Super Nova (German Edition)
als er unsere Tür schloss. Ja, Shiva strahlte einmal mehr wie ein funkelnder Stern – ein Star, ganz ohne Zweifel. Während das Taxi uns zur Wartburg brachte, flüsterte ich zu Shiva: »Glaubst du wirklich, die Rava haben uns nicht erkannt? Nur weil wir anders gekleidet sind?«
»Im Grunde schon. Die Rava sind es nicht gewohnt, Personen optisch zu verfolgen. Ihre visuelle Wahrnehmung in Bezug auf die Menschen ist nicht die beste. Sie arbeiten nur mithilfe der Sender und haben so immer die exakten Koordinaten ihrer Testpersonen. In unserem Fall müssen sie auf eine Art Teleskop zurückgreifen, ein Teleocula . Es ist zwar hochmodern und man kann kilometerweit damit sehen, aber das ist nicht die Stärke der Rava . Sie orientieren sich in erster Linie an der Bekleidung oder gegebenenfalls an Gege n ständen, die der Beobachtete mit sich trägt. Deshalb brauchten wir auch diese neuen Reisetaschen, die mir Torben zur Verfügung stellte. Zudem sind wir inmitten einer Reisegruppe aus dem Bahnhof gekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns erkannt haben.«
Ich war beruhigt – fürs Erste. Aber meine zweite Sorge galt dem Hotel. »Und wenn sie hier nachfragen, einen wie dich schicken und so erfahren, dass wir noch hier sind?«, erkundigte ich mich, als wir auf der Burg angekommen waren und der Taxifahrer unsere Reiset a schen auslud.
»So einen wie mich?«, fragte Shiva lächelnd. »Sollen sie ruhig so einen wie mich schicken. Wir checken hier ein als Herr und Frau Schmidt, ganz klassisch. Ich zahle in bar, keine Kreditkarten, keine Namen, das finden die nicht heraus. Außerdem dürften sie nicht ansatzweise glauben, dass wir wieder hier sind.« Das leuchtete mir im ersten Moment ein, aber als wir uns der Glastür des Hotels näherten, erkannte ich schon von Weitem Frau Tenner an der Rezeption.
»Das wird wohl nichts mit deinem Plan. Die kennt uns und weiß definitiv, dass wir nicht Herr und Frau Schmidt sind!«
»Dann wart mal ab …«, raunte mir Shiva überlegen ins Ohr und legte wieder seinen Arm um meine Schultern. Wie ich das genoss, als wir wie ein echtes Paar durch die Eingangstür schritten … Ich wünschte, die Zeit würde stehen bleiben, nur für einen kleinen Augenblick, damit ich das Gefühl , als die Frau an seiner Seite , etwas länger auskosten konnte. Leider war die Zeit unbarmherzig und der Zeiger tickte gnadenlos weiter.
Shiva ging gezielt auf Frau Tenner zu, die uns erst angrinste, plötzlich ganz verträumt schaute und sich dann leicht schüttelte, um wieder das übliche Lächeln einer Empfangsdame aufzusetzen.
»Guten Abend, ich begrüße Sie herzlich auf der Wartburg! Was kann ich für Sie tun?« Ich staunte bei ihren Worten .
»Wir brauchen ein Zimmer, die Nummer zwölf bitte! Bis morgen Mittag und es geht auf Schmidt. Ich zahle vorab in bar«, leierte Shiva herunter. Daraufhin stellte Frau Tenner eine Quittung aus und übergab uns den Schlüssel für das Zimmer mit der Nummer zwölf.
»So, Herr Schmidt, dann wünsche ich Ihnen und Ihrer Frau e i nen angenehmen Aufenthalt auf der Wartburg.«
Und wieder verstand ich die Welt nicht mehr. Ich wusste um Shivas bemerkenswerte Fähigkeiten der Beeinflussung des menschl i chen Gehirns, oder Gedankentransformation, wie er es nannte. Und doch ängstigte mich diese Gabe. Es war grotesk, was man mit Personen machen konnte. Es schien so einfach zu sein, ihre Wah r nehmungen zu beeinflussen, ohne sie zu berühren oder irgendetwas Offensichtliches zu tun – nur mit der eigenen mentalen Kraft, die uns Menschen der Erde fehlte.
Wie stark war Shivas geistige Kontrolle? Was vermochte er den Menschen um sich herum in die Köpfe zu pflanzen? Und wie wahnsinnig schwach waren wir Erdlinge ?
Wir waren Marionetten ohne echten Willen!
Mir grauste bei diesem Gedanken und ich trat schweigend in u n ser vertrautes Zimmer Nummer zwölf. Alles war so, wie wir es vor ein paar Stunden verlassen hatten. Nur die Betten waren frisch bezogen.
Ich holte meine Jeans und einen Pulli aus der Reiset asche und verschwand wortlos ins Badezimmer.
Der Schock saß tief. Ich konnte mich selbst beim Umziehen auf nichts anderes konzentrieren als auf Shivas Gedankentransformati o nen. Ich wusste, dass er es konnte, aber es demonstriert zu beko m men, verunsicherte mich enorm. Ich schauderte erneut, ging zum Waschbecken, wusch mein Gesicht und entfernte die Schminke. Dann löste ich die Haarnadeln, öffnete mein langes Haar und kämmte mich. Dabei betrachtete ich mein
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