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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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Familie. Aber er passte sich Lasses Schildkrötentempo an. Er brauchte jemanden, dem er seine Weihnachtswünsche aufzählen konnte. Ich war erst eine Stunde auf und bereits wie gerädert. Jetzt hatte ich noch knapp zwei Stunden, um aufzuräumen, zu putzen und die Bettwäsche zu wechseln, damit Max sich in unserem Wohnschlafzimmer vergnügen konnte. Wahrscheinlich spielte er einen Hausherrn, der ein Vorstellungsgespräch mit einem russischen Au-pair-Mädchen hatte. Sie hatte kein Visum und keine Aufenthaltserlaubnis und brauchte den Job sehr, sehr dringend, um ihrer Mutter eine OP zu finanzieren. Er würde ihr die Wohnung zeigen und versprechen, sie einzustellen. Unter einer Bedingung … Und dafür räumte ich jetzt auf, während ich eigentlich unbedingt meine Kolumne hätte schreiben müssen, die ich spätestens um eins abgeben musste. Und mein neues Programm, für das ich noch nicht mal einen Titel hatte, obwohl die Premiere bereits in zwei Monaten anstand. Eine Premiere, auf die Ines all ihre Hoffnungen setzte.
    Ines. Für übermorgen hatte sie mich in ihr Büro zitiert. Ich würde ihr fünfzig Rosen mitbringen und zerknirscht gucken. Und dann würde ich mein schiefes Lächeln aufsetzen und ihr erzählen, ich hätte schon jede Menge Knallernummern fürs neue Programm, obwohl ich nicht mal eine Ahnung hatte, worum es überhaupt gehen könnte. Ines sprach nur unentwegt davon, es müsse ein Burner werden. Am besten über Männer und Frauen, davon redete sie, seit ich bei ihr unter Vertrag stand. Vielleicht wäre es an der Zeit gewesen, ihr zu sagen, dass ich das nicht konnte, dass ich niemals über dieses abgenudeltste aller Themen ein Programm schreiben würde. Schon beim Gedanken daran langweilte ich mich zu Tode. Aber so dachte Ines nicht. Sie dachte daran, dass Mario Barth mit dem Thema das Berliner Olympiastadion gefüllt hatte. Und ich hätte eine zündende Gegenidee gebraucht, statt Max bei seinem Date zu helfen. Ich hatte ein Helfersyndrom im dritten Stadium. Ich brauchte eine Hypnotherapie.
    Max hatte so was mal gemacht nach einem Autounfall. Er war in seinem Audi 600 einem Reh begegnet, und statt draufzuhalten, hatte er das Steuer abrupt herumgerissen, sich mit dem Wagen überschlagen und war auf freiem Feld zum Stillstand gekommen. Sein Schaden bestand in einem Kratzer an der Stirn. Und akuter Fahrangst.
    »Sie gleiten mit zweihundertfünfzig Sachen über die Autobahn«, hatte der Therapeut ihm in Trance zugeflüstert. »Sie fliegen. Sie schweben. Wie ein Vogel. Sicher und frei.«
    Es hatte geholfen. Würde es mir auch helfen? »Sie nehmen auf niemanden mehr Rücksicht«, würde mein Hypnotherapeut raunen. »Sie kommandieren Ihre Frau herum. Sie beschimpfen Ihr Publikum. Sie brüllen Ihre Agentin an. Sie geben dem NDR-Intendanten eine Ohrfeige. Und genießen danach überall Respekt und Bewunderung. Vertrauen Sie Ihren innersten Instinkten!«
    Genau. Übrigens brauchte ich den Therapeuten gar nicht. Ich konnte auch so damit anfangen. Zum Beispiel, indem ich Max den Wohnungsschlüssel verweigerte. Ich putzte die Wohnung, okay. Wahrscheinlich zahlte er Lucy fünfhundert Euro, da sollte er seine perfekte Kulisse haben. Er war immerhin mein bester Freund. Und Theresa, seine Frau, hatte ich noch nie leiden können. Sie war Pharma-Anwältin in der fünftgrößten Kanzlei der Welt, sie war laut und ordinär, sie wollte keine Kinder und fand mich nicht witzig. Sie hatte ihn überhaupt nicht verdient. Deshalb überließ ich ihm die Wohnung. Aber nicht den Schlüssel. Wenn er danach fragte, würde ich ihm direkt in die Augen sehen und sagen: »Max! Glaubst du wirklich, ich will euch zugucken ?«
    »Was soll das denn werden?«, nuschelte Charlotte durch ihre leicht geöffneten Julia-Roberts-Lippen. Sie hatte sich in einer Art Schlaftaumel direkt aus dem Bett auf mich zubewegt und sich um meinen Hals gehängt, obwohl ich gerade die Küche wischte. Ihre Art von Anhänglichkeit. Vor Charlotte war ich zwei Jahre mit Milena zusammen gewesen, einer cellospielenden Psychologiestudentin mit ungarischer Mutter und einer Passion für Buddhismus und Kundalini-Yoga. Während Milena immer erst eine Stunde im Badezimmer verschwunden war, ehe ich sie morgens zu Gesicht bekam, liebte Charlotte es, direkt vom Schlafzustand in meine Arme zu gelangen und wie eine kleine Tochter gehalten zu werden, ehe sie in den Claudia-Roth-Modus umswitchte. Und wenn ich es nicht so eilig hatte wie jetzt, liebte ich das auch. Charlotte, weich, schwer

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