›Wir sehen uns‹ , hallte es auch noch in mir, als ich am späten Nachmittag die Zweigstelle in » BaLi « aufräumte.
Wir sehen uns – nur wann und wo?
Ich hatte die einmalige Chance gehabt, ihn so viel zu fragen, und hatte sie vertan . Ich war traurig wegen meiner maßlosen Dummheit. Wie kindisch hatte ich mich nur verhalten? Was musste er von mir denken? Ich wollte es lieber nicht wissen. Depremiert und abg e kämpft schloss ich am Abend kurz vor acht die blitzblanken Räume der Zweigstelle ab und fuhr nach Hause.
Auf dem Küchentisch fand ich einen Zettel: »Deine Mutter ist bei uns. Wir grillen auf der Veranda. Bitte komm e zum Abendessen zu uns, wir warten auf dich! Maria«.
Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ich war müde und wollte in mein Bett, aber die Aussicht, Torben über Shiva ausfragen zu können, verlieh mir Flügel und ich war schneller bei den Schreibers, als ich noch vor ein paar Minuten dachte. Torben stand tatsächlich bei diesen eisigen Temperaturen draußen und grillte fröhlich, wä h rend Mutter mit Maria in der Küche an der Esstheke saß.
»Hallo«, begrüßte ich beide. »Ist Rania da?«
»Nein, sie wollte zur Disco und ist schon weg. Soll ich dich auch hinfahren?«, bot Maria hilfsbereit an.
»Nein, danke. Ich bin müde und sehe Rania morgen, das reicht. Aber ich gehe mal raus zu Torben und schau nach, ob er Hilfe braucht«, flunkerte ich.
»Hey, Stella, du kommst aber spät«, begrüßte mich Torben und drehte die Steaks um. »Ja, ich wurde heute Morgen ein wenig aufg e halten. Dein Praktikant war da! Mit ihm hatte ich gar nicht gerec h net. Er war in Paps’ Zimmer und saß sogar in seinem Sessel!«, sagte ich mit einem vorwurfsvollen Unterton, was eigentlich nicht bea b sichtigt war.
»Shiva, ja. Der Junge ist fabelhaft! Eine wahre Bereicherung«, schwärmte Torben und war voll und ganz in seine Aufgabe als Grillmeister vertieft. »Shiva erzählte etwas von einer Gerichtsve r handlung. Lässt du ihn etwa einen Fall alleine bearbeiten? Er ist doch nur ein Praktikant!«
Torben blickte auf. »Im Grunde ja, ein Jurastudent, aber was für einer! Er ist grandios, kennt alle Gesetze und Paragrafen auswendig. Seine
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