Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
Vom Netzwerk:
Thermometer in den Hintern rammte. Nein, ich war nicht die Siebziger-Jahre-Krankenschwester. Ich war der Zehner-Jahre-Superdaddy. Ohne ein Geräusch zu machen, setzte ich mich im Dunkeln auf die Bettkante und suchte Lasses Körper, der sich unter der Harry-Potter-Decke in der Ecke der Dachschräge verkrochen hatte. Ich fand seinen Kopf und strich über die dichten, blonden Haare, die er von Charlotte hatte, nur dass sie bei ihm ganz kurz geschnitten waren.
    »Lasse, aufstehen«, flüsterte ich. »Viertel vor sieben.«
    Das war für sein Unterbewusstsein der Appell, sich totzustellen. Er hustete einmal, sonst reagierte er nicht. Ein Muster, das sich gleich bei Linus wiederholen würde, nur ohne Husten. Wieso weckst du sie nicht um sieben?, fragte mich Charlotte immer. Dann würden sie auch sofort aufstehen! Vielleicht weil ich mir einbildete, diesen Moment der Ruhe zu genießen. Und weil ich sah, wie die Kinder ihn liebten, diesen Zustand ohne Bewusstsein: wie ein Tier in einem Stall, nur die Wärme der Daunendecke und die Stimme des Papas und die Gerüche der Nacht und die Dunkelheit.
    Ich rüttelte zwei Minuten an Lasse, dann an Linus, dann klopfte ich an Lunas Tür, die abgeschlossen war, ich klopfte so lange, bis eine Art Murren oder Seufzen erklang, dann setzte ich in der Küche den Grießbrei auf, deckte den Tisch, hörte in den Morgennachrichten, der Finanzminister hätte etwas als »alternativlos« bezeichnet, und hastete wieder nach oben. Lasses Körper lag noch in derselben Position wie vor zehn Minuten. Immerhin, Linus saß auf der Bettkante, bewegungslos. In Lunas Zimmer war es still. Nicht mal die Meerschweinchen purrten. Ich klopfte wieder.
    »Luna?«
    Stille.
    »Luna?«
    »Ja-a!«, gab sie zurück. Eine Abkürzung für: Bin längst wach, habe alles im Griff, deine ganzen Klopfaktionen sind derbste überflüssig und kompletter Bullshit.
    Ich knipste in Lasses Zimmer das Licht an. Er hustete gefährlich lange und verzog sich mit der Decke überm Kopf noch mehr in die Ecke unter der Schräge. Hoffentlich war er nicht krank. Das ging nicht. Heute hatte Max das Rollenspiel-Date in meinem Wohnzimmer. Da konnte Lasse nicht nebenan fiebrig im Bett liegen und husten. Manchmal half nur Charlottes Rezept: Ignorieren.
    »Lasse, es ist sieben«, sagte ich laut. »In einer halben Stunde musst du das Haus verlassen.«
    Keine Reaktion.
    »Lasse!« Ich wurde nervös. Um zehn kam Max. Ich hatte zwar nichts davon, ich würde Lucy nicht mal zu Gesicht bekommen, und Max’ merkwürdige Sexualpraktiken könnten mir völlig egal sein. Aber ich fühlte mich wie ein Gastgeber, der seinen Chef und dessen Frau zum Abendessen erwartet. Und sich von einem guten Eindruck eine Gehaltserhöhung erhofft. Gerade weil ich Lucy nicht sehen würde, wollte ich unbedingt einen guten Eindruck bei ihr hinterlassen. Ich ertrug den Gedanken nicht, die beiden könnten vor, während oder nach dem Sex über unsere Wohnung lästern. Ich musste vorher aufräumen, saugen, spülen, das ganze Programm. Vielleicht war Lucy ein Escort-Girl und hatte Hunderte solcher Wohnungen von innen gesehen, die Wohnung war ihr scheißegal, wahrscheinlich war sie sogar noch bekokst, und dennoch wollte ich Eindruck auf sie machen. Das war so eine Art Krankheit von mir. Wenn wir eine Putzfrau gehabt hätten, dann hätte ich am Tag, bevor sie kam, acht Stunden lang geschrubbt und aufgeräumt, damit sie nichts Schlechtes über mich dächte.
    Heute musste alles nach Plan laufen. Stattdessen lief gar nichts. Linus saß immer noch wie betäubt im Star-Wars-Pyjama auf seiner Bettkante, Luna war in ihrem verbarrikadierten Zimmer vermutlich gerade wieder eingeschlafen, und Lasse lag wie ein Sandsack in seinem Bett und hustete und würde wieder und wie jeden Tag zu spät aus dem Haus kommen und Joshua verpassen, der so gerne mit ihm zusammen gegangen wäre. Und Joshua durfte auch nicht klingeln, denn das hätte Charlotte wecken können. Charlotte und ich hatten nämlich eine ganz klare Arbeitsteilung: Ich machte morgens die Kinder. Und sie schlief aus.
    Sie fand das gerecht. Weil sie die Kinder abends ins Bett brachte. Das hatte aber eher den Charakter eines Ferienlagers. Ab 19:25 lag sie mit Lasse und Linus auf dem ausgezogenen gelben Schlafsofa, sie aßen Chips und Salzstangen und guckten Wissen macht Ah! , während Charlotte ihnen den Nacken kraulte und ununterbrochen Kommentare abgab.
    »Guckt euch das an«, sagte sie zu Ralf und Shari, dem Moderatorenpaar. »Das soll jetzt

Weitere Kostenlose Bücher