Superhirn Sammelband
und behauptete, dem jüngeren Bruder sei nicht wohl, man erwarte einen Arzt, und Micha brauche bis dahin Ruhe. Dann verbargen sie ihn in einem abgelegenen Schuppen. Aber alle Versuche, ihm ein Cape oder eine Decke umzuhängen, mißlangen: Was dem »Fluidum« des Körpers mehr oder weniger lange ausgesetzt war, wurde von der Unsichtbarkeit, der Transparenz, »durchtränkt«. Zuletzt blieb immer eines übrig: Michas Kopf!
Superhirn erfüllte grimmige Entschlossenheit. Wieder und wieder murmelte er: »Denen werd ich das Handwerk legen!« Und Tati und die jungen wurden von ihm vertröstet:
»Kommissar Rose ist schon unterwegs! Aber nicht nur er allein!« Dann setzte er sich zu Michas Kopf und befragte ihn genau über die Stimmen der unsichtbaren Reiter: »Denn diese beiden Leute sind ein Forscher und eine Forscherin des Instituts – sie sind die Schlüsselfiguren!« Das war seine unverrückbare Ansicht.
Gegen Abend, noch vor Anbruch der Dunkelheit, bog eine Kolonne imponierender Autos in Bergers Reiterhof ein. Sie brachte nicht nur Kommissar Rose und zwei Assistenten, sondern auch gleich eine ganze Gruppe von Ministern!
»Was wollen denn die?« wunderte sich Gérard.
Kommissar Rose nahm Superhirns Bericht entgegen, ohne mit der Wimper zu zucken. Der Forschungsminister, der Minister für Umweltschutz, der Verteidigungsminister, der Innenminister und der neue Minister für die Angelegenheiten des Meeres hörten aufmerksam zu. Sie besichtigten Michas Kopf, betasteten seine Glieder und tauschten entsetzte Blicke. Der Forschungs-und der Verteidigungsminister waren sich einig: »Niemals haben wir Brossac einen Auftrag gegeben, Astralstrahlen oder Ähnliches zu entwickeln!«
Im Schutz der Gruppe wurde Micha zu den Autos geleitet. Superhirn und die anderen wurden auf die verschiedenen Wagen verteilt – und dann ging es los zum Wissenschaftlichen Institut. Superhirn saß neben Kommissar Rose und beantwortete dessen Fragen … Ein so gewichtiger wie gemischter Besuch war Professor Romilly, dem Institutsleiter, noch nie vorgekommen. Er mußte den Konferenzraum öffnen lassen – und dort standen sie nun alle: die Minister, die Kripo-Beamten, die Jugendlichen mit dem Pudel. Allein Micha war nur mit dem Kopf »vertreten«.
»Sie wollten sich in der vorletzten Nacht erschießen!« überrumpelte Rose den Professor.
»Warum? Weil ihre Strahlenversuche Sie reuten? Antwort!«
»Es – es war nur so eine Bemerkung…« Zum erstenmal hörten die Freunde den Professor stammeln. »Ich – ich konnte die Sache noch nicht übersehen. Meine Mitarbeiter waren mit den Experimenten gewissermaßen vorgeprescht …«
»Darf ich Sie bitten«, sagte Superhirn höflich, »Ihren Vizechef, Professor Flohr, und die Gastprofessorin aus Schweden, Frau Hammerstroem, rufen zu lassen?«
»Ja, das waren die unsichtbaren Reiter!« schrie Micha, oder vielmehr sein Kopf. »Ich hab's lange nicht begriffen. Erst, als Superhirn mich heute fragte, ob die Dame auf dem Rappen eine schwedische Aussprache hatte, wurde mir's klar!«
»Das waren die Schuldigen!« behauptete Superhirn. »Sie sind die Opfer ihres eigenen Versuchs geworden, und danach versteckten sie sich im Schloß von Rodincourt. Aber wir wissen, Herr Professor Flohr ist ein selbstbewußter, manchmal rücksichtsloser Mann: Deshalb besaß er die Kühnheit, mit seiner ebenfalls unsichtbaren Kollegin auszureiten! Er lächelte und fügte hinzu:
»Ich wette, die Herrschaften werden nicht kommen!«
Doch Professor Romilly gab eine telefonische Anweisung – und nach einer Weile öffnete sich die Tür. Es traten ein: Der Vizechef, Professor Franc Flohr, und die junge schwedische Gastprofessorin Inga Hammerstroem! Von Kopf bis Fuß plastisch sichtbar, wie jeder im Raum, außer Micha. Kommissar Rose wandte sich stirnrunzelnd an Superhirn:
»Du warst doch deiner Sache sehr sicher, dachte ich!?«
Superhirn hatte nur einen Moment gestutzt. Nun sagte er unbefangen zu Frau Hammerstroem:
»Wollen Sie leugnen, gestern noch unsichtbar durch den Wald am Vogelteich geritten zu sein?
Und streiten Sie ab, den ebenso unsichtbaren Vizechef mit seinem Schimmel begleitet zu haben?«
»Es ist …« begann die Schwedin ängstlich. »Es war … Nun, wir wußten genau, die Unsichtbarkeit hält nicht an. Wir hatten bereits Tierversuche gemacht … Deshalb waren wir sorglos. Und, wie du siehst, wie ihr seht, wie Sie sehen …«
»Sorglos!« rief der Forschungsminister schneidend. Er wandte sich an Professor Flohr.
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