Super-Weine aus dem Supermarkt 2011 2012
Traubenlese und vor allem weniger Holzeinsatz bei Ausbau waren die Zaubermittel für diesen Paradigmenwechsel. Diese bemerkenswerte Entwicklung hat von »oben nach unten« stattgefunden. Begonnen hat sie zunächst bei den Premium-Weinen der kleineren High-End-Weingüter, angekommen ist sie aber mittlerweile auch bei den Basisweinen der »Big Boys« unter den Kellereien (und wir wissen: in Australien sind die echt »big«). Bestes Beispiel ist hierfür der Bin 65 von Lindemans als einer der langjährig erfolgreichen australischen Klassiker im Supermarktregal. So wie sich die Konsumentenpräferenz immer mehr in Richtung schlankerer Weine entwickelt hat, so wurde auch diese Abfüllung mehr und mehr vom Ballast des Holzes entschlackt und deutlich balancierter ausgebaut. Heute ist dieser Chardonnay an einem Punkt angekommen, da er zwar nach wie vor ein unverkennbaren Aussie ist, aber dennoch die Frische und Trinkfreudigkeit zeigt, wie sie die Freunde von Down-Under offensichtlich bei vergleichbaren europäischen Gewächsen abgeschaut haben.
Verkostung:
Zugänglicher Duft nach frischen gelben Äpfeln. Hübsche Balance auf der Zunge, rund, aber nicht fett, umkompliziert im Aufbau und mit Aroma nach Melone und Mirabellen. Eine präsente, aber nicht aufdringliche Holzprägung mit Vanillenoten hüllt das Ganze ein.
Rebsorten: Chardonnay
Trinktemperatur: 9°
Schmeckt zu: Spaghetti Carbonara
Preis:
Qualität:
Gesehen bei: Karstadt, Real, Rewe
56. CHARDONNAY YELLOW LABEL WOLF BLASS
Das Barossa Valley gilt für viele Weinfreunde hierzulande als Inbegriff des australischen Weinbaus. Deshlab mag es überraschend klinge, dass diese Region jedoch auch sehr stark von Deutschen geprägt wurde. Im 19. Jahrhundert zog es viele lutherianische Siedler hierher, was man heute noch dran erkennen kann, dass es ein Metzger gibt der Schulz heißt, eine Kirche namens Gnadenberg und eine Kaiserstuhl genannte Anhöhe. In der jüngeren Gesichte war es aber vor allem der in Ostdeutschland geborene Wolfgang Blass, der diese Weinregion maßgeblich prägte. Der deutsche Weinmacher gründete hier 1966 sein eigens Weingut und entwickelte es innerhalb von drei Jahrzehnten zu einem der ganz großen Namen in der australischen Weinszene. Begonnen hat alles mit gerade mal zwei Hektar Weinreben an der Bilyara Road, deren Namen das Wort der Aborigines für »Adler« bedeutet und somit, durchaus auch als Reminiszenz an seine alte Heimat, den Greifvogel auf dem Etikett erklärt. Neben den hierzulande leider selten zu findende Rieslingen ist besonders der Chardonnay Yellow Label einer meiner Lieblingsweine von Wolf Blass. Auch er ist in den letzten Jahren immer feiner geworden, zeigt aber dennoch unverkennbar die saftigaromatische Fruchtigkeit und den feinen Vanille-Schmelz vom Holz, der für Chardonnys dieser Region so typisch ist. »Old school« also, aber keinesfalls altmodisch.
Verkostung:
Reicher Duft nach gelben Früchten: Melone; Banane, Ananas und Pfirsich, dazu eine schöne Vanillenote und einen Anflug Butterkaramell. Seidigaromatisch am Gaumen, aber keinesfalls zu »fett«. Hübsche Würze im Finish und gute Länge. Hat wirklich Noblesse.
Rebsorten: Chardonnay
Trinktemperatur: 9°
Schmeckt zu: Hühnerfrikassee mit Curry, Kalbsmedaillons mit Pilzrahm
Preis:
Qualität:
Gesehen bei: Edeka, Marktkauf, Real
57. CHARDONNAY UNOAKED WEIGHBRIDGE P. LEHMANN
Peter Lehmann zeigt, dass es auch anders geht − und liegt damit zielgenau in einem Trend, der immer weiter Raum greift und mehr und mehr Anhänger gewinnt: Nämlich jenem, auch bei so genannten »Neue-Welt-Weinen« verstärkt auf die Frucht der Trauben und weniger die Vanille- und Lohetöne des Barrique-Ausbaus zu setzen. Der wirklich bemerkenswerte Weighbridge Chardonnay kommt sogar ohne jeglichen Holzeinsatz aus und wird deshalb als »unoaked« bezeichnet. Lediglich die vollreife Frucht der Rebsorte steht im Vordergrund. Einen quasi »europäischen« Chardonnay im Stile eines Chablis darf man hier aber dennoch nicht erwarten. Die Wärme Südaustraliens zeigt dieser Wein ebenso wie die »down under« so oft anzutreffende ausladende Saftigkeit. Es ist ein klasse Wein, der die konzentrierte Sortenfrucht des Chardonnays liefert, ohne dabei den Verkoster zu erschlagen. Quasi genau das Gegenteil des Wolf Blass Chardonnay (vorherige Seite), aber in seiner Art genauso gut. Wieder ein Beispiel dafür, wie klug man bei Peter Lehmann offenbar zuerst einmal genau
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