Super Nova (German Edition)
schlucken. Er war wunderschön, der Trau m mann schlechthin. Seine kühle Art, die Unnahbarkeit, die er au s strahlte, gepaart mit seinem gigantischen Aussehen, verursachte wieder dieses zuckersüße Kribbeln in meiner Magengegend, für dessen Erscheinen einzig Shiva verantwortlich war. Aber das durfte ich ja gar nicht denken. Deshalb senkte ich meinen Blick und b e trachtete das Verbandsmaterial, das auf unserem Bett ausgebreitet parat lag.
»Deine Verletzung ist tief. Es ist ein großer Schnitt. Lass mich bitte danach sehen«, bat ich und zeigte auf die Utensilien aus dem kleinen Notfallkoffer.
»Es geht schon. Ich bin nur keine Wunden gewöhnt, die tagelang brauchen, um zu heilen. Wir verfügen über Lasertechnologien, die sofort sämtliche Wunden schließen.«
»Eben! Darum wäre es besser, ich würde deine erste Wunde, die natürlich heilen muss, auch dementsprechend versorgen.«
Zu meinem Erstaunen gab er nach und setzte sich sogar schwe i gend vor mich. Durch das Wasser hatte seine Verletzung zwar aufgehört zu bluten, aber eine große Wunde demonstrierte mir die tragische Nacht, die wir beide hinter uns hatten. Während ich seine Verletzung mit der Heilsalbe bestrich, um die Wunde anschließend ordentlich mit dem Verbandsmaterial abzudecken, erkundigte ich mich, was letzte Nacht in den Minuten passiert war, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte. »Wie sind wir eigentlich aus der Küche entkommen? Ich weiß leider nichts mehr, mir war unglaublich schwindelig.«
»Ich habe dich zum Auto getragen. Die Rava hatten dir ein leic h tes Narkotikum injiziert. Zudem haben sie hervorragende mentale Kräfte, die die Erdlinge außer Gefecht setzen. Darum wurde dir auch schwindelig. Die Rava schwächen ihre Gegner und machen sie bewusstlos, was in den meisten Fällen auch von Vorteil ist, denn sie wollen im Grunde niemanden ängstigen oder quälen. Sie testen nur, was für alle Zivilisationen seit vielen Jahrtausenden lebenswichtig ist. Ohne sie gäbe es uns heute gar nicht!«, erklärte er patriotisch.
Ich wurde nachdenklich und legte den Rest der Binden in den Koffer zurück. »Wenn ihre Absichten gut waren, weshalb mussten wir dann fliehen?«
Shiva gefiel die Frage gar nicht. Mit düsterem Blick drehte er sich wieder zu mir. »Hättest du das Elixier getrunken, hätten wir niemals fliehen müssen!«
»Also ist alles meine Schuld?«, hakte ich kleinlaut nach und Shiva verkniff sich die offensichtliche Antwort. »Und jetzt sind sie zie m lich sauer auf dich, weil du mir geholfen hast!«
Shiva lachte sarkastisch auf. »Das sind die einfältigen Worte eines Erdenmenschen. Sauer … Die Rava sind nicht sauer! Was ich getan habe, als ich dich ihnen entzog, ist Hochverrat an unseren Völkern. ›Sauer‹ ist trivial.
Was mich erwartet, sofern sie mich je bekommen, ist nicht im Entferntesten mit dem Wort ›sauer‹ zu beschreiben! Und nun möchte ich gerne schlafen. Die Nacht war hart genug.«
Er drehte sich um und legte sich auf die Seite – so weit wie mö g lich von mir entfernt.
Eine nie da gewesene Traurigkeit übermannte mich. Shiva tat mir leid. Das hatte ich nicht gewollt. Ich begriff meine Dummheit. Was hatte ich nur angerichtet? Als ich den Rest der Tupfer und Hef t pflaster in den Verbandskoffer zurücklegte, liefen mir die Tränen schamlos übers Gesicht. Er war meinetwegen in einer schier au s sichtslosen Situation und ich konnte gar nichts für ihn tun.
Mein Weinen war lautlos. Ich wollte nicht, dass er etwas hörte. Ich verkniff mir jeden menschlichen Ton und versuchte, ruhig weiterzuatmen , während mir die Tränen über die Wangen rannen. Sie tropften auf die Bettdecke. Dieses Geräusch konnte ich nicht verhindern und Shiva drehte sich zu mir. Reumütig blickte er mir in die verweinten Augen und ich schniefte verlegen.
»Hör bitte auf mit diesen … Tränen da«, sagte er und deutete auf mein Gesicht. »Das hilft uns auch nicht! Außerdem trage ich mi n destens genauso viel Schuld wie du. Wenn ich es mir recht überlege, ist es allein meine Schuld. Ich hätte mich vergewissern müssen, als ich dich holte – doch das tat ich nicht, weil ich die Angelegenheit nur schnell hinter mich bringen wollte, und so achtete ich weder auf das Elixier noch auf deinen Geist. Du musst alles bewusst erlebt haben – auch diesen immensen Schmerz … Das tut mir sehr leid. Wenn ich, um es mit deinen Worten zu sagen, sauer bin, dann wahrscheinlich auf mich selbst und mein Versagen. Und nun mach dir keine
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